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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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Rückspiegel als vor sich auf die Straßen achten musste. Doch Mitchell hatte die Sache voll im Griff, da ihm die Russen zahllose Gelegenheiten zum Üben gegeben hatten.
    Mindestens fünf Fahrzeuge waren mit ihm um die letzten drei Kurven gebogen. Er war sich nicht sicher, welche zur Staatssicherheit gehörten, doch es würden mindestens zwei, vielleicht auch drei sein. Damit hatte er kein Problem. Sein einziges Ziel an diesem Abend war die Tankstelle.
    Pioneer stand vor dem Hauptstadttheater und blickte dem Verkehr entgegen, als wolle er ein Taxi anhalten. Für eine solche Art von Operationen war dies sein bevorzugter Standort. Ihm gefielen die Bühnenkünste, und er war in der Lage, sich gepflegt über ein großes Spektrum an Stücken, besonders westliche Musicals, zu unterhalten. Die Musik von Les Misérables begeisterte ihn. Jean Valjeans Geschichte über einen Mann, der ein geheimes Leben führte, fühlte sich wie seine eigene an, und allein durch das Mitlesen des Librettos, wenn er die CD zu Hause hörte, hatte er sich einen Teil seiner begrenzten Englischkenntnisse angeeignet.
    Dampfwölkchen stiegen in der Kälte vor Pioneers Mund auf. Nach dem warmen Wetter vom Vortag trug er an diesem Abend einen schwarzen Mantel und einen roten Schal – nicht den blauen wie sonst –, den er sich so umgelegt hatte, dass er sein Gesicht nicht verdeckte. Bei dieser Operation brauchte er nichts zu tun, außer aus kurzem Abstand erkennbar zu sein. Er hatte kein geheimes Material dabei, und nichts an seiner Person könnte ihn im Fall einer Durchsuchung belasten. Dennoch war er angespannter als an allen anderen Abenden, an die er sich erinnerte. Höchstens der Abend, an dem er sich bei der CIA als Freiwilliger gemeldet hatte, war vergleichbar, doch damals, vor fast fünfundzwanzig Jahren, war allein seine Nervosität der Grund für den Stress gewesen. Damals hatte seine Unwissenheit zu seinen Gunsten gearbeitet, jetzt allerdings war seine Angst dank seiner gesammelten Erfahrung um ein Vielfaches stärker. Wusste die Staatssicherheit, wie oft er die Farben seiner Schals änderte, worauf die Antwort »an diesem Abend zum ersten Mal« lautete? Hoffentlich würde niemand merken, dass nicht sein Modegeschmack der Grund für den Wechsel war.
    In der Nähe des Theaters wechselte Mitchell auf die äußerste linke Spur, ein Ablenkungsmanöver, das die Staatssicherheit in den Fahrzeugen hinter ihm zwang, auf sein Auto statt auf den Bürgersteig rechts von ihm vor dem Theater zu achten. Zahlreiche Besucher, sowohl Chinesen als auch Ausländer, tummelten sich vor dem Gebäude. Gerne hätte Mitchell den Wagen geparkt und eine Eintrittskarte gekauft, egal, was auf dem Spielplan stand. The Monkey King war so gut gewesen, wie die Kritiken behauptet hatten, und Mitchell überlegte, die Vorstellung mit seiner Frau noch einmal zu besuchen.
    Das Zeitfenster für das Lebenszeichen betrug fünf Minuten. Es würde keinen Kontakt zwischen ihnen geben, was es den Analysten der Spionageabwehr erschweren würde zu beweisen, dass die Nähe kein Zufall war. So jedenfalls die Theorie. Nähe könnte ausreichen, um die Staatssicherheit je nach Grad ihres Verfolgungswahns auf den Plan zu rufen, sofern sie Pioneer im Visier hatte … und die Chinesen litten weiß Gott unter Verfolgungswahn.
    Mitchell drosselte weder die Geschwindigkeit, noch drehte er den Kopf, um nach seinem Spion Ausschau zu halten. Er schielte lediglich nach rechts – und dort stand Pioneer wie vereinbart.
    Ein Lebenszeichen. Er ist immer noch frei , dachte Mitchell. Doch Pioneer trug den roten Schal, nicht den blauen. Mitchell hatte das Gefühl, sein Herz würde stehen bleiben.
    Pioneer stand unter Beobachtung.
    Er bog nach links auf die Jianguomennei Dajie, die Hauptverkehrsstraße zwischen der Verbotenen Stadt und dem Platz des Himmlischen Friedens, die beide westlich seiner Position lagen. Schweigend fuhr er nach Osten in Richtung Botschaftsviertel, betrat sein Büro, schloss die Tür hinter sich ab und wählte Barrons Nummer. Nur hier konnte er offen sprechen, weil der Raum regelmäßig auf Wanzen und andere Vorrichtungen durchsucht wurde. »Hallo, Chef«, meldete er sich.
    »Und wie lief’s?«, fragte Barron.
    »Er lebt und läuft frei herum, aber sie sind hinter ihm her«, berichtete Mitchell.
    »Warum haben sie ihn dann noch nicht weggesperrt? Besteht die Möglichkeit, dass sie es doch nicht wissen?«
    »Vielleicht, aber darauf würde ich nicht wetten. Pioneer hat uns auf den Plan

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