ePub: Der letzte Zauberlehrling
Hoffnung, wie sich sofort herausstellte, denn als ich vorsichtig meinen Kopf drehte, sah ich drei weitere Hunde, die etwa einen Meter entfernt von mir lautlos auf eine falsche Bewegung meinerseits warteten. Sie waren gut ausgebildet und diszipliniert, aber ich konnte ihre bösartige Vorfreude darauf, mich in Stücke zu reißen, förmlich spüren.
Nun sind wir Dämonen von Natur aus ausgesprochen furchtlos und begegnen gefährlichen Situationen stets mit kühlem Kopf. Trotzdem fühlte ich mein Herz schneller schlagen. Es war so demütigend, als intelligentes Lebewesen ausgerechnet gegenüber solchen stumpfsinnigen Wesen machtlos zu sein. So standen wir also da, die Dobermänner und ich, und keiner von uns regte sich. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich hinter mir Schritte hörte und zwei Soldaten um die Ecke kamen.
»Deswegen sind sie also so schnell um die Ecke gejagt«, sagte der Erste.
»Was ist das denn für ein Vieh?«, fragte der Zweite.
Sie blieben stehen und betrachteten mich.
»Ein Rieseneichhörnchen mit Dackelkopf?« Der erste Soldat kratzte sich am Kopf. »Sollen wir das melden oder sollen wir den Jungs ihren Spaß lassen?«
»Wenn wir’s melden, kriegen wir Ärger, denn irgendwie muss das Vieh ja reingekommen sein«, erwiderte der zweite Soldat. »Und dann wird es heißen, wir hätten unseren Job nicht ordentlich gemacht.«
»Also lassen wir die Jungs ran?«
»Ich weiß nicht ... Wenn es jetzt ein normaler Köter wäre oder eine Katze oder so, kein Problem. Aber dieses Vieh sieht mir irgendwie merkwürdig aus.«
Über uns wurde ein Fenster geöffnet und ein Mann beugte sich hinaus. Es war Jacques Pompignac persönlich. Ich hatte genug Fotos von ihm auf Plakaten gesehen, um ihn sofort zu erkennen.
»Was ist da unten los?«, rief er.
»Ein Tier ist in das Gelände eingedrungen, Herr Professor«, meldete der erste Soldat.
»Ein Tier? Was für ein Tier?«
»Wir wissen es nicht, Herr Professor.«
Pompignac starrte mich an. Dann tauchte neben ihm ein weiterer Kopf im Fenster auf und eine Welle der Hoffnung durchflutete mich.
Es war einer der Meinen. Und er erkannte mich ebenfalls sofort.
Er murmelte Pompignac etwas zu. »Wartet da unten!«, befahl der seinen Leuten. Wenige Minuten später traten er und zwei meiner Artgenossen durch die Tür. »Ihr könnt gehen«, wies Pompignac die Soldaten an. »Nehmt die Hunde mit und seht zu, dass uns niemand stört.«
Einer der beiden Soldaten stieß einen Pfiff aus und verschwand mit den Dobermännern um die Ecke. Sie folgten ihm nur widerwillig und warfen mir beim Abmarsch noch einmal hungrige Blicke zu. Der andere Soldat sicherte die Tür, die ins Gebäude führte.
Ich richtete mich langsam zu meiner vollen Größe auf. »Willkommen, Brüder«, sagte ich, natürlich in der Sprache meiner Heimat, die sich für menschliche Ohren wie eine Abfolge von Grunz- und Pfeiftönen anhörte.
Die beiden starrten mich an. Sie hatten sich für einen hochgewachsenen Körper entschieden, der in lange, rote Gewänder gehüllt war. Ihre schmalen, hohen Schädel waren kahl. Sie hatten beide eine platte, kaum sichtbare Nase und einen breiten, schmallippigen Mund.
»Was sagt es?«, fragte der Professor, der über meine Gestalt und Sprachfähigkeit nicht erstaunt zu sein schien.
»Er ist einer von uns«, erwiderte der Dämon direkt neben ihm. Seine Stimme klang tief und guttural.
»Ein Dämon?«
Sein Nebenmann nickte. »Aber von einem anderen Volk. Er ist ein Grg.« Er sprach den Namen so aus, wie er in der Dämonensprache klingt. Wir kennen wie gesagt keine Vokale, was es für Menschen nahezu unmöglich macht, unsere Sprache zu lernen.
»Ein was?«
»Ein Grg . Wir Dämonen bestehen aus drei Völkern, den Brl , den Wlb und den Grg . Früher einmal waren die Grg die Mächtigsten von uns, aber das ist schon viele Jahrhunderte her. Inzwischen haben wir Brl die Herrschaft übernommen.«
Ich glaubte erst, nicht richtig gehört zu haben. Die Brl waren stets ein Volk von Schwächlingen gewesen, ohne große Wissenschaftler und Krieger. Wie hatten sie es vollbracht, die Macht an sich zu reißen und mein geliebtes Volk zu unterwerfen? Und gegen Unterwerfung bei uns Dämonen nimmt sich Unterwerfung bei den Menschen wie ein Kindergarten aus.
Aber die Tatsache, dass die Brl hier waren und keine Grg, war zumindest ein Beweis für seine Behauptung. Alle meine Pläne stürzten damit wie ein Kartenhaus zusammen. Denn was eine Rückkehr in eine von Brl beherrschte Dimension
Weitere Kostenlose Bücher