Erben der Macht
weshalb sie beide es vermieden, einander in diesem Zustand zu berühren. Das kam noch früh genug.
Zwar hatten sie es grundsätzlich nicht nötig, erotisierende Aufputschmittel zu benutzen, um einander zu begehren, aber das komplizierte magische Ritual, das sie durchführen mussten, um das Eine Tor zu versiegeln, verlangte unter anderem die Vereinigung ihrer Körper in einem im Moment der Sonnenwende erfolgenden Orgasmus, dessen besondere Energie ein Teil des Siegelzaubers darstellte. Ein exaktes Timing war nicht nur für diesen Part des Rituals essenziell. Erfolgte auch nur ein einziges Detail nicht zu dem Moment, an dem die Sonne wendete, würde der gesamte Siegelzauber nicht funktionieren. Immerhin würde in dem Fall das Tor auch nicht geöffnet werden, aber das löste das Problem nicht. Vor allem nicht das Problem des Risses im magischen Gefüge der Welt, der nur geschlossen werden konnte, wenn das Tor endgültig versiegelt wurde.
Sie durften nicht versagen. Um keinen Preis.
Deshalb hatten sie, unterstützt von Gressyl und Nalin, mehrere Zauber um sich gewoben, die garantierten, dass sie sich von nichts ablenken ließen, was um sie herum geschah und dass alles, was sie während des Rituals durchführen mussten, zu genau dem richtigen Zeitpunkt geschah; notfalls ohne ihr aktives Zutun, falls sie aus irgendwelchen nicht vorhersehbaren Gründen nicht mehr dazu in der Lage sein sollten, das Ritual so durchzuführen, wie sie es geplant hatten. Der kritische Moment währte zwar nur wenige Sekunden, aber die würden ausreichen, um das Ritual umzukehren. Dieses Restrisiko blieb.
Devlin lächelte ermutigend. „Bringen wir es hinter uns, Marla. Was immer auch passiert: Ich liebe dich.“
Sie nickte. „Ich weiß. Ich liebe dich auch. Und ich kann es nicht erwarten, die ganze Sache endlich abzuschließen.“
„Dann lass uns gehen.“
Er streckte ihr die Hand entgegen, zog sie aber zurück, um durch die Berührung nicht noch heftigere Gefühle in ihr und sich auszulösen, als sie beide ohnehin empfanden.
Gressyl spielte wieder den hirnlosen Idioten und öffnete ihnen die Tür. Davor warteten Bronwyns Dienerinnen Lilith, Talisha und Jessie, die sich auf ihren Wink der kleinen Prozession anschlossen. Warren und seine Gefährten würden kommen, wenn das Ritual kurz vor seiner Vollendung stand; oder falls sie spürten, dass Bronwyn in Gefahr geriet. Wahrscheinlich würde Reya spätestens dadurch Lunte riechen, aber Warren hatte ihr versichert, dass sie ihm nichts anhaben konnte und er und die Seinen Bronwyn und Devlin und auch Gressyl zuverlässig schützen würden. Sie hoffte, dass er zu seinem Wort stehen konnte.
Sie gingen in die unterirdische Höhlenhalle, in der sich das Tor befand. Bronwyn hatte mit Devlin hier unzählige Stunden verbracht, um die Magie zu studieren, die das Tor geschlossen hielt. Sie staunte immer noch, dass ein so vergleichsweise kleines Tor eine so riesige Wirkung auf letztendlich die ganze Welt haben konnte. Und nicht nur auf diese Welt, sondern auch auf die Unterwelt. Es war völlig unscheinbar, ein hellgrauer Felsen, in dem ein etwa sieben Fuß breiter und zwölf Fuß hoher, wie eine Vulva mit unregelmäßigen Rändern geformter Spalt den Eingang zu einem ebenso breiten und hohen Gang bildete, der an einer Felswand endete. Die Vegetation, die es vor dreitausend Jahren auf und um den Felsen herum gegeben hatte, existierte mangels Sonnenlicht nicht mehr und war längst zu knochentrockener Erde geworden. Die Ausstrahlung der Magie dieses Ortes war aber deutlich spürbar.
In der Halle davor hatten sich alle Dämonen und Py’ashk’huni versammelt sowie Bronwyns Naga-Berater. Die Ungeduld, die sie empfanden, war körperlich spürbar. Sie lag als ein Teppich hungriger Emotionen in der Luft, nach der Bronwyns dämonische Hälfte gierig griff. Die Zauber, mit denen sie umgeben war, verhinderten jedoch, dass sie sie tatsächlich aufnahm, denn das hätte sie unnötig abgelenkt.
Die Versammlung machte ihnen Platz und bildete eine Gasse, die zum Tor führte. Der Gedanke, dass sie alle ihr und Devlin zusehen würden, wie sie den erforderlichen Akt vollzogen, verursachte ihr starkes Unbehagen. Normalerweise wäre sie nicht in der Lage gewesen, ihn unter diesen Umständen überhaupt durchzuführen, vielmehr zum erforderlichen Höhepunkt zu gelangen, weil das Bewusstsein, bei dieser intimsten aller Handlungen beobachtet zu werden, eben das verhindert hätte. Auch deshalb hatten sie das Aphrodisiakum im
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