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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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anders?
    »Alles in Ordnung?«, fragte Henry.
    »Ja ... ich habe nur zu schnell gegessen.«
    »Okay. Gib Bescheid, wenn du fertig bist«, meinte Henry und deutete auf Lucys Schneidebrett. Dann schlenderte er davon.

9. KAPITEL

    Sobald Henry zu seinen Kartoffeln zurückgekehrt war, zwang Lucy ihre Hände, sich wieder mit den Kaninchen zu beschäftigen. Ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren. Wenn es stimmte, was Henry gesagt hatte, dürfte sie gar nicht mehr am Leben sein. Es sei denn, sie wäre doch geimpft worden, als sie klein war, und Madie hatte sich getäuscht oder gelogen. Aber eigentlich gehörte ihre Schwester nicht zu denen, die andere hinters Licht führten – das hätte eher zu Rob gepasst; vielleicht hatte Madie einfach nicht alles ganz richtig verstanden.
    Oder ob Lucy die Impfung nur vergessen hatte? Ihr erster Sturz durch die Glastür war komplett aus ihrer Erinnerung verschwunden. Vielleicht besaß sie die Fähigkeit, unangenehme Momente einfach zu verdrängen?
    Lucy tastete mit den Fingern an ihrem Oberarm nach den Narben einer Pockenschutzimpfung. Sie hätte einen Spiegel gebraucht, irgendetwas, worin sie sich ansehen konnte, um jeden Zentimeter ihrer Haut zu untersuchen. Ob es hier Bäder gab? Latrinen oder so etwas, irgendwo auf den Feldern? Irgendjemand hier musste doch einen Spiegel besitzen. Henry vielleicht? Er sah jedenfalls ganz so aus, als würde erdurchaus einige Zeit auf das richtige Styling seiner Haare verwenden.
    Gleichzeitig dämmerte es Lucy, dass es ihr sicher aufgefallen wäre, wenn sie irgendwo eine Impfnarbe hätte. Ihr Magen zog sich zusammen. Sie hatte tatsächlich zu schnell und zu viel gegessen. Sie trank einen Schluck Wasser und versuchte nachzudenken. Ob sie besser davonlief und sich in die Wildnis zurückzog? Andererseits ... die Sweeper ... Nachdem Lucy sie nun in Aktion erlebt hatte, hatte sie wirklich Angst vor ihnen. Offenbar konnte es niemand mit ihnen aufnehmen, und wenn Lucy auf sich allein gestellt war, wäre sie ihnen völlig ausgeliefert. Außerdem hatten sie die Hundemeute, mit der sie Jagd machten – Jagd auf Menschen.
    Wenn nur jemand da gewesen wäre, mit dem sie hätte reden können! Vielleicht war sie ja krank, ohne Symptome zu zeigen. Sie konnte eine Überträgerin sein, wie Typhoid Mary, die Anfang des 20. Jahrhunderts in New York gelebt hatte. Die hatte selbst keinerlei Symptome gehabt, aber viele Leute mit Typhus infiziert, weil sie für sie gekocht hatte. Lucy sah auf die Kaninchenteile, die auf dem Holzbrett schimmerten, und auf den kleinen Berg Stummelschwänzchen. Wieder zog sich ihr Magen zusammen. Falls sie tatsächlich krank war, würde das Kochen die Keime doch abtöten, nicht wahr? Lucy stellte sich vor, wie es in ihrem Körper vor Viren nur so wimmelte. Sie griff nach der Tischkante und klammerte sich daran fest, bis sich in ihrem Bauch alles wieder gesetzt hatte. Vielleicht konnte sie ja mit Aidan darüber reden. Oder war es besser, gar nichts zu sagen?
    Als hätte der Gedanke ihn beschworen, tauchte Aidan plötzlich hinter Lucy auf und schwang sich auf die Tischkante. »Hallo«, sagte er leichthin. »Ich habe dich gesucht.«
    Lucy setzte alles daran, ihre Panik zu beherrschen. Ohne aufzusehen, gab sie einen unverbindlichen Laut von sich, zog eine Schüssel Wasser zu sich heran und wusch und kratzte sich unter Zuhilfenahme ihrer Nägel das Blut von den Händen. Dabei beruhigte sich ihr Herzschlag allmählich wieder. Ohne die Augenlider zu heben, spähte sie zu Aidan herüber.
    Sein Sweatshirt war nass geschwitzt. An den Knien seiner Jeans klebte Matsch und in seinem Haar hingen ein paar trockene Blätter. Lucy betrachtete seine Hände. Ihr fiel auf, wie kräftig sie waren. Ihr Herz begann wieder zu rasen und lenkte sie von ihren trüben Gedanken ab. Aidan riss ein Stück Brot ab, tunkte es in das Öl und schob es sich in den Mund. Er betrachtete das zerlegte Kaninchenfleisch. »Katze?«, fragte er skeptisch. Lucy warf ihm einen Kaninchenschwanz zu. »Oh, gut!«, rief Aidan erleichtert und warf den Schwanz zurück.
    »Wo warst du?«, fragte Lucy mit einem Blick auf seine schmutzigen Fingernägel.
    »Unterwegs«, antwortete er.
    Lucy merkte, dass sie sauer wurde. Was sich gut anfühlte. Es vertrieb den letzten Rest Angst und ließ sie Aidans Blick ohne rot zu werden standhalten. »Mit Del?«, fragte sie, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte. Aidan sah sie an, dann sprang er vom Tisch, ohne ihre Frage zu beantworten. Hatte er den

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