ePub: Drachenhaut (German Edition)
die Knie.
Der Stallmeister verließ den Stall mit einer letzten, scharfen Ermahnung an den Jungen, keinen Unfug zu treiben, dann wurde es wieder still.
»Was jetzt?«, hauchte der Prinz.
Aspantaman seufzte und stand auf. »Ich kümmere mich umden Jungen«, bedeutete er Amayyas und verschwand in der Dunkelheit. Als er zurückkehrte, kniete der Prinz neben dem Kistenstapel und rieb sich den Oberschenkel. »Krampf«, flüsterte er. »Bin nicht mehr gewöhnt, meine Beine anzustrengen.«
Aspantaman nickte mit zusammengepressten Lippen. »Dort hindurch, hinten im Pferch stehen die Tiere«, sagte er.
Amayyas folgte ihm humpelnd. »Du willst wirklich zwei von Farrokhs Kamelen stehlen?«, fragte er ungläubig.
Aspantaman zuckte die Schultern. »Es bleibt doch gleich, ob ich Esel oder etwas anderes stehle. Dann lieber das schnellere Reittier.«
Sie verließen das Stallgebäude durch die hintere Tür. Es roch scharf nach Kameldung und in der Dunkelheit waren die noch dunkleren, großen Gestalten der Tiere zu erkennen.
»Unser Gepäck steht dort im Unterstand und ich habe auch schon Geschirre und Sättel dorthin gebracht«, sagte Aspantaman. »Wir holen die Sachen und beladen zuerst ein Lastkamel.« Er warf dem Prinzen einen Riemen zu.
Amayyas weckte ein unwilliges Tier aus dem Schlaf und zerrte es auf die Beine, als ihn ein dumpfer Schlag und ein ersticktes Stöhnen herumfahren ließen. »Was ist?«, rief er halblaut und erwartete, dass Aspantaman beschämt von einem im Dunkeln übersehenen Stolperstein oder einem tief hängenden Balken berichten würde. Doch aus dem Unterstand kam keine Antwort.
Mit einem unterdrückten Fluch rannte der Prinz über den zertrampelten Boden. Was auch immer dort geschehen war ...
»Das hätte ich mir denken können«, unterbrach eine Stimme seinen Gedankengang. »Der Feigling und seine Glucke auf der Flucht.«
Amayyas umklammerte das Messer, das er beim Laufen ausdem Gürtel gezogen hatte. »Farrokh«, sagte er mit heiserer Stimme, »lass uns gehen. Wenn ich fort bin, hast du doch alles erreicht, was du wolltest.«
Sein Halbbruder stand mit verschränkten Armen da und lächelte. Zu seinen Füßen kauerte Aspantaman und schüttelte benommen den Kopf.
»Ich soll dich einfach so gehen lassen?« Farrokh lächelte noch breiter. »Damit ich dich für den Rest des Lebens hinter meinem Rücken weiß? Amayyas, du bist noch verrückter, als ich dachte.«
»Ich habe kein Interesse daran, dir zu schaden«, gab Amayyas heftig zurück. »Ich bin, wie du weißt, kaum in der Lage, mein eigenes Leben zu leben. Lass mich jetzt gehen und du wirst nie wieder von mir hören. Das ist es doch, was du willst.«
Sein Bruder schüttelte den Kopf. Das Lächeln schwand langsam aus seinem Gesicht und machte einem Ausdruck von reinem, unverblümtem Hass Platz. »Du hast keine Ahnung, was ich will«, entgegnete er kurz. Mit einer schnellen Bewegung beugte er sich nieder, packte den halb besinnungslosen Eunuchen, riss ihn hoch und hielt ihm sein Messer an die Kehle. »Ich schneide dem Sklaven die Gurgel durch«, informierte er den Prinzen kühl. »Das kostet mich nicht mehr als ein Achselzucken. Wenn dir sein Leben etwas wert ist, dann wirfst du jetzt dein Messer weg und kommst fein brav mit mir zurück zum Serail.« Er grinste böse. »Du kannst es aber auch darauf ankommen lassen. Vielleicht bist du schneller als ich ‒ aber auf keinen Fall bist du schneller, als mein Messer in der Kehle deines geliebten Freundes landet.«
Amayyas stand einen Atemzug unschlüssig da. Seine Hand ballte sich zur Faust, öffnete sich wieder, hilflos.
»Lauf, Amayyas«, krächzte Aspantaman, der seine Sinne wiederzufinden schien. Er wehrte sich nicht gegen den Griff Farrokhs. Die Schneide, die seinen Hals berührte, hatte ihm einen feinen Schnitt beigebracht, aus dem Blut quoll. »Lauf. Ich bin nicht wichtig ...« Er keuchte, denn der scharfe Stahl drückte sich fester gegen sein Fleisch. Das Blut begann schneller aus der Wunde zu fließen.
»Halt den Mund, Sklave«, sagte Farrokh scharf. »Misch dich nicht in Angelegenheiten deines Herren.«
Amayyas stöhnte und warf sein Messer weg. »Ich komme mit dir«, sagte er gepresst. »Lass ihn los!«
»Nein!«, schrie der Eunuch. Er wand sich in Farrokhs Griff, warf sich nach vorne gegen die Schneide des Messers, um sich selbst die Kehle aufzuschlitzen.
»Na, na«, sagte Farrokh. Er zog das Messer weg und hieb Aspantaman mit einer beiläufigen Bewegung den Knauf gegen die
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