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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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waren fröhliche Laute, denen Wogen von Gelächter folgten.
    »Sammy weiß genau, wie er die Kinder fesseln kann«, meinte Aidan.
    Lucy hielt nach Grammalie Roses unverwechselbarer Silhouette Ausschau, konnte sie aber nirgends entdecken. »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte sie leise. Sie hatte keineAhnung, ob Del zuhörte oder nicht. Das Mädchen hatte die Ärmel von Lucys Sweatshirt bis über die Hände gezogen und hielt den Kopf unter der Kapuze gesenkt. Vor ihr auf dem Tisch blinkten ihre übereinandergestapelten silbernen Armreifen. Sie hatte sie abgelegt, ebenso wie die großen goldenen Kreolen, die sie in beiden Ohren getragen hatte. Sie hatte sie mit solcher Heftigkeit herausgezogen, dass sie sich ein Ohrläppchen eingerissen hatte. Lucy schien es allerdings, als hätte sie den Schmerz gar nicht gefühlt.
    »Connor und Scout sind Holz sammeln gegangen«, sagte Aidan. »Sobald das Essen zu Ende ist und die Kinder im Bett sind, errichten sie den Scheiterhaufen.« Seine Stimme brach. »Benzin haben wir. Keine Autos, aber jede Menge Sprit!«
    Lucy spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie wusste, dass es am besten war, die Toten zu verbrennen, aber der Gedanke an das große Feuer weckte grausame Erinnerungen in ihr. Sie musste daran denken, wie in der von Bäumen gesäumten Straße, in der sie aufgewachsen war, die Matratzen aufgestapelt wurden. Sie erinnerte sich an das Brausen der orangefarbenen Flammen und den unerwartet heftigen Gestank verbrennender Fasern. Und an die wabernden schwarzen Wolken, die den Himmel wie bei einer Sonnenfinsternis verdunkelten.
    »Wissen schon alle, dass Leo an der Seuche gestorben ist?«, wollte Lucy wissen.
    »Die Allerkleinsten noch nicht. Die anderen aber schon.«
    »Ich will nicht dabei sein, wenn sie ...«, begann Del.
    Aidan räusperte sich. Er drückte Lucys Hand, dann ließ ersie los und streckte seinen Arm zu Del hinüber. Doch sie starrte nur auf seine Finger, bis er sie wieder zurückzog. Lucy registrierte den verletzten Ausdruck, der über Aidans Gesicht zuckte, und irgendetwas in ihrem Bauch verhärtete sich. Aidan räusperte sich erneut. »Wir werden auch nicht dabei sein«, sagte er. »Wir gehen zum Turm.« Er sah die beiden Mädchen nacheinander an. »Einverstanden?«
    Lucy setzte sich auf. »Wie bitte?«
    »Wir wissen jetzt, dass sich die Kinder im Turm befinden und nicht im Krankenhaus. Gut möglich, dass er nicht bewacht ist. Es sind ja bloß Kinder, keines älter als elf Jahre.« Aidan klang entschlossen. Jetzt sah er wieder zu Del. »Du hast den Turm doch gesehen. Erinnerst du dich in groben Zügen an seinen Grundriss?«
    Del nickte zögernd und richtete sich auf. »Ich kann mich erinnern, dass es einen Haupteingang und an der Seite einen Notausgang gibt.« Sie runzelte die Stirn. »Innen drin ist eine große Wendeltreppe, von der viele Zimmer abgehen.«
    »Wir wissen zwar, dass die Kinder in dem Turm waren «, warf Lucy ein. »Aber das heißt nicht, dass sie noch dort sind.«
    »Uns bleibt nichts anderes übrig, als es zu versuchen«, entgegnete Aidan. »Die Dinge haben sich verändert.«
    Er sprach es nicht aus, dennoch hingen die Worte über ihnen: Sie töten Menschen.
    Aidan veränderte ein wenig seine Sitzposition. »Wir müssen uns erst Richtung Westen halten, über das Plateau und den Great Hill. Und dann nach Süden und über das Watt. Dort ist dann irgendwo die Brücke nach Roosevelt Island.«
    »Und wenn wir einfach die Große Straße nehmen? Über die die Vans auch gekommen sind? Wäre das nicht sinnvoller?«
    Aidan schüttelte den Kopf. »Auf der Straße sind wir ungeschützt. Wenn die Vans kommen, können wir uns nirgends verstecken. Sie müssen uns nur noch einsammeln.« Er begegnete Lucys sorgenvollem Blick. »Ich weiß«, sagte er. »Mein Vorschlag ist um einige Meilen länger und führt durch unebenes Gelände. Aber unsere Chance, unentdeckt zu bleiben, ist größer.«
    Del starrte in einem fort auf den Tisch. Die Anspannung war ihr an den hochgezogenen Schultern anzusehen.
    »Ich habe viel darüber nachgedacht«, fuhr Aidan fort. »Der Anfang wird hart sein. Aber wenn wir erst einmal die Ebene erreicht haben, müssten wir ganz gut vorankommen.«
    »Vielleicht ist das Watt noch trocken genug«, antwortete Lucy und verspürte einen Hauch Abenteuerlust. »Hast du es dir noch mal angesehen?«
    Aidan schüttelte den Kopf. »Heute nicht, aber letzte Woche. Da war es noch passierbar.« Seine Stimme wurde rau und er räusperte sich wieder.

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