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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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sich über ihrer Nase, verschwand dann aber wieder. Lucy erkannte den Ordner wieder: Es war ihre Akte aus dem Büro der Schulkrankenschwester. Und nun erinnerte sie sich, Dr. Lessings Namen in den dort abgehefteten Berichten gelesen zu haben. Diese Ärztin war es, an die die Schulkrankenschwester ihre gesamten Blutproben geschickt hatte!
    »Wie kommen Sie an diese Akte?«, wollte Lucy wissen. Der Kaffee weckte sie nicht gerade auf. Ganz im Gegenteil. Sie hätte größte Lust gehabt, sich in diesem Sessel zusammenzurollen und ein kleines Nickerchen zu halten. Sie zwang sich, gerade zu sitzen. »Hat die Schule sie Ihnen geschickt? Warum?« Sie spähte hinüber. Eine ganze Reihe von Seiten waren mit einer kleinen, säuberlichen Schrift beschrieben. Die Akte war bedeutend umfangreicher als damals.
    Dr. Lessing schloss die Akte, legte ihre Handflächen darauf, strich über den Deckel und lächelte. »Lucy, an dir sind so viele Untersuchungen durchgeführt worden. Erinnerst du dich? Wirklich eine Unmenge. Es ging immer um die üblichen Dinge: erhöhte Immunität, vermehrte Produktion irgendwelcher Antikörper, Überpräsenz von weißen Blutkörperchen, Überpräsenz roter Blutkörperchen. Irgendwann hat man ein bisschen damit zu spielen begonnen. Die abstrusesten Möglichkeiten wurden in Betracht gezogen. Aber man hat nichts gefunden.« Ihre Fingerspitzen streichelten den Ordner wie eine Katze. Ihr Lächeln war unerschütterlich. »Dann sind deine Ärzte gestorben, ohne etwas herausgefunden zu haben.Ich kann mir nichts Frustrierenderes vorstellen.« Ihre Augen ruhten auf Lucys Gesicht. Ein leichtes Zucken flackerte über ihr Augenlid.
    Lucy schluckte den Kaffee, den sie im Mund gehabt hatte, und hustete, als er ihr in die falsche Kehle geriet. Ein paar Tropfen flossen ihr Kinn herunter. Dr. Lessing reichte ihr ein Taschentuch aus der Box auf ihrem Schreibtisch.
    »Bin ich krank?«, erkundigte sich Lucy flüsternd.
    Dr. Lessing tippte mit ihrem Stift an ihre Lippen. »Deine Eltern haben dich nicht impfen lassen.« Es klang wie ein Vorwurf.
    »Ja, mag sein«, sagte Lucy. »Ich hatte einen älteren Bruder, der als Baby an einer allergischen Reaktion gestorben ist.«
    Die Ärztin presste die Lippen aufeinander. Ihre Augen wurden schmal. Sie schien etwas zu sehen, das in weiter Ferne lag. Lucy trank die letzten Schlucke Kaffee und verschmähte sogar den dicken Bodensatz nicht. Dann behielt sie die Tasse in ihren Händen. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte sie. »Bin ich krank?«
    »Zuerst wollte ich es nicht glauben. Aber die Tests belegen es eindeutig: Du bist eine Ausnahmeerscheinung. Eigentlich dürfte es dich gar nicht geben.« Sie schlug mit solcher Heftigkeit auf den Aktendeckel, dass Lucy zusammenzuckte. »Aber du bist da!«
    »Und das heißt?«
    Mit einer flinken, geschmeidigen Bewegung stand Dr. Lessing auf. Sie ging zum Fenster und zog einen Vorhang zurück. Die Sonne ging gerade auf und tauchte den Parkplatz ausBeton in rosa- und goldfarbenes Licht. »Das heißt, dass ich lange nach dir gesucht habe, Lucy Holloway. Im Midtown-Asyl hätte ich dich beinahe erwischt – aber du bist abgehauen.« Sie sah wütend aus. »Und dann ließ Del deinen Namen fallen, als ich ihr ein paar generelle Fragen über das Camp stellte. Was für ein unglaublicher Glücksfall! Nebenbei: Ich glaube nicht, dass sie dich besonders mag. Es brauchte ein bisschen Überzeugungsarbeit, aber schließlich sah sie ein, dass es das Richtige war, dich hierher zu bringen.«
    »Dann ist sie also nicht entkommen?«, stieß Lucy aus, der es plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel. »Sondern Sie haben sie gehen lassen!«
    »Sie ist ein kluges Mädchen, die Kleine. Ein bisschen rachsüchtig zwar, aber vertrauenswürdig. Und sie hat das Herz auf dem rechten Fleck.« Die Ärztin drehte sich herum. »Falls du es nicht weißt: Für die Kinder würde sie alles tun. Sie ist sehr fürsorglich – auch wenn sie nicht unbedingt so wirkt.«
    »Sie ist eine miese Ratte!«
    Dr. Lessing lachte. »Sie hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera.«
    »Das interessiert mich nicht mehr!« Ab sofort konnte Del Lucy gestohlen bleiben. »Ich verstehe es einfach nicht«, fuhr sie fort. »Die Blutuntersuchungen und all das – das liegt so lange zurück.«
    »Du hast irgendetwas in deinem Körper, in deinem Blut, das dich gegen eine Krankheit resistent gemacht hat, die einen Großteil der Bewohner dieser Welt getötet hat. Ich finde das auch heute noch

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