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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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schaltete Henry sich ein und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein Haar war nass und sein Gesicht blass. Um seinen Mund aber hatte er einen störrischen Zug, der Lucy noch nie aufgefallen war. Sein schiefes Grinsen war verschwunden.
    »Und ihr habt nichts anderes als Weidenrinde und Baldrian?«, erkundigte sich Lucy. Sie stolperte ein bisschen über die ungewohnten Begriffe.
    »Die örtliche Apotheke ist zurzeit leider geschlossen. Nach der ersten Epidemiewelle haben Diebe einen Großteil der Medikamente mitgenommen. Und die Überschwemmungen haben den Rest erledigt. Aber der Wirkstoff der Weidenrinde ist der gleiche wie in Aspirin.« Er deutete mit dem Kopf zu Grammalie Rose, die sich über Leos reglosen Körper beugte und mit leiser Stimme ein seltsames Lied in einer fremden Sprache sang. »Sie kennt sich mit Kräutern gut aus. Für die meisten modernen pharmazeutischen Mittel gibt es eine pflanzliche Alternative. Leider wachsen im Staate New York zurzeit nur wenig Kräuter. Es regnet zu viel.«
    »Wird der Tee das Fieber denn wirklich senken?«
    »Das sollte er jedenfalls. Aber diese Sorte Krankheit ist hartnäckig. Wenn seine Temperatur über 40 Grad steigt, können wir mit Tee nichts mehr ausrichten. Dann können wir ihnnur noch so gut wie möglich kühlen und darauf achten, dass sein Körper keinen Schock erleidet. Aber darüber hinaus ...« Er zuckte hilflos die Schultern.
    »Gibt es denn nichts anderes, womit man es sonst noch versuchen könnte?«
    Henry wechselte einen Blick mit Grammalie Rose.
    »Wir haben noch ein paar andere Mittel«, sagte er zögerlich. »Nachtschatten zum Beispiel. Und Fingerhut.«
    »Na also!«, rief Lucy aus. Dann bemerkte sie, dass alle bedrückt dreinsahen.
    »Es sind keine Heilmittel«, sagte Aidan. Er legte seine Hand auf Lucys Schulter und sie hob den Arm und fasste sie.
    »Keine Heilmittel?«, wiederholte sie verständnislos.
    »Sie dienen nur dazu, das Unausweichliche zu erleichtern«, erklärte Grammalie Rose. »Sie sind reine Schmerzmittel. Sie stoppen den Schmerz für immer.«
    »Aber was ist mit Sammy und Beth und Ralph?«, fragte Lucy. »Sie haben es doch geschafft! Und Leo lebt auch noch!«
    »Sammy, Beth und Ralph haben zwar überlebt, aber nicht wegen irgendeiner geheimnisvollen Pille. Nenn es Gottes Ratschluss oder willkürliche Auswahl. Oder einfach nur Glück. Aber bei Leo ist die Krankheit schon zu weit fortgeschritten«, sagte Grammalie Rose. Sie streichelte noch einmal Leos Hand, dann stand sie auf. Dabei fasste sie sich an den Rücken, als habe sie Schmerzen. Sie trug dicke, schwarze Strümpfe und Bandagen, die sie fest um ihre Knöchel gewickelt hatte. Ihren schweren Wollschal hatte sie eng um ihren Hals geschlungen, als wenn sie fröstelte.
    Lucy gab nicht auf. »Aber warum hat sein Immunsystem ihn denn nicht geschützt?«
    »Wahrscheinlich ist der Erreger mutiert«, antwortete Aidan und seine Worte schienen in der Luft hängen zu bleiben.
    In diesem Moment platzte Del wie aus dem Nichts in das ohnehin schon enge Zelt. Ihre Knie waren zerkratzt, ihre Stiefel starrten vor Schmutz und das Haar hing ihr ins Gesicht. Sie fiel auf die Knie und nahm Leos Hand.
    »Żabka«, sagte Grammalie Rose. Sie legte ihren Arm um Dels Schultern und versuchte sie wegzuführen. »Żabka, er schläft!«
    Del schüttelte sie ab und beugte sich vor.
    »Leo«, sagte sie, ihre Lippen nur wenige Zentimeter über seinem Gesicht. »Leo!«
    Er öffnete mühsam die Augen. Ein Krampf verzerrte seine Miene. »Del«, hauchte er. Seine Stimme klang rau und erstickt, als wenn er die Worte durch einen zugedrückten Hals zwingen müsste. Er wirkte klarer. »Sie haben dich gehen lassen.« Er streckte den Arm und streichelte Del über den Kopf.
    »Nein. Ich konnte fliehen.«
    Er runzelte die Stirn. »Wie das?«
    Sie schloss ihre Hand um seine Finger. Ihre Knöchel waren ganz weiß. Leo stöhnte.
    »Ich konnte entkommen«, wiederholte Del. »Schhhhh.«
    Leo schüttelte den Kopf. »Lass mich reden.« Er versuchte, sich ein wenig aufzurichten, aber es gelang ihm nicht. »Bist du in Ordnung? Sie haben gesagt, sie wollten euch nichts tun.«
    »Oh, Leo.« Dels Augen füllten sich mit Tränen. Eine fiel auf ihre Hand. Sie wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht.
    »Was ist mit den Kleinen, mit Lotti und Patrick? Waren sie bei dir?«
    Leo schüttelte den Kopf. Seine Zunge glitt über seine schwarzen Lippen. »Sie haben sie im Turm festgehalten. Mich haben sie ins Krankenhaus gebracht, zu den

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