Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
großen Höhen gewesen, und während die Männer und Urgals unter ihm kleiner wurden, fühlte er sich zunehmend unbehaglich. Es wurde noch schlimmer, als er den Teil der Leiter erreichte, der flach an der Mauer anlag, denn er konnte die Hände jetzt nicht mehr ganz um die Sprossen legen und fand auch keinen sicheren Tritt mehr. Nur die ersten Zoll seiner Stiefel passten auf die mit Rinde bedeckten Äste und er musste sich vorsichtig bewegen, um nicht abzurutschen.
Ein Speer flog an ihm vorbei, so nah, dass er den Luftzug auf seiner Wange spürte.
Er fluchte und kletterte weiter.
Als er weniger als vier Armlängen von den Zinnen entfernt war, beugte sich ein Soldat über den Rand und sah ihm direkt in die Augen.
»Uuaah!«, schrie Roran und der Soldat zuckte zusammen und wich zurück. Bevor er sich von dem Schreck erholen konnte, zog Roran sich die restlichen Sprossen hoch, sprang über die Zinnen und landete auf dem Wehrgang der Mauer.
Der Soldat stand mehrere Fuß von ihm entfernt und hielt ein kurzes Bogenschützenschwert in der Hand. Er hatte den Kopf zur Seite gedreht und rief einer Gruppe von Soldaten weiter unten an der Mauer etwas zu.
Rorans Schild ruhte noch immer auf seinem Rücken, daher schwang er seinen Hammer nach dem Handgelenk des Mannes. Ohne den Schild, das wusste Roran, würde er Mühe haben, einen ausgebildeten Schwertkämpfer abzuwehren. Das sicherste Vorgehen wäre, seinen Gegner so schnell wie möglich zu entwaffnen.
Der Soldat erkannte, was er vorhatte, und parierte den Schlag. Dann stach er Roran in den Bauch.
Oder vielmehr versuchte er es. Eragons Zauber bremsten die Spitze der Klinge einen Viertelzoll vor Rorans Magengrube ab. Roran stöhnte überrascht auf, dann stieß er die Klinge beiseite und zertrümmerte dem Mann mit drei schnellen Schlägen den Schädel.
Wieder fluchte er. Kein guter Anfang.
Entlang der Mauer versuchten weitere Varden, über die Zinnen zu klettern. Nur wenigen gelang es. Oben an fast jeder Leiter warteten bereits Soldaten, und ständig strömten neue aus der Stadt auf die Mauer hoch.
Auf einmal stand Baldor neben ihm – er war auf derselben Leiter hochgeklettert wie Roran – und zusammen liefen sie auf eine von acht Soldaten bemannte Speerschleuder zu. Sie war unten an einem der Türme festgemacht, die sich alle zweihundert Fuß aus der Mauer erhoben. Hinter den Soldaten und dem Turm sah Roran, wie das von den Elfen geschaffene Trugbild von Saphira über die Mauer flog und Feuer darauf spie.
Die Soldaten waren klug. Sie hielten Baldor und ihn mit ihren Speeren auf Abstand. Roran versuchte, einen der Speere zu fassen zu bekommen, aber der Mann, der ihn schwang, war zu schnell, und Roran wäre um ein Haar ein zweites Mal getroffen worden. Lange würden sie nicht mehr durchhalten.
Bevor die Soldaten sie überwältigen konnten, zog sich ein Urgal hinter den acht Feinden über die Mauer, senkte den Kopf und griff mit lautem Gebrüll an. Der Urgal schwang seine eisenbeschlagene Keule, traf einen der Männer an der Brust und brach ihm die Rippen, den nächsten traf er an der Hüfte und brach ihm das Becken. Beide Verletzungen hätten die Soldaten kampfunfähig machen sollen, aber als der Urgal an ihnen vorbeistürmte, rappelten die beiden Männer sich hoch, als sei nichts geschehen, und rammten dem Urgal ihre Klingen in den Rücken.
Roran unterdrückte einen Fluch. »Wir werden ihnen den Schädel einschlagen oder den Kopf abtrennen müssen«, knurrte er Baldor zu. Ohne die Soldaten aus den Augen zu lassen, rief er den Varden hinter ihnen zu: »Sie spüren keinen Schmerz!«
Über der Stadt krachte die falsche Saphira gegen einen Turm. Alle außer Roran hielten inne, um hinzuschauen. Er wusste ja, was die Elfen taten.
Roran sprang vorwärts und tötete einen der abgelenkten Soldaten mit einem Schlag gegen die Schläfe. Er benutzte seinen Schild, um den nächsten Soldaten zur Seite zu stoßen. Dann war er so nah, dass sie ihre Speere nicht mehr einsetzen konnten, und sein Hammer machte kurzen Prozess mit ihnen.
Sobald er und Baldor den Rest der Soldaten an der Speerschleuder getötet hatten, blickte Baldor ihn mit verzweifelter Miene an. »Hast du gesehen? Saphira …«
»Es geht ihr gut.«
»Aber …«
»Mach dir keine Sorgen. Es geht ihr gut.«
Baldor zögerte, dann gab er sich mit Rorans Worten zufrieden und sie eilten auf die nächste Gruppe Soldaten zu.
Kurz darauf erschien Saphira – die echte Saphira – über dem südlichen Teil der Mauer und
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