Erben der Macht
verzog das Gesicht, da sie wohl bitter schmeckte. Danach tat sie einen tiefen Atemzug.
„Ich komme klar, Clive.“ Ihre Stimme klang rau. „Aber ich fühle mich wie durch den Wolf gedreht.“ Sie lächelte gequält und nickte. „Nun der letzte Test.“ Sie blickte den Dämon an. „Wie ist dein richtiger Name?“
Der Dämon knurrte wütend. Wieder flammten seine Augen rot. „M-M-Morran“, quetschte er heraus.
Zaphira nickte. „Das ist sein richtiger Name, und den hätte er niemals verraten, wenn der Bann nicht wirksam wäre.“
Offenbar hatte sie das an irgendeinem Energiefluss gefühlt, den Clive nicht bemerkt hatte.
Zaphira wandte sich wieder an den Dämon. „Du wirst tun, was ich oder Clive“, sie deutete auf ihn, „dir befehlen und du wirst keinen von uns und denen, die zu uns gehören, angreifen, verletzen oder uns Schaden zufügen. Hast du das verstanden?“
„Ich werde tun, was du oder Clive mir befehl t “, bestätigte er zähneknirschend. „Ich werde niemanden, der zu euch gehört, angreifen, verletzten oder euch Schaden zufügen. Solange der Bann wirkt. Danach …“ Er blickte sie vielsagend an.
„Mehr wollen wir auch nicht“, stellte Clive klar und stellte Morran die Frage aller Fragen. „Kannst du uns alle zu dem Ort bringen, an dem das Eine Tor geöffnet werden soll? Unsichtbar und ohne dass wir bemerkt werden? Wir sind einundsiebzig.“
Wieder knurrte der Dämon. „Ja.“
„Dann wirst du das tun, sobald ich es dir befehle.“
Der Blick, den Morran ihm zuwarf, war purer Hass. „Ja.“ Gesprochen in einem Tonfall, der nicht nur ausdrückte, dass er seine Zustimmung nur unter Zwang gab, sondern der auch eine mehr als deutliche Drohung enthielt, was ihnen allen blühte, sobald Morran von dem Bann befreit wurde oder der irgendwann von selbst verging.
Clive half Zaphira, sich an die Wand zu setzen. Sie lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sie sah erschöpft aus und wirkte in diesem Moment älter als sie war. „Warte nicht auf uns, Zaphie. Erhol dich und verbrenn die Hütte, den Tempel. Danach bring dich in Sicherheit.“
Sie lächelte traurig, resigniert. „Wo wäre ich wohl in Sicherheit, Clive? Falls ihr Erfolg habt, werden die Dämonen wahrscheinlich jeden Hüter der Waage töten, den sie aufspüren können, egal , in welchem Hochsicherheitsgefängnis man unsere Leute inhaftiert hat. Und irgendwann erwischt mich das FBI. So oder so, es gibt keinen Ort, an dem ich in Sicherheit wäre.“ Sie umarmte ihn. „Ich wünschte, ich könnte mit euch kommen und euch beistehen. Aber meine magischen Kräfte sind im Moment so sehr ausgelaugt, dass ich das Gefühl habe, ich hätte sie vollständig verloren.“
Clive streichelte ihren Rücken. „Du hast genug getan. Mehr als genug. Und wenn du die Blockhütte verbrennst, nachdem wir fort sind und Mr. Bellamys Leiche mit ihr, ist das das Letzte, was du für uns getan hast. Machen wir uns keine Illusionen. Mit dem heutigen Tag gibt es die Hüter der Waage nicht mehr. Damit ist jede deiner Verpflichtungen uns gegenüber erloschen. Leb wohl, Zaphie.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Sie drückte ihn innig an sich. „Leb wohl, Clive. Viel Glück! Möge das Wohlwollen aller guten Loas mit dir sein. Mit euch allen.“
„Und mit dir.“
Clive stand auf, nahm seine Pistole in die Hand und winkte dem Dämon, ihm zu folgen. Morran gehorchte widerwillig. Die anderen, die mit im Tempel gewesen waren, schlossen sich ihnen an.
Thomas, der zusammen mit dem Rest der Streitmacht vor der Hütte wartete, wunderte sich, dass er nichts fühlte. Er sollte zumindest aufgeregt sein. Immerhin war heute der Tag, an dem sich das Schicksal der Menschen entscheiden würde. Und mit größter Wahrscheinlichkeit auch sein eigenes. Trotzdem fühlte er nichts. Nicht einmal Angst.
Samuel, der neben ihm vor dem Zelt stand, in dem sie untergebracht waren, warf ihm einen misstrauischen und mahnenden Blick zu, als wollte er ihn nachdrücklich an seine Pflicht erinnern. Thomas ignorierte ihn. Samuel hatte mit ihm seit ihrer Auseinandersetzung in Indianapolis noch mehrfach ernste Gespräche geführt, um sich zu vergewissern, dass Thomas ihm nicht in letzter Minute von der Fahne ging, war aber nicht vollständig überzeugt, dass er ganz auf seiner Seite stand. Das tat Thomas auch nicht. Er ging dennoch mit auf die Mission, denn in einem Punkt stimmte er Samuel und Clive McBride zu: Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass er sich leisten könnte, nicht mit
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