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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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aus. Sie wusste, dass ihr Haar ein einziges Lockenknäuel war, aber es gelang ihr einfach nicht, etwas dagegen zu unternehmen.Sie hatte das eigenartige Gefühl, gar nicht in ihrem eigenen Körper zu leben. Neben Lucy saß Aidan. Er zerbröselte ein Stück Brot.
    Vor einer halben Stunde war Leo gestorben. Zunächst hatte er immer mühsamer geatmet, dann hatten sich die Adern an seinem kräftigen Hals wie Elektrokabel abgezeichnet. Und er hatte keine Decken und keine feuchten Tücher mehr auf der Haut ertragen können. Grammalie Rose und Henry hatten leise miteinander gesprochen und ihm dann ein Glas trübes Wasser gereicht. Leo hatte Henrys Handgelenk gefasst und das Glas an seine Lippen geführt. Dieses Mal hatte sich der starke Mann nicht gewehrt, dennoch floss ein beträchtlicher Teil der Flüssigkeit an seinem Mund vorbei und tropfte auf seine Brust. Leo hatte Henrys Hand festgehalten, bis er das Wasser ausgetrunken hatte. Danach hatte er seine Hand kurz auf Henrys Schulter gelegt, bevor er sie matt wieder fallen ließ.
    Lucy war davon ausgegangen, dass es sich bei der Flüssigkeit um Wasser gehandelt hatte. Aber nur einen Augenblick später war Leo auf das Kissen gesunken, das Del ihm aus ihrem Sweatshirt gemacht hatte, und hatte die Augen geschlossen. Sein schmerzverzerrtes Gesicht und die Runzeln um seine blutunterlaufenen Augen hatten sich geglättet, und erst als Lucy merkte, dass sie selbst den Atem anhielt und auf Leos nächsten Atemzug wartete, der aber nicht kommen wollte, verstand sie, was geschehen war.
    Jetzt fühlte sie sich wie vor den Kopf gestoßen. Ihr Hirn war einfach nicht in der Lage, all das, was in den letztenStunden passiert war, zu verarbeiten. Die einfachsten Dinge wie essen und reden waren ihr kaum möglich. Sie konnte nur dasitzen und auf das kalte Essen auf ihrem Teller starren. Das Einzige, was ihr echt und lebendig vorkam, war Aidans Hand, die ihre hielt, und die Wärme, die von seinem Körper ausging. Del hatte kurz einen Blick auf ihre verschlungenen Finger geworfen und irgendetwas hatte sich in ihrem Gesicht verändert. Es wurde aber so schnell wieder von einer ausdruckslosen Miene abgelöst, dass Lucy überzeugt war, sie hätte es sich nur eingebildet.
    Del zitterte. Sie hatte eine Gänsehaut auf ihren nackten Armen. Der Wind war aufgefrischt und Lucy, Aidan und Del saßen an einem etwas abseits gelegenen Tisch und hielten sich von den Leuten am Feuer fern. Ohne sich darüber abgesprochen zu haben, waren sie sich in diesem Punkt einig gewesen. Keiner von ihnen hatte innerhalb der letzten Stunde mehr als zwei Worte gesagt. Trotzdem hatten sie sich alle drei auf diesen Platz verständigt.
    Sammy hatte ihnen das Essen gebracht. Seine weiße Maske baumelte an einer Schnur lose um seinen Hals, sodass sein Gesicht nicht bedeckt war – zum ersten Mal, seit Lucy ihn kannte. Er hatte eine große Schüssel mit Bohnen und Reis aufgetragen, dazu Brot und Wasser. Dann hatte er Del umarmt. Überraschenderweise war sie seiner Berührung nicht ausgewichen, stattdessen hatte sie sich an ihn geschmiegt und den Kopf an seine Schulter gelehnt. Ein paar Schluchzer waren ihren Lippen entwichen, und Sammy hatte sie gestreichelt, einige unverständliche, leise Worte gemurmelt undsie wieder losgelassen. Anschließend, nach einem besorgten Blick zu Aidan und einem Kopfnicken für Lucy, war er wieder im Getümmel der Menschen am Feuer verschwunden.
    Lucy zog ihr Kapuzenshirt aus, schob es über den Tisch und wickelte sich in ihre Jacke. Del sah kurz auf, zog das Shirt ohne ein Wort über und begann wieder an ihren ausgefransten Fingernägeln zu kauen.
    Lucy ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Offenbar hatten sich alle Bewohner der Siedlung zusammengefunden, die Jungen wie die Alten. Henry saß sehr nah bei Beth. Sie trug eine türkisblaue Maske, die im Licht des Feuers schimmerte, und anstelle ihres üblichen schwarzen Umhangs hatte sie einen hellen Pullover an und Jeans. Sammy saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einer Bank. Die Kinder hockten in Decken gewickelt in einem Kreis vor ihm auf dem Boden, außerhalb der Reichweite des Funkenflugs, und Lucy vermutete, dass Sammy ihnen wohl eine Geschichte erzählte. Jedenfalls beschrieb er große Gesten mit den Armen, deren Schatten sich hinter seinem Rücken an den Zeltwänden abzeichneten. Das Feuer beschien seine weiße Maske und der Klang seiner Stimme wehte noch leise zu Lucy herüber. Hier und da schrie eines der Kinder auf, aber es

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