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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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sie schon ausgenommen und zerlegt. Das Küchenmesser, mit dem sie arbeitete, war sehr scharf, die Klinge bestens geschliffen. Der S’an – Sammy – war nicht zurückgekehrt, aber die Aussicht, ihm erneut zu begegnen, machte Lucy nervös. Im Stillen fragte sie sich auch, wo Aidan steckte. Hier im Lager war er der Einzige, den sie halbwegs kannte – und ausgerechnet er war verschwunden. Lucy teilte das glänzende rote Fleisch in kleine Stücke und zog das nächste Kaninchen zu sich heran. Mit einem kleinen Beil hackte sie den Stummelschwanz ab. Die Klinge durchschlug den Knochen und fuhr ins Schneidebrett. Lucy zog und zerrte, um sie wieder herauszuziehen.
    »Vorsicht!« Henry machte einen Satz zurück. Seine Augen riss er in gespieltem Schrecken weit auf. »Könntest du das Messer wohl mal für einen Augenblick beiseitelegen?«
    Lucy brauchte einen kurzen Moment, bis sie den spöttischen Unterton in seiner Stimme bemerkte. Zögernd grinste sie zurück. Das Brett vor ihr war mit tiefen Schnitten übersät. Sie hatte gar nicht bemerkt, mit wie viel Druck sie ihre Arbeit ausgeführt hatte.
    Henry lehnte am Tisch. Seine Nase und seine Wangen waren mit Sommersprossen gesprenkelt und seine Augen waren dunkelbraun und rund wie bei einem kleinen Kind. Sein hochgekämmtes Haar erinnerte an eine Zeichentrickfigur.Er hatte einen Teller in der Hand, auf dem sich ein Laib Brot und eine kleine Schale mit grünlich schimmerndem Öl befanden.
    Lucys Magen knurrte vernehmlich, aber sie war so hungrig, dass es ihr kein bisschen peinlich war.
    Henry schob ihr den Teller hin. »Ich dachte, du hast vielleicht Hunger. Es ist vor einer Viertelstunde aus dem Ofen gekommen.«
    Hastig wischte Lucy mit ihren schmutzigen Händen über ihre Jeans, dann schnitt sie eine Scheibe Brot ab und schob sie sich in den Mund. Es war noch warm. Henry sah ihr amüsiert zu. »Wenn du möchtest, kannst du es ins Öl tauchen. Wir müssen unser Brot mit Wasser zubereiten, Milch haben wir nicht. Dadurch wird es etwas trocken ... und lässt sich schlecht schlucken.«
    Lucy hörte einen Moment auf zu kauen. »Mir schmeckt es ausgezeichnet.« Trotzdem nahm sie seinen Rat an und tauchte den nächsten Bissen in das Öl. Es schmeckte fruchtig und rund, einfach absolut köstlich! Vom anderen Ende der Plane wogte der Duft von in Öl dünstenden Zwiebeln, Knoblauch und Karotten herüber und ließ Lucy das Wasser im Mund zusammenlaufen. Bis zu diesem Moment war ihr gar nicht aufgefallen, wie sehr sie etwas Gebratenes vermisst hatte. Der Gedanke an Pommes frites ließ sie ganz schwindelig werden.
    Henry deutete auf die gegenüberliegende Seite des Platzes, wo sich die Überreste eines Gebäudes befanden. Aus ausgefransten Leinwandstreifen hatte jemand an den übrig gebliebenen Eckpfosten ein provisorisches Dach befestigt. »Das warmal ein italienischer Feinkostladen«, erklärte Henry. »Oben im Geschäft ist nichts stehen geblieben. Aber der Keller war randvoll mit Wein und Öl. Der Wein ist jetzt leider ausgegangen«, schloss er. Er schenkte Lucy einen schiefen Blick. »Aber wir haben noch genug Öl, um einen ganzen Berg Kartoffeln zu frittieren.« Er grub in seiner Gesäßtasche und brachte einen Bleistiftstummel und ein ausgefranstes Notizbuch zum Vorschein. »Kann ich dir ein paar Fragen stellen?«
    »Klar, warum nicht?«, antwortete Lucy und strich sich ein paar Brotkrumen von ihrem Shirt.
    »Wir führen hier eine Art Einwohnerliste – ganz formlos. Weil so viele Leute kommen und gehen«, erklärte Henry. »Wie heißt du?«
    »Lucy Holloway.«
    »Alter?«
    »Sechzehn. Siebzehn in ...« Sie merkte, dass sie sich nicht ganz sicher war, wann ihr nächster Geburtstag war. »In ein paar Monaten.«
    Henry nickte. »Schön, noch einen etwas erwachseneren Menschen hier zu haben. Die meisten sind kleine Kinder und WAs.«
    Henry bemerkte ihren fragenden Blick. Mit gesenkter Stimme sagte er: »Wackelige Alte. Aber lass das nicht Grammalie Rose hören!«
    »Was bedeutet das, was sie vorhin zu dir gesagt hat? Małpa ?«
    »Das ist polnisch und heißt Affe. Sie kommt sich ziemlich originell vor.«
    Er schrieb Lucys Antworten auf, dann las er sie noch einmal kurz durch. Seine Augen weiteten sich zufrieden. »Ich würde sagen, du bist okay. Sehr okay sogar.« Er schrieb noch etwas hinter ihren Namen.
    Lucy wurde rot. Es war offenkundig, dass er mit ihr flirtete. Er war, na ja, einundzwanzig – mindestens? Ihre Hand wanderte zu ihrem wüsten Haarschopf. Jungs waren schon

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