Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
Chinesisch.
Pioneer nickte, brauchte aber einen Moment, bis er verstand, dass sie nach dem Schlüssel fragte. Er reichte ihn ihr und wollte schon sagen, wo der Wagen stand, bis ihm klar wurde, dass sie das mit Sicherheit bereits wusste.
Roland sah chinesischer aus als dessen Frau. »Ich bedaure, dass ich Sie nicht besser kennenlernen kann«, sagte Roland in perfektem Chinesisch. »Vielleicht haben wir bald die Gelegenheit, uns in den Vereinigten Staaten zu unterhalten.«
»Das hoffe ich«, entgegnete Pioneer. »Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Aber Sie könnten verhaftet werden. Warum tun Sie das für mich?«
Roland grinste. »Die Direktorin sagt, Risiko gehört zu unserem Beruf. Damit müssen wir also leben. Und Sie haben es verdient.«
»Ich danke Ihnen.« Die Worte drückten bei Weitem nicht das aus, was er wirklich empfand.
»Danken Sie uns, wenn Sie aus China draußen sind«, sagte Roland. Pioneer nickte und lächelte. Roland drehte sich zu Kyra. »Wir gehen zuerst«, fuhr er auf Englisch fort. »Geben Sie uns zehn Minuten, um die Verfolger auf uns zu lenken. Sie erhalten einen Anruf – es klingelt nur ein Mal –, wenn das MSS vorher herausfindet, was los ist. Wenn das passiert, rennen Sie los. Welche Treppe sind Sie heruntergekommen?«
»Die auf der Westseite«, antwortete Kyra.
»Ist Ihnen jemand begegnet?«, fragte Roland.
Kyra nickte. «Wir mussten auf der fünften Etage die Hausseite wechseln.«
»Wir nehmen den Fahrstuhl in der Mitte des Flurs nach unten. Sie werden denken, dass Sie vom Treppenhaus aus dorthin gegangen sind. Nehmen Sie das Treppenhaus auf der Ostseite. Draußen gehen Sie nach links, einen Straßenblock weit, dann quer durch den Park in Richtung Norden. Auf der anderen Seite wartet ein Taxi«, erklärte Roland. »Der Fahrer gehört zu uns.«
»Verstanden«, bestätigte Kyra. »Die Zeit läuft.«
»Wir sehen uns in den Staaten«, versicherte Roland ihr. »Bereit, mit mir zum Abendessen und ins Kino zu gehen, Schatz?«
»Sechs Jahre. Du hast keine Ahnung, wie bereit ich bin«, antwortete seine Frau. Sie hängte sich den roten Rucksack über die Schulter, drehte sich noch einmal zu Pioneer, legte eine Hand an seinen Hinterkopf und flüsterte etwas auf Chinesisch, das Kyra nicht verstand.
»Sie waren nie allein.«
Rebecca lächelte den Mann an und ergriff seine Hand, als seine Fassade Risse bekam und er zu schluchzen begann. Sein Körper bebte, er bedeckte sein Gesicht, versuchte, die Scham zu verbergen, die er spürte, weil er vor einer Frau weinte. Er befürchtete, in sich zusammenzusinken, als Rebecca eine Hand auf seine Schulter legte und ihn zu sich heranzog, ihn schweigend umarmte, bis er sich wieder gefangen hatte. Jahrzehntelang hatte er seine Gefühle kontrolliert, jetzt brauchte er nur eine Minute dazu.
Sie trat zurück und ergriff Rolands Hand, um mit ihm als Ehemann die Wohnung zu verlassen. Kyra schloss die Tür und sah auf ihre Armbanduhr. Die nächsten zehn Minuten würden sehr lange dauern.
Als die Zeit abgelaufen war, ohne dass das Telefon geklingelt hatte, nahm Kyra Pioneer an der Hand und rannte mit ihm los.
Marriott Hotel, Zimmer 745
3C Chongwenmen-Wai-Strasse
Chongwen-Distrikt, Peking
Die Hotelsuite, die Mitchell organisiert hatte, war größer und hübscher, als Jonathan erwartet hatte. Die US-Regierung legte auf Extravaganz in der Regel keinen Wert, wenn sie Reisekosten bezahlen musste, doch der NCS hatte seine eigenen Standards. Die Analysten hatten Geschichten – übertriebene, wie er gedacht hatte – darüber gehört, wie einige Führungsoffiziere im Ausland lebten, doch dieses Zimmer hier überbot alles. Die Suite bestand aus einem sehr großen Wohn- und Essbereich, der durch eine Theke von einer kleinen Küche abgetrennt war, und einem Schlafzimmer mit einer Schiebetür mit Milchglasscheiben. Jonathan schob die schweren, weißen Vorhänge einen Spalt auseinander, was reichte, um sich von dem Anblick auf die Verbotene Stadt inspirieren zu lassen. Auf der Speisekarte wurden klassische italienische Küche und typische chinesische Gerichte angeboten. Es hatte alles hervorragend geschmeckt. Und einen so großen Plasmafernseher wie den an der Wand neben sich würde er sich nie leisten können. Mitchell hatte die Lautstärke so laut aufgedreht, dass er sowohl Jonathan als auch denjenigen auf die Nerven ging, die vielleicht versuchten, über Wanzen mitzuhören. Jonathan würde sich auf seinen Privatreisen gerne solche Zimmer leisten können, weil
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