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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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sich fragte, ob die Chinesen mit dieser knappen Zeitangabe nicht Schindluder getrieben hatten. Cooke bezweifelte nicht, dass die Bauarbeiter nicht bezahlt worden waren, dennoch hatten sie hervorragende Arbeit geleistet. Wie in einem Konzertsaal erstreckten sich im Halbkreis zwei Balkons, die nicht von Säulen gestützt wurden, die den Blick der Teilnehmer auf die riesige Bühne blockiert hätten. Ein ausladendes rotes Transparent umrahmte das Politbüro und andere Parteiführer auf dem Podium, zehn chinesische Flaggen standen an der Wand hinter ihnen. Dieses Bild sollte dem Betrachter die Pracht des Staates vermitteln, was bestens funktionierte, selbst bei Menschen wie Kathryn Cooke, deren Ehrfurcht sich aber dank ihres Wissens über den chinesischen Staat in Grenzen hielt.
    Die Akustik in der Halle war angesichts der Ausmaße bemerkenswert, doch die Zuhörer schwiegen. Tian erhob sich von seinem Platz und trat nach vorn ans Podium, wo er den Blick gelassen über den Saal gleiten ließ.
    »Diese Halle lässt die Senatskammer auf dem Kapitolshügel aussehen wie ein Hörsaal an der Uni. Sie wirkt wie ein Stadion, das für die Politik gebaut wurde«, sagte Kyra.
    »Die Redewendung, Politik sei ein blutiger Sport, stammt bestimmt von einem Chinesen«, erwiderte Cooke.
    Der Präsident der Volksrepublik China blickte auf seinen Text und begann, ingemäßigtem Ton zu sprechen. Dolmetscher mit Kopfhörern schauten in ihren geschlossenen Kabinen auf ihre Unterlagen, um die Rede synchron zu übersetzen. Das vierte Programm des chinesischen Zentralfernsehens CCTV sendete ausschließlich auf Englisch, um seine Worte vor allem an die in seinem Land lebenden Westler zu richten.
    In geübter Weise, ruhig und ähnlich offiziell wie Dunne gegenüber im Büro in Zhongnanhai, richtete Tian ein paar Nettigkeiten an sein Land, wie es sich für ein Staatsoberhaupt gehörte. Die meisten Menschen wären schon nervös, wenn sie vor den wenigen tausend Zuhörern in der Großen Halle sprechen müssten, doch Tian wusste, dass noch viel mehr Menschen zusahen. In Wahrheit sprach er nur zu einem einzigen. Auch im Weißen Haus standen Fernseher.
    Schließlich wechselte Tian mit ernstem Blick zum eigentlichen Thema. »Mit größtem Bedauern und Widerwillen habe ich diese Sondersitzung des Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas einberufen. Vor vier Tagen verhaftete die Regierung von Taiwan acht Staatsbürger der Volksrepublik China unter dem Vorwurf der Spionage. Mir wurde versichert, diese Verhaftungen erfolgten mit dem vollen Wissen und der Zustimmung von Präsident Liang höchstpersönlich. Wir haben gebeten, uns über den Gesundheitszustand und die Sicherheit der Gefangenen zu informieren, doch selbst diese Freundlichkeit wurde uns verweigert.«
    Büro der CIA-Direktorin
    »So wollte ich meinen Tag nicht beginnen«, sagte Cooke. »Es wäre nett, wenn der Präsident sich dafür einsetzte, dass Liang alle zu personae non gratae erklärt und sie zurück nach Peking schickt.«
    »Unwahrscheinlich«, erwiderte Jonathan. »Wegen der Ein-China-Politik ist das, was Tians Jungs getan haben, für Tian nicht verboten, geschweige denn ein Akt der Spionage.«
    »Damit werden wir an der kurzen Leine gehalten«, bemerkte Kyra. »Ich wette, Tian gefällt das so.«
    »Das passiert, wenn man seine Außenpolitik auf einer Lüge aufbaut«, sagte Jonathan. »Und je länger wir bei der Lüge bleiben, desto schlimmer ist es, wenn wir schließlich einen Rückzieher machen.«
    »Es ist besser, Frieden zu wahren, damit China und Taiwan die Angelegenheit durch Diplomatie klären können«, überlegte Cooke laut.
    »Sie gehen davon aus, dass sich die Angelegenheit durch Diplomatie klären lässt«, korrigierte Jonathan sie.
    Peking
    Mitchell holte tief Luft, bereute es aber im gleichen Moment. Die Pekinger Luft war schlimmer als der Dreck über seiner Heimatstadt Los Angeles, und das war für sich genommen schon beeindruckend. Der Dunst am Himmel an seinem ersten Abend in Peking drei Jahre zuvor hatte bedrohlich gewirkt, bis einer der Botschaftsangestellten erklärt hatte, die dunklen Wolken am Horizont hätten nichts mit Regen zu tun.
    Mitchell ärgerte sich über seinen Mangel an mentaler Disziplin und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Verfolger auszumachen, während er selbst im Wagen saß, erforderte höchste Konzentration, auch wenn sie an diesem Abend nicht nötig war. Offiziell hatte er sich entschlossen, seine Fahrt während Tians Rede zu

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