Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
ihm verhasst, denen ausgeliefert zu sein, die Magie benutzen konnten. Wenn es um Stärke und Schläue ging, konnte ein Mann mit einem Übermaß des einen wettmachen, was ihm vom anderen fehlte. Aber das Fehlen von Magie ließ sich durch nichts wettmachen.
Frustriert hob er einen Kieselstein vom Boden auf und sagte, wie Eragon ihn gelehrt hatte: »Stenr rïsa.« Der Kieselstein bewegte sich nicht.
Der Kieselstein bewegte sich nie.
Er schnaubte und warf ihn an den Straßenrand.
Seine Frau und sein ungeborenes Kind waren hier bei den Varden und er konnte nichts tun, um Murtagh oder Galbatorix zu töten. Er ballte die Fäuste und stellte sich vor, damit etwas zu zertrümmern. Am besten Knochen.
Vielleicht sollten wir fliehen. Es war das erste Mal, dass ihm dieser Gedanke kam. Er wusste, dass es im Osten jenseits von Galbatorix’ Einflussbereich Länder gab – fruchtbare Ebenen, in denen nur Nomaden lebten. Wenn die anderen Dorfbewohner ihn und Katrina begleiteten, konnten sie neu anfangen, frei vom Imperium und Galbatorix. Als er länger darüber nachdachte, wurde ihm jedoch übel. Damit würde er Eragon, seine Männer und das Land, das er Heimat nannte, im Stich lassen. Nein. Ich werde nicht erlauben, dass unser Kind in eine Welt geboren wird, in der Galbatorix noch an der Macht ist. Besser sterben, als in Furcht leben.
Natürlich löste das immer noch nicht das Problem, wie sie Urû’baen erobern sollten. Sonst hatte es immer eine Schwäche gegeben, die er hatte nutzen können. In Carvahall war es das Unvermögen der Ra’zac gewesen, zu verstehen, dass die Dorfbewohner kämpfen würden. Als er mit dem Urgal Yarbog gerungen hatte, waren es die Hörner der Kreatur gewesen. In Aroughs waren es die Kanäle gewesen. Aber hier in Urû’baen sah er keinen Ansatzpunkt, keinen Ort, an dem er die Stärke seines Gegners gegen ihn richten konnte.
Wenn wir genug Vorräte hätten, würde ich warten und sie aushungern. Das wäre der beste Weg. Alles andere ist Wahnsinn. Aber er wusste, dass der Krieg ein Verzeichnis des Wahnsinns war.
Magie ist die einzige Möglichkeit, entschied er schließlich. Magie und Saphira. Wenn wir Murtagh töten können, dann werden sie oder die Elfen uns über die Mauern helfen müssen.
Er runzelte die Stirn und hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Dann beschleunigte er seinen Schritt. Je schneller sie das Lager aufschlugen, desto besser. Seine Füße waren wund gelaufen, und wenn er in einem verrückten Sturm auf diese Stadt sterben musste, dann wollte er vorher zumindest eine heiße Mahlzeit und eine ordentliche Nacht Schlaf.
Die Varden hatten ihre Zelte eine Meile von Urû’baen entfernt aufgeschlagen, an einem kleinen Bach, der in den Ramr floss. Anschließend begannen die Menschen, Zwerge und Urgals, das Lager zu befestigen, eine Arbeit, die bis zum Einbruch der Nacht fortgesetzt und am Morgen wieder aufgenommen werden würde. Solange sie an einem Ort blieben, verstärkten sie eigentlich laufend die Befestigungsanlagen, die ihr Lager schützten. Die Krieger verabscheuten diese Arbeit, aber es gab ihnen etwas zu tun und vor allem konnte es ihnen das Leben retten.
Alle dachten, die Anweisungen dazu und zu allem anderen kämen von Eragon. Roran wusste, dass nur ein Trugbild durch das Lager lief und in Wirklichkeit Jörmundur die Befehle erteilt hatte. Seit Nasuadas Entführung und Eragons Aufbruch hatte er gelernt, den älteren Krieger zu respektieren. Jörmundur hatte fast sein Leben lang gegen das Imperium gekämpft und er besaß ein tiefes Verständnis für Taktik und Logistik. Er und Roran kamen gut miteinander aus. Sie waren beide Männer des Stahls, nicht der Magie.
Und dann war da noch König Orrin, mit dem Roran – nachdem die einfachsten Maßnahmen zur Befestigung des Lagers in die Wege geleitet worden waren – gerade einmal wieder in einen Streit verwickelt war. Orrin reizte ihn immer wieder aufs Neue. Wenn irgendjemand dafür sorgte, dass sie umgebracht wurden, dann war er es. Roran wusste, dass die Beleidigung eines Königs nicht das Gesündeste war, was man tun konnte, aber der Narr wollte einen Boten an die Tore Urû’baens schicken und eine förmliche Herausforderung aussprechen, wie sie es in Dras-Leona und Belatona getan hatten.
»Wollt Ihr Galbatorix etwa provozieren?«, knurrte Roran. »Wenn wir das tun, könnte er möglicherweise reagieren!«
»Natürlich«, erwiderte König Orrin und richtete sich auf. »Es ist nur recht und billig, dass wir unsere Absichten
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