Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town
Sex doch einen großen Teil ihrer gemeinsamen Vergangenheit ausgemacht. Jacks Nähe zerrte all die alten Gefühle wieder an die Oberfläche, die alte Lust, die Besessenheit und die Eifersucht.
Sie hatte geglaubt, sie würde einfach nach Hause kommen, Jack von Nathan erzählen und sich um den Rest nicht kümmern müssen. Sie hatte gedacht, es wäre begraben und lang vergessen. Doch sie hatte sich getäuscht. Es war noch immer da. Und damit nicht genug – es hatte genau an dem Punkt auf sie gewartet, wo sie es damals zurückgelassen hatte.
Sie nahm ein Paar Shorts aus der Schublade. Wenn es einen Trost in all diesem Wirrwarr gab, dann den, dass alles ein Ende hätte, sobald sie wieder zu Hause war. Keine Geheimnisse mehr. Keine Verwirrung. Keine Küsse von Jack Parrish.
»Daisy, wenn du dich morgen bei mir zu Hause blicken lässt, gebe ich dir genau das, was du haben willst« , hatte Jack sie gewarnt. »Sex bis zur Besinnungslosigkeit.«
Am Vorabend hatte diese Warnung ihre Neugier geweckt, heute Morgen stimmte sie sie nachdenklich. Sie wollte auf keinen Fall, dass er glaubte, sie käme zu ihm, um »besinnungslos« zu werden. Nein, das war das Letzte, was er denken sollte.
Sie legte die Shorts zurück in die Schublade, ging ins Schlafzimmer ihrer Mutter und durchsuchte ihren
Schrank, bis sie ein ärmelloses Kleid aus schwerem Jeansstoff fand. Es war so weit, dass es weder Knöpfe noch einen Reißverschluss besaß. Stattdessen waren Oberteil und Saum mit hübschen Applikationen von Winnie Puuh bestickt. Es war das Gegenteil von sexy: Sie sah darin aus wie eine Kindergärtnerin, und kein Mensch konnte auf die Idee kommen, dass sie in diesem Kleid Sex bis zur Besinnungslosigkeit provozieren wollte.
Sie band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in ihre schwarzen Flip-Flops. Sie brachte es nicht über sich, ungeschminkt das Haus zu verlassen, also legte sie Mascara, Rouge und pinkfarbenen Lipgloss auf. Ein letzter Blick in den Spiegel versicherte ihr, dass sie reichlich farblos aussah und in keinem Mann Interesse oder gar Lust erwecken konnte. Schon gar nicht in einem Mann wie Jack.
Sie schob Stevens Brief in die Kleidertasche und nahm den Autoschlüssel ihrer Mutter. Auf dem Weg zu Jack musste sie unablässig gegen das Bedürfnis ankämpfen, kehrtzumachen und zurückzufahren. Mittlerweile brauchte sie sich nicht mehr zu fragen, wie er die Angelegenheit mit Nathan aufnehmen würde. Sie hatte ihn mit seinen Nichten zusammen gesehen, und seitdem wusste sie es.
Als sie in die Straße zu Jacks Haus einbog, umklammerte sie das Steuer so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Wahrscheinlich hatte ihre Mutter Recht, sie hatte damals getan, was sie für das Beste hielt. Was alle anderen für das Beste hielten. Alle außer Jack. Jack würde es anders betrachten, und als sie den Cadillac ihrer Mutter hinter Parrish American Classics lenkte, hatte sie ein flaues Gefühl im Magen.
Jacks Mustang stand vor dem Haus, und sie stellte den
Cadillac dahinter ab. Ihre schwarzen Flip-Flops klatschten gegen ihre Fersen, als sie den Hof überquerte und auf den Gehsteig trat. Das Haus hatte noch immer den gleichen weißen Anstrich wie in ihrer Kindheit, die gleichen grünen Fensterläden und die gleichen gelben Rosen, auch wenn sich niemand mehr so liebevoll um sie zu kümmern schien wie damals. Stattdessen wucherten sie ungehindert, nur an der Veranda hatte jemand sie drastisch zurückgeschnitten.
Wie schon vor einer Woche klopfte Daisy an die Fliegentür und hoffte, dass Jack dieses Mal allein war, oder falls er eine Frau abgeschleppt hatte, dass sie inzwischen gegangen war.
Als sich nichts rührte, steckte sie den Kopf zur Tür herein und rief nach ihm. Das Summen der Klimaanlage war das einzige Geräusch im dunklen Hausinneren. Daisy warf einen Blick über die Schulter auf Jacks Mustang und sah, dass in der Werkstatt Licht brannte. Die alten, hohen Ulmen warfen filigrane Schattenmuster auf den Asphalt, und eine leichte Brise spielte mit ihrem Pferdeschwanz, als sie zur Werkstatt ging. So leise wie möglich öffnete sie die Tür und schlüpfte hinein. Durch die Fenster über ihr warf die Sonne rechteckige Lichtflecke auf fünf Fahrzeuge in verschiedenen Stadien der Restauration. Bei einigen hingen die Motoren an Gestellen, andere sahen aus, als wären sie bis auf die Karosserie ausgeweidet worden. An den Wänden und in den dunklen Tiefen der Werkstatt waren mächtige Maschinen aufgereiht, Werkbänke,
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