Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
Lautstärke weiter auf als nötig. »Unter diesen Umständen hätte ich lieber in der Botschaft übernachtet.«
»In dem Vereinsheim ist kein Platz, vermute ich«, antwortete Kyra. »Das Ministerium wird eine ganze Brigade an Auslandsdienstmitarbeitern hergeschickt haben, die Tian von seinem Vorhaben abbringen sollen.«
»Ich glaube nicht, dass sich die VBA jetzt noch von Diplomaten aufhalten lässt«, erwiderte Jonathan. »Wissen unsere Freunde, dass wir kommen?« Staatstelegramme von der Zentrale zu den CIA -Außenstellen wurden nicht immer rechtzeitig gelesen, egal, wie sie gekennzeichnet waren.
»Müssten sie«, antwortete Kyra.
»Rufen Sie an der Rezeption an und bestellen Sie ein Taxi, das uns in einer Stunde hinfährt.«
»Dann bis nachher.« Sie ging zur Tür zwischen ihren Zimmern. »Und duschen nicht vergessen.«
»Und Sie legen sich nicht hin«, warnte er. »Ich möchte Sie nicht wecken müssen.«
US-Botschaft
Peking, China
»Im Moment passt es nicht«, wollte Mitchell sie abwimmeln. Stryker war Führungsoffizierin, oder zumindest gewesen, womit sie formal auf Mitchells Seite der CIA -Trennmauer stand. Doch sie gehörte nicht zu seinen Offizieren, und sie war in Begleitung eines Analysten. Beides machte sie verdächtig.
»Wann passt es dann?«, fragte Kyra ungeduldig.
»Nach dem Krieg.«
»So lange können wir nicht warten«, meldete sich Jonathan zu Wort. Er hatte schon mit genug NCS -Offizieren zu tun gehabt und wusste, dass Mitchell es ernst meinen könnte.
»Peking bietet im Moment keine sichere Operationsumgebung.«
»War das in dieser Stadt jemals anders?«, fragte Kyra.
»Nein«, gab Mitchell zu. »Aber die Einheimischen sind auf Tour. Sie jagen jeden, der die Botschaft ohne den Botschafter verlässt. Meine Führungsoffiziere werden auf der Straße belästigt. Es ist schon eine größere Operation, einem unserer lokalen Spione eine Nachricht zukommen zu lassen, geschweige denn, sich mit ihnen zu treffen. Und jetzt bekomme ich diese« – er wedelte mit dem Staatstelegramm der CIA -Zentrale in der Luft – »Anweisung, Sie mit Pioneer zusammenzubringen, einen Menschen, von dem Sie überhaupt nichts wissen sollten. Kathy Cooke hat gesagt, Sie müssen mit ihm sprechen. Befehl ist Befehl, aber ich würde doch gerne wissen, wie Sie ihn ausfindig gemacht haben.«
»Das ist im Moment nicht relevant«, wehrte Jonathan ab.
»Aber relevant ist im Moment, ob ich Sie mit ihm zusammenbringen kann.«
»Ist das Überwaschungsnetz so eng?«, wollte Kyra wissen.
Mitchell ließ das Staatstelegramm auf den Schreibtisch fallen und sank gegen seine Stuhllehne. »Er ist aufgeflogen«, gestand er.
Kyra sah Mitchell überrascht an. Über die durchgeführten, wahrlich beeindruckenden Sicherheitsmaßnahmen, mit denen Pioneer geschützt wurde, hatte sie in den Unterlagen gelesen. Einen Informanten durch Pech und Zufall zu verlieren war schlimm genug, doch es passierte. War der Informant durch einen Einsatzfehler aufgeflogen, würde auch die Karriere eines Mitarbeiters beendet sein.
»Wie das?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete Mitchell. »Wir haben ein Lebenszeichen erhalten, aber das war der einzige direkte Kontakt in den letzten zwei Wochen. Wir haben ein paar Infos in toten Briefkästen verloren. Ich weiß nicht, ob die Staatssicherheit oder ein Dritter, der zufällig dort war, sie abgefangen hat. Das kann passieren, wäre aber riesiges Pech angesichts all dessen, was im Moment vor sich geht.«
Jonathan runzelte die Stirn. »Das begann gleichzeitig mit der verstärkten Beobachtung und Verfolgung?«
»Beides begann ungefähr zur gleichen Zeit. Ob es einen Zusammenhang gibt, weiß ich nicht, und im Moment ist mir das nicht sonderlich wichtig. Das herauszufinden überlasse ich euch Analysten. Mir ist wichtig, ihn außer Landes zu schaffen, ohne meine Offiziere auffliegen zu lassen. Die Zentrale schreit nach Informationen, die ich nicht liefern kann, wir haben unseren besten Spion verloren, den sich die Staatssicherheit jederzeit unter den Nagel reißen könnte. Wenn sie es tun, werden sie auf der Titelseite der Volkszeitung darüber berichten, und dann werden unsere anderen Spione schlussfolgern, dass wir sie nicht schützen können, das heißt, sie werden aussteigen. Also, nichts für ungut, aber ich habe größere Sorgen, als ein Treffen zu organisieren, bei dem Pioneer getötet und Sie verhaftet werden könnten. Ich täte Ihnen einen Gefallen, wenn ich Ihre Bitte einfach ablehnen würde, egal ob
Weitere Kostenlose Bücher