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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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sagt, er ist gerne mit mir gemeinsam hier. Wir sind nämlich beide elternlos und verstoßen, daher müssen wir auch zusammenhalten.«
    »So redet also Cor Keto mit dir?« Lyonel nickte. »Und er hat dir gesagt, dass ihr Freunde seid und dass er gerne mit dir hier ist?«
    Der Junge nickte wieder, sah aber dabei unglücklich aus. »Ja, das hat er, und ich habe es geglaubt, weil ich es glauben wollte. Ich habe einmal eine sehr schlimme Erfahrung mit meiner Mutter gemacht, seitdem habe ich mich vor allem und jedem versteckt, bis Cor Keto mich gefunden hat. Früher konnte ich auch seine Gedanken und Gefühle erspüren, aber mit den Jahren hat er gelernt, sich gegen mich abzuschotten. So kann ich auch nur auf sein Wort vertrauen.«
    »Du hast wirklich die Macht, mit einer Berührung alles zu sehen und zu fühlen, was dein Gegenüber sieht und fühlt?«
    »Ja, wie ich es bei dir gemacht habe. Daher weiß ich auch, dass du es ehrlich mit mir meinst. Dein Geist hat mich auch gelehrt, was eine Drachentochter wirklich ist.« Er stockte. »Das heißt aber auch, dass Cor Keto mich in dem Punkt belogen hat.«
    Mit den Fingern kratzte er in der Erde. »Er hat mir vieles erzählt, was mit den Erfahrungen und Erinnerungen in deinem Kopf nicht übereinstimmt. Und in seine Gedanken hat er mich nicht reinschauen lassen.«
    Mina verstand, dass die Lebensform vor ihr zwar wie ein Junge aussah und wie ein Junge sprach, aber unmöglich einer sein konnte. Lyonel war nicht einmal ein Mensch. »Er war für dich da, als es sonst niemand war«, versuchte sie ihn zu besänftigen. »Lyonel, wie alt bist du?«
    Der Junge hörte auf, mit den Fingern in der Erde zu spielen. »Weiß nicht. Ich hatte einen schlimmen Unfall, und deshalb habe ich vieles vergessen, was davor war.«
    »Ein Unfall?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich mag nicht darüber reden. Es war eine sehr unschöne Erfahrung, und meine Mutter war sehr böse auf mich.«
    »Und seit wann kennst du Cor Keto?«
    Lyonel kratzte sich an der Nasenspitze. »Na ja, seitdem er mit seiner Familie zu mir gekommen ist, obwohl er die anderen Drachen gar nicht mehr als seine Familie sieht. Ich weiß nicht, wieso er das tut. Ich wäre dankbar, wenn ich wieder eine Familie hätte.«
    Mina setzte sich auch ins Gras. Vorsichtig strich sie eine weiße Haarsträhne hinter ihr Ohr. Sie wollte den Jungen aus der Reserve locken und fragte: »Cor Keto ist doch ein Leviathan, oder?«
    Lyonel kicherte. »Aber er ist doch nur das, was ich aus ihm gemacht habe! Einst war er ein Drache, doch er wollte eben auch was anderes sein. Den dunklen Kontinent, wie ihr ihn nennt, kann man nicht zu Fuß oder durch die Luft verlassen, dafür hat meine Mutter gesorgt, und so blieb ihm nur der Wasserweg. Cor Keto wusste das, und deshalb bat er mich um die Verwandlung.«
    Mina wurde hellhörig. »Du hast Cor Keto von einem Drachen zu einem Leviathan gewandelt? Und deine Mutter hat den göttlichen Schutzschild erschaffen?«
    Der Junge richtete seine großen, ölschimmernden Augen auf sie. »Bist du jetzt böse auf mich? Cor Keto ist es nämlich, deshalb ist er auch auf dem Weg hierher. Ich möchte euch doch nicht beide verlieren, sonst bin ich wieder ganz allein. Ich möchte nicht mehr alleine sein …«
    Eilig blickte sich Mina um. »Cor Keto kommt hierher? Du hast doch gesagt, dass die Zeit außerhalb stillsteht, wenn ich bei dir bin.« Sie stand auf. Der Junge tat es ihr gleich. »Ja, normalerweise steht die Zeit auch außerhalb still. Das tat sie auch zuerst, aber als du zurück in den Brunnenschacht gegangen bist, hast du die Zeit wieder in Gang gesetzt.«
    »Ich bin nicht zurückgegangen, du hast mich doch zurückgeschickt, oder? Jetzt aber sind wir wieder hier.«
    Lyonel presste die Lippen aufeinander. »Ich zwinge niemanden, hier zu sein. Als du an den Brunnenschacht gedacht hast, bist du wieder dorthin gelangt. Und dass du jetzt wieder hier bist, war auch deine freie Entscheidung. So oder so ist der Lauf der Zeit wieder in Gang gekommen.«
    Mina zögerte. »Wir sind also noch am Grund des Brunnens. Und das, was ich hier sehe, ist eine Art Scheinwelt, die du mir vorgaukelst.«
    »Wenn du es so nennen willst. Hier lebe ich seit Jahrtausenden, bereits lange bevor Cor Keto mich fand und seine Festung über meinem Zuhause bauen ließ. Ich wollte, dass er alles hier unten so lässt, wie es von der Natur geformt wurde, deshalb hat er den Steinbrunnen gebaut. Er nutzt den Brunnen als Sprachrohr zu mir, wenn er keine Lust hat,

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