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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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setzte sein professionelles Gesicht auf und sah ihn eindringlich an.
Immer wieder nach
so
etwas fragen, auch wenn
es
längst als bekannt gilt. Das gehört dazu,
bedeutete das. Das sollte Assad jetzt erst mal verinnerlichen.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Uffe allein zu Hause bleiben konnte«, warf er dann ein.
    »Aber ja doch.« Sie sah jetzt etwas froher aus. »Nur nicht sehr spät am Abend.«
    An dem Punkt wünschte sich Carl zurück an seinen Schreibtisch unten im Keller. Jahrelang hatte er den Menschen alle Informationen mühsam entlocken müssen, jetzt war er müde. Noch zwei Fragen, dann mussten sie zusehen, dass sie weiterkamen. Der Fall Merete Lynggaard war von Anfang an eine Totgeburt. Sie war über Bord gegangen. So was passierte.
    »Und es hätte auch leicht zu spät sein können, wenn ich ihr den Brief nicht hinterlegt hätte«, fuhr die Frau fort.
    Er sah, dass sie seinem Blick auswich. Und nicht in Richtung der kleinen Puddingteilchen.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, sie ist doch am nächsten Tag gestorben, oder?«
    »Aber daran haben Sie doch eben nicht gedacht?«
    »Doch.«
    Neben ihm legte Assad sein Teilchen zurück auf den Teller.
    Er hatte ihr Ausweichmanöver offenbar ebenfalls registriert. »Sie dachten an etwas anderes, das sieht man Ihnen doch an. Was meinten Sie damit, es hätte zu spät sein können?«
    »Nur das, was ich gesagt habe. Dass sie am nächsten Tag starb.« Carl sah den backfreudigen Hausbesitzer an. »Können wir mit Helle Andersen kurz allein reden?«
    Der Mann sah wenig erfreut aus, und das galt auch für Helle Andersen. Sie strich ihren Kittel glatt, aber das änderte natürlich auch nichts.
    »Nun sagen Sie schon, Helle.« Als der Antiquitätenhändler aus dem Zimmer getrippelt war, beugte Carl sich vertraulich zu ihr hinüber. »Falls Sie bisher irgendetwas für sich behalten haben, ist es jetzt höchste Zeit, uns darüber zu informieren. Das ist Ihnen doch klar?«
    »Da war sonst nichts.«
    »Haben Sie Kinder?«
    Sie zog die Mundwinkel herunter. »Was hat das mit dem Fall zu tun?«
    »Okay, Helle.« Sein Ton war jetzt deutlich weniger entgegenkommend. »Sie haben den Brief geöffnet.« Erschrocken zuckte sie zurück.
    »Das habe ich nicht!«
    »Also, Helle Andersen, Sie wissen, was auf Meineid steht?«
    Für ein Mädchen vom Lande reagierte sie erstaunlich fix. Sie schlug die Hände vors Gesicht, schob die Füße unters Sofa, zog das Zwerchfell ein - als wollte sie einen größeren Abstand zu diesem Polizisten herstellen. »Ich hab ihn nicht aufgemacht!«, rief sie sichtlich eingeschüchtert. »Ich hab ihn nur ... vors Licht gehalten.«
    »Und was stand da?«
    Sie zog die Augenbrauen so stark zusammen, dass sie sich über der Nasenwurzel trafen. »Da stand doch bloß: >Gute Reise nach Berlin.<«
    »Wissen Sie, was sie in Berlin vorhatte?«
    »Das war nur zum Vergnügen, ein Ausflug mit Uffe, das haben sie öfter gemacht.«
    »Warum war es denn dann wohl so wichtig, ihr eine gute Reise zu wünschen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wer wusste denn von der Reise, Helle? Merete lebte doch mit Uffe sehr zurückgezogen, soweit ich das sehe.«
    Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht jemand von den Kollegen im Folketing? Ich hab keine Ahnung.«
    »Würde derjenige nicht einfach eine E-Mail schreiben?«
    »Ich weiß es doch nicht.« Sie fühlte sich sichtlich unter Druck. Vielleicht log sie. Vielleicht ließ sie sich aber auch einfach nur leicht unter Druck setzen? »Es könnte jemand von der Gemeinde gewesen sein«, schlug sie vor.
    »>Gute Reise nach Berlin<, stand da. Und was sonst noch?«
    »Nichts sonst. Ganz ehrlich.«
    »Keine Unterschrift?«
    »Nein, nur das.«
    »Und der Überbringer, wie sah der aus?«
    Ihr Gesicht war immer noch halb hinter ihren Händen verborgen. »Er hatte einen schicken Anzug an«, kam es leise.
    »Mehr haben Sie nicht gesehen? Das kann doch nicht angehen.«
    »Nein, also, er war größer als ich, obwohl ich eine Stufe höher stand als er, weil er ja vor der Tür war. Und dann hatte er einen grünen Schal umgebunden. Das Kinn war nicht ganz bedeckt, aber der größte Teil des Mundes. Es regnete ja, also wahrscheinlich deshalb. Er war auch ein bisschen erkältet, jedenfalls klang er so.«
    »Hat er geniest?«
    »Nein, seine Stimme klang nur so. Er nuschelte.«
    »Die Augen, braun oder blau?«
    »Soviel ich weiß blau. Also, glaube ich. Vielleicht waren sie auch grau. Ich würde sie wiedererkennen.«
    »Wie alt war er?«
    »In meinem Alter, glaube

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