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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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schloss die Augen und bereitete mich auf das Schlimmste vor.
    Da erklang eine dritte Stimme von der Tür her. »Herr Professor, der Innenminister ist soeben eingetroffen.« Es war der Uniformierte, der uns empfangen hatte.
    »Richtig, das hatte ich ganz vergessen!« Die Hand verschwand wieder. »Dann wirst du dich bis nachher gedulden müssen, mein Junge.«
    »Kein Problem, Herr Professor. Das Geschäft geht vor.«
    »So ist es.«Die Stimmen entfernten sich, dann fiel die Tür zu.
    Jetzt erst merkte ich, dass ich die Luft angehalten hatte. Mit einem lauten Stöhnen atmete ich aus. Dann kroch ich aus meinem Versteck, wischte mir mit dem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn und betrachtete das Bild vor mir. Es war das, was ich suchte.
    Ich warf einen schnellen Blick zur Tür. Um den Zauber auszuführen, benötigte ich ein paar Minuten der höchsten Konzentration. Am liebsten hätte ich meine Sachen genommen und wäre von hier abgehauen, aber ich hatte es Papillon versprochen und wollte es jetzt auch durchziehen.
    Ich rollte die leere Leinwand aus und hielt sie vor das Gemälde. Dann atmete ich ein paar Mal tief durch und konzentrierte mich. Ich summte einen einfachen Zauber, der den leeren Stoff auf exakt die Größe der von Polnaroff verwendeten Leinwand brachte. Nachdem ich den weißen Stoff auf dem Boden ausgebreitet hatte, prägte ich mir jeden Aspekt des Originals ein. Was Pompignac und Ignatius an dem Bild so toll fanden, entzog sich meiner Kenntnis. Für mich war es lediglich ein wildes Geschmiere aus allen möglichen Farben, ohne Form und Verstand.
    Ich zog das Pulver, das ich vorbereitet hatte, aus der Tasche und sprenkelte es über die am Boden liegende Leinwand. Dann intonierte ich leise den zugehörigen Zauberspruch. Als ich die Augen wieder öffnete, befand sich auf der Leinwand am Boden eine exakte Kopie des Gemäldes vor mir. Fast exakt. In einer Ecke entdeckte ich eine leichte Abweichung von der Farbe des Originals. Ich zögerte einen Moment und beschloss dann, den Vorgang nicht noch einmal zu wiederholen, zumal ich mir nicht sicher war, ob ich beim zweiten Versuch nicht einen anderen Fehler machen würde. Auf jeden Fall nahm ich mir vor, weiter an dem Zauber zu arbeiten, denn offenbar beherrschte ich ihn noch nicht perfekt.
    Schnell legte ich das Originalgemälde auf den Boden, holte eine Zange aus meiner Tasche und entfernte die Klammern, mit denen die Leinwand auf dem Rahmen befestigt war. Dann rollte ich das Bild zusammen und schob es in die Röhre. Anschließend spannte ich die Kopie auf das Holz und schlug die Klammern mit einem Gummihammer so weit wieder ein, dass die Leinwand einigermaßen saß. Wer genauer hinsah, würde wahrscheinlich entdecken, dass etwas nicht passte, aber das konnte ja von Anfang an schon so gewesen sein.
    Während ich den Hammer und die Zange wieder einpackte, fiel mir ein, dass ich das Annageln der Leinwand sicher besser mit einem Zauberspruch hätte erledigen können. Nur kannte ich den nicht. Ich beschloss, Lothar bei Gelegenheit danach zu fragen. Der Spruch zum Schrumpfen der Originalleinwand hingegen funktionierte problemlos. Ich steckte sie ebenfalls in die Tasche und ging zur Tür, um mich zurück zu Pierre und seinen Kollegen zu begeben.
    Zum Glück schienen alle Bediensteten mit dem Minister beschäftigt zu sein. Jedenfalls war der Flur leer, und ich gelangte ohne Probleme in den Großen Salon, wo Pierre und seine Leute mit ihrer Arbeit schon fast fertig waren. Ich half ihnen beim Wegpacken, dann tauchte auch schon der Livrierte auf, um sich vom Ergebnis zu überzeugen.
    »Das ist ja ein ganz anderer Farbton«, mäkelte er.
    »Guter Mann, das ist feucht «, erwiderte Pierre. »Das ist nämlich Putz, und der muss erst einmal trocknen. In drei oder vier Tagen merken Sie keinen Unterschied mehr.«
    »Aber der Herr Professor wollte heute Abend hier einen Empfang geben.«
    »Das kann er doch. Runterfallen wird nichts.«
    »Man merkt, dass Sie ein unzivilisierter Tölpel sind. Der Professor wird keine Gäste in einen Raum lassen, der nicht rundum perfekt ist.« Er seufzte theatralisch. »Das bedeutet wieder jede Menge Mehrarbeit für uns. Ich werde die Kosten dafür von Ihrem Lohn abziehen müssen.«
    Pierre schien das überhaupt nichts auszumachen. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Können wir jetzt gehen?«
    »Bitte sehr.« Der Livrierte führte uns zum Ausgang, wo wirunsere Utensilien auf der Ladefläche des Lieferwagens verstauten. Pierres Helfer

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