Equilibrium
Es war schon später Nachmittag.
»Das muss Morena sein«, sagte Harry verschlafen hinter mir. Ich drehte mich um und sah zum anderen Bett. Harry wollte gerade aufstehen, als es wieder klopfte. Er sah kurz aus dem Fenster, bevor er öffnete und eine atemberaubend schöne, aber unnahbare wirkende Frau hereinließ.
»Hallo, ich bin Morena«, sagte sie mit sanfter, leiser Stimme.
Ich mochte sie sofort, obwohl sie so unnahbar aussah.
Sie sah mich an und ein warmes Lächeln verwandelte ihr Gesicht. »Arizona, du bist aber gewachsen! Und Harry, wow! Kellan, doppelt wow!«, sagte sie, kam zu mir und drückte mich fest an sich.
Ich war überrascht, legte aber meine Arme um sie und drückte sie vorsichtig, sie war sehr weich. Ich konnte ihre Ruhe spüren. Ich verzog mein Gesicht, während ich versuchte sie einzuordnen.
»Ihr erinnert euch nicht mehr an mich, oder?«, fragte sie.
Wir schüttelten alle drei die Köpfe.
»Tja, ich habe euch nicht mehr gesehen, seit ihr ungefähr acht wart, also bin ich nicht überrascht. Wie geht es deiner Mom, Arizona? Und deinem Dad, Kellan?«
»Ich schätze, die machen sich im Moment große Sorgen«, antwortete Harry. »Ansonsten geht es ihnen gut. Alles war gut, bevor das hier passiert ist.«
»Also, wie kann ich euch helfen?«, fragte Morena. »Ich habe für alle von euch etwas Frisches zum Anziehen mitgebracht. Hoffentlich passt es. Ich dachte, ihr braucht bestimmt etwas zum Wechseln.«
Ohne Witz, dachte ich. Ich stank. Und Kellan und Harry auch. Ich nickte dankbar. »Danke. Ich muss unter die Dusche. Können wir danach reden?«
Sie nickte. »Wisst ihr was. Ihr drei macht euch fertig. Hier sind die Anziehsachen«, sagte sie und gab mir die Tasche. »Da sind auch Zahnbürsten und ein paar andere Dinge drin, von denen ich dachte, dass ihr sie braucht. Ich bin mal kurz weg und besorge uns Kaffee und etwas zu essen. Bin gleich wieder da.«
Ich sprang unter die Dusche. Das warme Wasser fühlte sich super an. Ich stand ewig darunter und genoss die Wärme. Morena, hatte eindeutig den gleichen Modegeschmack wie meine Mutter. Die Sachen, die sie mitgebracht hatte, waren lässig, aber alles Designerstücke. Es fühlte sich so gut an, saubere Klamotten anzuziehen; ich fühlte mich wieder wie ein Mensch. Nachdem ich mich umgezogen hatte, legte ich mich wieder aufs Bett, während Kellan und Harry nacheinander duschten. Als Morena mit Kaffee und Donuts zurückkam, sahen wir drei fast wieder normal aus. Junge, brauchte ich dringend etwas zu essen!
Wir waren ausgehungert, wie immer. Morena sah uns schweigend zu, während wir uns vollstopften und uns dabei kaum ansahen. Sie lächelte. Als wir endlich fertig waren, lehnte ich mich zurück und seufzte. Ich war bereit, allem gegenüberzutreten, was der Tag mir noch zu bieten hatte.
»Fühlt ihr euch ein bisschen besser?«, wollte Morena wissen,
» Viel besser«, antwortete Harry mit strahlendem Lächeln.
»Okay, dann. Du hast mich angerufen. Du hast nur gesagt, dass ihr hier gestrandet seid und dass Kevin gesagt hat, ihr sollt mich anrufen. Ich habe keine Ahnung, was los ist, also bitte weiht mich ein. Was macht ihr hier, Leute?«, fragte sie.
Harry brachte sie kurz auf den neuesten Stand, erwähnte zumindest jedes wichtige Detail, von dem er wusste. Schließlich wusste er nichts von meinem leiblichen Dad, oder dass ich nur seine Halbschwester war. Ich fragte mich, ob Morena das wusste.
»Also, wo ist Kevin jetzt?«, fragte Morena.
»Das wissen wir nicht«, antwortete Kellan. »Er war einige Zeit hinter uns, als wir durch den Wald gerannt sind, aber wir haben ihn verloren. Er hat uns gebeten, es dir zu sagen, falls es dazu kommt. Außerdem hat er uns gesagt, dass wir nicht zur Polizei gehen sollen.«
Morena nickte nachdenklich. »Ich verstehe, aber vielleicht muss ich das, wenn er nicht bald Kontakt zu mir aufnimmt. Wie auch immer, ich muss euch Kinder erst mal nach Hause bringen. Ich nehme an, dass ihr alle unbedingt nach Hause wollt. Ich brauche Kevin, um euch durch das Portal schicken zu können. Ich habe keinen Zugang zu Ames. Wie ihr wisst, arbeite ich beim SETI, das auch in Mountain View liegt. Ich schlage vor, wir fahren zurück und ihr hängt so lange bei mir rum, bis ich eine Lösung gefunden habe, euch nach Hause zu bekommen.«
Ich nickte. Das hörte sich prima an, aber ich musste immer noch meinen Dad erreichen. Und ich musste es tun, ohne dass Harry davon erfuhr. Ich brauchte ein bisschen Zeit für Kellan und mich alleine, um
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