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ePub: Ashes, Ashes

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Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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verstehst.«
    Ein Schauder kroch Lucys Rückgrat entlang.
    »Die S’ans verdienen Mitleid – und keinen Hass«, fuhr Grammalie Rose fort. »Sie haben die Krankheit überlebt, aber sie haben Schaden davongetragen. Ihre Haut, ihre Körper sind entstellt. Hasst du ihn, weil er nicht so schön ist wie du?«
    »Nein, ich ... ich ...« Unglaublicherweise überkam Lucy neben ihrer Angst eine Woge der Scham. Der S’an stand vielleicht einen Meter von ihr entfernt und Grammalie Rose trug dieses Tribunal vor seinen Augen aus. »Nein«, sagte sie noch einmal. Sie fühlte sich wie vor der ganzen Klasse getadelt und abgekanzelt, weil sie bei der Klassenarbeit geschummelt hatte. Sie wusste, dass alle, die unter der Plane versammelt waren, sie anstarrten.
    »Weißt du, wie sie zu ihrem Namen gekommen sind?«, forschte Grammalie Rose weiter und lockerte ihren Griff ein wenig. Lucys Fingerspitzen kribbelten, weil nun das Blut in sie zurückfloss. Sie versuchte, sich an die Nachrichtensendungen zu erinnern.
    »Sie sind Flüchtlinge aus den Sanatorien, die mit der zweiten Woge der Epidemie verrückt geworden sind, richtig? Nachdem die Krankheit mutiert war, begannen die Leuteden Verstand zu verlieren, ihre Beine fielen ab, und sie versuchten, an neue Gehirne heranzukommen, indem sie ...« Lucy verstummte. Jetzt, wo sie es laut aussprach, klang es ziemlich dumm.
    Grammalie Rose schnaubte. »So etwas wie Zombies, ja? Früher fand ich diese alten Filme ganz amüsant.« Sie ließ Lucys Arm los und nickte dem S’an zu, der sich nicht vom Fleck gerührt hatte und noch immer mit beiden Armen die schwappende Schüssel hielt. Jetzt erst schlurfte er davon, eine Spur aus Tropfen hinter sich lassend. Aber kurz bevor er ging, zwinkerte er Lucy noch zu.
    Mit offenem Mund starrte Lucy ihm nach – ehe sie die Lippen mit einem schnappenden Geräusch wieder schloss.
    »Das ist nichts weiter als ein Gerücht aus der Stadt und nur aus Angst entstanden; weil sie infiziert waren und unerklärlicherweise überlebt hatten, mit geschwärzter, entstellter Haut und blutunterlaufenen Augen. Sie sind nicht verrückt!«
    »Aber tragen sie denn nicht immer noch den Erreger in sich?«, fragte Lucy. Ihre Hand tastete zu ihrem Messer. Mit dem Daumen strich sie über den Griff und versuchte, ihr Zittern unter Kontrolle zu bringen.
    »Nein.«
    Das war ein völliger Widerspruch zu allem, was Lucy je gehört hatte.
    Sie kratzte ihr Wissen zusammen. »Aber die Symptome bedeuten doch, dass die Krankheit noch nicht abgeklungen ist. Seine Augen sind rot. Er hat immer noch Blutungen unter der Haut und er trägt Handschuhe.«
    »Nein. Die S’ans sind nicht kränker als wir. Nur ihr Immunsystem ist geschwächt. Die Handschuhe und der Umhang schützen seine angegriffene Haut vor Sonneneinstrahlung. Und die Maske trägt er aus Rücksicht auf uns .« Grammalie Rose sprach mit großem Nachdruck. Ihre schwarzen Augen loderten vor Zorn. Lucy wich zurück und stolperte über eine Rote Bete. Sie bückte sich, um sie aufzuheben. Dabei bemerkte sie die umgestoßene Schale und die anderen Gemüse und ging in die Knie, um sie aufzusammeln.
    Es kam ihr völlig ungeheuerlich vor – aber wenn die S’ans schon die ganze Zeit bei den Siedlern hier lebten und noch niemanden angesteckt hatten, dann mussten sie wohl wirklich gesund sein. Leo hatte betont, wie vorsichtig sie alle sein mussten, aber irgendwie hatten Sammy und die anderen die Untersuchung offenbar bestanden. Lucy stand wieder auf. Sie musste die vielen neuen Eindrücke erst einmal verarbeiten.
    Grammalie Rose bückte sich ächzend und hob eine Knoblauchknolle auf, die ihr vor die Füße gerollt war. Sie reichte sie Lucy, die sie zu den anderen in die Schüssel legte.
    »Du siehst aus, als könntest du gut mit Messern umgehen, Wilczek. Kannst du auch Kaninchen zerlegen? In kleine Stücke, für den Eintopf.« Grammalie Rose sprach jetzt ganz ruhig, als sei überhaupt nichts vorgefallen.
    »Äh ...« Lucy wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Gut. Dann helfe ich denen da drüben, ihren Berg Kartoffeln zu schälen. Sonst bekommen wir heute überhaupt nichts mehr zu essen.« Sie nickte Lucy grimmig zu und ging langsam zum gegenüberliegenden Ende des Tischs, wo Henryund die anderen beisammenstanden. Sie sahen Lucy noch ein paar Augenblicke an, dann kehrten sie an ihre Arbeit zurück und das Summen der Gespräche begann von Neuem.
    Mit der Rückseite ihrer blutverschmierten Hand kratzte Lucy sich an der Nase. Drei Kaninchen hatte

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