ePub: Drachenhaut (German Edition)
Schläfe. Der Eunuch brach zusammen und blieb liegen.
Amayyas schrie auf und stürzte sich auf seinen Bruder. Farrokh, der breiter und schwerer war als Amayyas und noch dazu besser in Form, erwartete den Angriff mit einem verächtlichen Lächeln. Er packte seinen Bruder, drehte ihm mühelos den Arm auf den Rücken und schlug ihm hart mit der Faust ins Gesicht. Amayyas taumelte und sackte in die Knie, schüttelte benommen den Kopf. Blut rann aus seiner Nase.
»Gehen wir«, sagte Farrokh. Er trat Aspantaman, der sich stöhnend aufzurichten versuchte, noch einmal fest gegen den Kopf und stieß Amayyas vor sich her, zurück zum Serail.
K ATZENMENSCHEN
Schließlich waren es Aghilas, Udad und Ittû, die sie begleiteten. Aghilas meinte, dass das Rudel auch ganz gut ohne ihn zurechtkommen würde ‒ und falls nicht, würde es ihnen eine Lehre sein, was seiner Stellung wiederum nur zugutekommen könne.
Ittû warf Lilya einen schrägen Blick zu und bestand darauf, Aghilas zu begleiten. Und Udad sah Lilya tief in die Augen und schwor, er würde ihr nicht von der Seite weichen, was auch geschähe, und niemand könne ihn davon abhalten. Noch nicht einmal Aghilas, das unbestrittene Oberhaupt des Rudels ‒ bei allem Respekt.
Lilya wusste nicht, ob sie sich über ihre Eskorte freuen sollte oder nicht. »Ich bleibe nicht dort im Dorf«, wandte sie ein. »Ich werde dort nur einen kurzen Halt einlegen und dann weiterreisen nach Mohor. Und dorthin könnt ihr mir nicht folgen.«
»Können wir nicht?« Aghilas grinste und wechselte seine Gestalt.
Lilya starrte ihn sprachlos an. Wieso hatte sie vollkommen vergessen, dass er ebenso Mensch war wie Leopard? Nun gut, er war auch auf zwei Beinen als Rakshasa zu erkennen, aber bei flüchtiger Betrachtung würde er in Mohor keinerlei Aufsehen erregen.
Sie seufzte. »Ich möchte euch nicht in Gefahr bringen«, sagte sie und sah dabei vor allem Udad an, der der jüngste der drei war. Sie wusste, dass er noch nie eine menschliche Ansiedlung betreten hatte, noch nicht einmal ein Dorf. Mohor würde ihn erschrecken, da war sie sich sicher. Sie konnte sich noch zu gut erinnern, wie sehr sie selbst sich vor den vielen Menschen, dem Lärm und Getriebe gefürchtet hatte.
Aghilas machte eine wegwerfende Handbewegung, bevor er wieder die Gestalt wechselte. Die Handbewegung wurde zu einem Peitschen des Schwanzes, das ausdrucksvoll von seiner Verachtung kündete. »Wir sind Rakshasa«, sagte er knurrend. »Wer sollte uns gefährlich werden?«
»Die Janitscharen des Shâyas«, erwiderte Lilya. »Seine Leibwächter, seine Soldaten, seine Magiya. Aghilas, du weißt nicht, worauf du dich einlässt. Ich muss in das Serail eindringen. Es ist schwer bewacht, denn der Shâya fürchtet sich vor Attentätern.« Das wusste sie von ihrem ... von Kobad.
»Siehst du, du brauchst uns«, sagte Aghilas triumphierend. »Keine Diskussion. Ich bin das Oberhaupt des Rudels.«
Das war ein Schlusswort, dem man als Familienmitglied nicht widersprach, und Lilya fühlte sich durchaus als Mitglied des Rudels. »Wann gehen wir?«, fragte sie also nur. Und war nicht überrascht, weil sie ihren Bruder inzwischen kannte, als er »Jetzt« antwortete.
Lilya hatte sich ein wenig vor dem letzten Stück ihrer Wanderung gefürchtet, die sie durch ein trockenes, karges, unwirtliches Stück der Wüste führte. Aber in der Begleitung der drei anderen stellte diese anspruchsvolle Passage keine Strapaze dar. Meist waren es Aghilas und Ittû, die als die Erfahreneren für dieJagd zuständig waren, während Udad und Lilya sich im Schatten ausruhen konnten. Udad war stiller als sonst, und Lilya wusste, dass ihn ihre bevorstehende Trennung bedrückte.
»Sei nicht so traurig«, sagte sie, als sie am dritten Tag der Reise unter einem überhängenden Felsen lagen und in der glühenden Hitze hechelten, die von den Steinen und dem Sand abstrahlte.
Er sah sie nicht an, sondern blickte mit schmalen Augen zum Horizont. »Aghilas sagt, dass wir morgen das Dorf erreichen. Von dort sind es zwei Tagesreisen bis Mohor.« Er legte den Kopf auf die Tatzen und seufzte. »Ich fürchte mich davor, dass du ein Mensch bleiben willst, wenn du erst einmal deinen Prinzen wiedergesehen hast. Du bist nur eine halbe Rakshasa. Deine menschliche Familie wird sicher auch wollen, dass du bei ihnen bleibst.«
Lilya legte ihren Kopf auf seinen Rücken. Sein Atem ging schnell und flach. »Ich möchte auch gerne eine Zeit lang bei ihnen bleiben«, erwiderte sie. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher