Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
Vom Netzwerk:
schließen.
    Er machte sich an dem kleinen Tisch zu schaffen, auf dem allerlei Fläschchen und ein paar komische Metallgerätschaften standen. Er schob alles auf eine Seite.
    Lucy blieb, wo sie war, und verlagerte ihr Gewicht auf ihre Fußballen, um davonzulaufen, wenn es sein musste. Ihre Hand glitt zu ihrem Messer. Sie wusste nicht, was sie von der Sache halten sollte, und versuchte, in Leos Miene zu lesen. Er machte nicht den Anschein, als wenn er sie angreifen wollte, aber Lucys Nerven lagen blank.
    Was hatte er mit ihr vor? Wollte er sie foltern? Oder töten? Dazu kam der noch viel nagendere Gedanke: Warum hatte sie Aidan je ihr Vertrauen geschenkt?
    Jetzt wandte Leo Lucy seinen breiten Rücken zu und wühlte in dem Kleiderstapel herum. Er war eine optimale Zielscheibe! Lucy zückte ihr Messer. Wenn es ihr gelang, ihm die Klinge an den Hals zu setzen, könnte sie ihn zwingen, sie gehen zu lassen.
    Aber seine Worte lenkten sie ab. »Henry ist leider nicht hier. Aber ich habe genug von ihm gelernt, um dir nicht allzu viele Unannehmlichkeiten zu bereiten. Mal schauen – wird schon hinhauen. Größe Medium müsste passen, würde ich sagen.«
    Henry? Größe Medium?
    Im selben Moment drehte er sich herum, so geschmeidig wie der Puma, den Lucy am See gesehen hatte, und warf ihretwas zu. Durch den Reflex, das weiche Bündel zu fangen, ließ sie beinahe ihr Messer fallen.
    Als Leo die Klinge bemerkte, riss er die Augen auf, aber dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Es ist anders, als du glaubst.«
    Lucy hielt zwei Kleidungsstücke in den Händen: eine weite Hose mit Tunnelbandzug und ein ausgeleiertes T-Shirt mit langen Ärmeln. Beides war abgetragen und das Schwarz zu Grau verwaschen.
    »Für dich, zum Wechseln. Nachher.« Er deutete mit dem Kopf auf die Stoffbahnen hinter Lucy. »Da drinnen befindet sich eine provisorische Dusche. Das Wasser ist allerdings leider kalt. Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber ich habe das Gefühl, es könnte eine Weile her sein ...« Lucys Wangen loderten auf. Leo deutete auf eine Kiste, aus der weitere Kleidungsstücke auf den Boden quollen. »Unterwäsche und so ist da drinnen.« Und jetzt hätte Lucy schwören können, dass er derjenige war, der errötete. Aber das Licht war ziemlich schlecht. »Alles etwas abgetragen, aber sauber.«
    Er kam einen Schritt näher und hob die Hände, um zu zeigen, dass er sie nicht bedrohen wollte.
    Lucy wich nicht vom Fleck. »Was wollen Sie?«
    »Könntest du bitte dein Messer ablegen, Lucy?« Er blieb stehen, sprach mit leiser Stimme. Lucy fühlte Tränen an ihren Lidern brennen. Er klang wie ihr Vater, seine Stimme hatte denselben sanften Unterton.
    Aber sie bekam ihre Rührung in den Griff und hielt ihr Messer gezückt.
    Er nahm ein kleines Metallinstrument vom Tisch und schaltete es ein. Ein kleiner Lichtpunkt leuchtete auf. Lucy erkannte es wieder. Mit so einem Instrument hatte der Arzt Bob untersucht, als er sich vier Orangenkerne in die Nase gesteckt hatte.
    Mit langsamen Bewegungen, als wenn sie ein Kind wäre, zeigte Leo Lucy das Gerät. Der Lichtpunkt flimmerte überall umher.
    »Bitte vertrau mir, Lucy. Nur für kurze Zeit.«
    Sie dachte darüber nach, ob sie eine Wahl hatte. Welche Überraschung – sie hatte keine. Wie so oft in letzter Zeit!
    Sie runzelte die Stirn und nickte.
    »Ich vertraue dir auch«, fuhr Leo fort, die Augen wie eine Waffe auf sie gerichtet. »Ich muss nur kurz in deinen Mund und in deine Ohren sehen. Und untersuchen, ob deine Drüsen geschwollen sind oder deine Fingernägel schwarz verfärbt.«
    Die schlimmsten Fälle der Epidemie hatten mit Blutungen unter der Haut begonnen, mit schwarzen Flecken, die sich wie Rohöl auf Wasser ausbreiteten, und mit hohem Fieber, das das Blut zum Kochen brachte. Während der ersten Monate war Lucy geradezu davon besessen gewesen, jeden blauen Fleck und jede Beule an ihrem Körper auf das Genaueste zu untersuchen. Aber sie war nun mal ein Tollpatsch, und ihre Arme und Beine waren ständig mit Kratzern und Prellungen übersät.
    Leo leuchtete in ihre Augen und grunzte. »Deine Augen sind klar.«
    »Haben Sie vielleicht Angst, dass ich Sie anstecken könnte?«, fragte Lucy spöttisch.
    »Ehrlich gesagt, macht mir dein Messer im Moment mehr Sorgen.« Er trat einen Schritt zur Seite, um in Lucys Ohren sehen zu können. Sie hoffte insgeheim, dass sie halbwegs sauber waren.
    Dann besah er sich ihre Fingernägel und befühlte die Nagelbetten. Anschließend drehte

Weitere Kostenlose Bücher