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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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ist wieder ein neuer Tag.«
    Henry verzog das Gesicht und sprang einen Satz zurück, um einem Knuff auszuweichen.
    »Immer schön eins nach dem anderen«, sagte die alte Frau jetzt lauter. »Du nimmst die Zwiebeln und die Karotten, Małpa .«
    Unter der Last von zwei Eimern gebeugt, wankte Henry davon und Grammalie Rose führte Lucy zu einer großen Schüssel mit lauwarmem Wasser. Daneben lag ein unförmiger Klumpen grauweißer Seife. »Hier kannst du dich waschen, Wilczek«, sagte die alte Frau und ließ sich auf eine Bank sinken. Obwohl sie die Augen geschlossen hatte, als ruhte sie sich aus, spürte Lucy ihren Blick auf ihrem Rücken.
    Lucy rollte ihre Ärmel bis über die Ellbogen hinauf und begann ihre Hände mit der Seife abzuschrubben. Die Seife roch stark nach industriellen Lösungsmitteln und nach Fett. Lucys Finger brannten, als würden sie in Ätzlösung getaucht, und auch die Wunde in ihrer Handfläche begann unter dem Verband zu schmerzen. Sie nutzte die Gelegenheit, ihre Arme und ihren Hals mitzuwaschen, und auch wenn sie jetzt nach Terpentin roch, fühlte sie sich doch ein bisschen sauberer.
    Auf dem Tisch lagen sechs tote, gehäutete Tiere, die noch ausgenommen werden mussten, und Lucy ahnte schon, was als Nächstes auf sie zukam. Wer immer es war, der die Tiere abgezogen hatte, hatte die kleinen weißen Stummelschwänze drangelassen. »Damit wir wissen, dass es keine Katzen sind«, erklärte Grammalie Rose und strich über einen der wattebauschartigen Stummel.
    »Gibt es denn oft Katze?«, fragte Lucy. Fleisch war Fleisch, aber Katzen waren eben selbst Jäger und schmeckten in der Regel nicht besonders. Wie die meisten Fleischfresser. Einmal hatte Lucy in einer Falle ein Wiesel gestellt und zubereitet. Das Fleisch war faserig und zäh gewesen und hatte äußerst streng geschmeckt.
    »Oft nicht. Aber wenn uns die Jäger Katzen bringen, dann entfernen sie das Fell und die Schwänze – damit wir so tun können, als sei es etwas anderes.«
    Lucy hob den Blick von den bemitleidenswerten kleinen Kreaturen, und im selben Moment wurde ihre Aufmerksamkeit von einer Gestalt in Kapuze und Umhang gefesselt, die sich dem Tisch näherte und vorsichtig die Schüssel nahm, in der sich Lucy die Hände gewaschen hatte. Das Wasser war vor Dreck und Insektenpartikeln, die darin herumschwammen, geradezu schwarz. Die Hände des Kapuzenträgers steckten in Handschuhen.
    »Danke, Sammy«, sagte Grammalie Rose. »Kannst du uns bitte etwas frisches Wasser bringen?«
    Der Mann nickte. Seine Kapuze rutschte ein wenig zurück und Lucy stockte fast der Atem. Das Gesicht war komplettunter einer Maske versteckt, deren ebenmäßige Züge wunderschön bemalt waren, nämlich strahlend weiß mit goldenen Linien und Schnörkeln rund um die ausgesparten Augenlöcher. Dahinter loderte rot der Blick des Maskenträgers. Die gebogenen, halb offenen Lippen waren ebenfalls golden bemalt. Die Haut des Halses aber, dort, wo die Maske endete und der Umhang ein wenig abstand, war schwarz und aufgeplatzt, wie von einem schrecklichen Feuer verbrannt.
    Lucy wich einen Schritt zurück. Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust, und sie bekam nicht mit, dass sie mit dem Arm eine Schüssel umstieß, sodass Knoblauch und Rote Bete über den Boden rollten. Dieser Mann war ein S’an! Er war infiziert! Eine wandelnde Zeitbombe!
    Auch wenn sie es gar nicht bemerkt hatte, sie musste wohl laut aufgeschrien haben. Grammalie Rose packte sie fest am Oberarm. Lucy wandte sich um und hob die Fäuste, um sich zu wehren. Aber die alte Frau schlug sie herab. Lucy wollte etwas sagen, brachte aber keinen Laut über ihre Lippen. Ihr Hirn raste. Die anderen seltsamen Gestalten auf dem Feld waren also auch S’ans gewesen! Lucy verstand nicht, wie das möglich war! Nach allem, was sie gehört hatte, waren es doch genau diese Leute, über die sich die Krankheit ausbreitete – genau wie durch die Vögel in der Stadt. Man musste ihnen aus dem Weg gehen – stattdessen waren sie hier, arbeiteten mit anderen zusammen und mischten sich unter Menschen, als wären sie vollkommen gesund.
    Der Griff an ihrem Oberarm wurde zunehmend schmerzhaft. Lucys Blick irrte von dem S’an zu Grammalie Rose.
    »Wenn es sein muss, wisch ich dir eine«, drohte die Alte wütend. »Willst du vielleicht noch in Ohnmacht fallen?«
    Lucy schüttelte den Kopf. Ihre Knie waren weich, aber ihr Kopf war klar.
    »Weißt du, was: Du hasst, weil du Angst hast. Und du fürchtest dich, weil du nicht

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