Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Freunde. Denkt an eure Familien, an eure Eltern, eure Ehefrauen und eure Kinder. Kämpft wacker, denn wir kämpfen für sie. Wir kämpfen für die Freiheit!«
Die Männer brüllten begeistert.
Roran gab ihnen einen Augenblick, um sich in den Kampfrausch zu steigern, dann hob er die Hand und rief: »Schilde!« Wie ein Mann hockten die Krieger sich hin, hoben ihre Schilde und bedeckten sich und ihre Gefährten, sodass es wirkte, als sei die Mitte des improvisierten Rammbocks eingehüllt in einen Schuppenpanzer, der dem Bein eines Riesen als Rüstung dienen könnte.
Zufrieden sprang Roran von dem Schieferhaufen und sah Carn, Baldor und die vier anderen Männer an, mit denen er von Belatona hergeritten war. Der Jüngste, Mandel, wirkte besorgt, aber Roran wusste, dass seine Nerven nicht versagen würden.
»Bereit?«, fragte er und sie alle bejahten.
Dann lachte Roran, und als Baldor wissen wollte, warum, sagte er: »Wenn mich nur mein Vater jetzt sehen könnte.«
Und Baldor lachte ebenfalls.
Roran behielt den Kopf der Flutwelle genau im Auge. Sobald er die Stadt erreichte, würden die Soldaten möglicherweise bemerken, dass etwas nicht stimmte, und Alarm schlagen. Er wollte, dass sie Alarm schlugen, aber nicht aus diesem Grund. Daher gab er Carn ein Zeichen, sobald er glaubte, dass die Welle noch ungefähr eine Minute von Aroughs entfernt war, und befahl: »Schick ihnen das Signal.«
Der Magier nickte und beugte sich vor. Seine Lippen bewegten sich, während sie die seltsamen Laute der alten Sprache bildeten. Nach einigen Momenten richtete er sich auf und erklärte: »Erledigt.«
Roran spähte nach Westen. Dort standen auf dem freien Feld vor dem Nordtor von Arough die Speerschleudern, Katapulte und Belagerungstürme der Varden. Die Belagerungstürme rührten sich nicht, aber die anderen Kriegsmaschinen wurden in Gang gesetzt und schleuderten ihre Speere und Steine in hohem Bogen gegen die makellosen weißen Mauern der Stadt. Und er wusste, dass fünfzig seiner Männer auf der entgegengesetzten Seite der Stadt gerade jetzt die Trompeten bliesen, Kriegsrufe brüllten, brennende Pfeile abfeuerten und alles in ihrer Macht Stehende taten, um die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf sich zu lenken und den Eindruck zu erwecken, als versuche eine viel größere Streitmacht, die Stadt zu stürmen.
Eine tiefe Ruhe überkam Roran.
Gleich würde die Schlacht beginnen.
Männer würden sterben.
Er konnte einer von ihnen sein.
Dieses Wissen machte seinen Kopf klar und jede Spur von Erschöpfung war wie weggeblasen, zusammen mit dem schwachen Zittern, das ihn seit dem Anschlag auf sein Leben vor wenigen Stunden geplagt hatte. Nichts war so belebend wie das Kämpfen – nicht Essen noch Lachen noch eigener Hände Arbeit, nicht einmal die Liebe –, und obwohl er es hasste, konnte er nicht leugnen, wie viel Macht es über ihn hatte. Er hatte niemals ein Krieger werden wollen, aber er war einer geworden und entschlossen, alle zu bezwingen, die sich ihm entgegenstellten.
Roran kauerte sich hin und sah zwischen zwei scharfkantigen Schieferplatten hindurch auf das schnell näher kommende Tor, das ihnen den Weg versperrte. Über Wasser und jetzt – wegen der Flut – auch noch ein Stück darunter bestand das Tor aus massiven Eichenbrettern, auf denen Alter und Feuchtigkeit dunkle Flecken hinterlassen hatten. Weiter unter der Wasseroberfläche befand sich das Gitter aus Eisen und Holz, ganz ähnlich einem Fallgitter, durch das das Wasser ungehindert strömen konnte. Der obere Teil würde schwerer zu durchbrechen sein, aber er vermutete, dass die langen Phasen im Wasser das Gitter geschwächt haben könnten. Wenn erst ein Teil davon weggerissen war, würde es erheblich einfacher sein, durch die Eichenbretter darüber zu brechen. Daher hatte er zwei kräftige Baumstämme unter dem ersten Lastkahn anbringen lassen. Da der Kahn tief im Wasser lag, würden die Stämme die untere Hälfte des Tors im gleichen Moment rammen wie der Bug des vordersten Lastkahns die obere Hälfte.
Es war ein schlauer Plan, aber er hatte keine Ahnung, ob er wirklich funktionieren würde.
»Ganz ruhig«, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu irgendjemand anders, als das Tor immer näher kam.
Die Männer am Heck fuhren fort, das Gefährt mit ihren Stangen zu lenken, aber alle übrigen hatten sich unter den Panzer aus sich überlappenden Schilden zurückgezogen.
Die Öffnung des Torbogens ragte hoch über ihnen auf wie der Eingang zu einer Höhle. Als
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