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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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Leben gelassen, die sich in ihrer Gewalt befunden hatten? Ihm gingen die Worte der Frau nicht aus dem Kopf, mit denen sie diese Großmut begründet hatte: dass sie ihre Menschlichkeit verlieren würden, wenn sie ihre Feinde ebenso gnadenlos töten würden, wie diese das mit ihnen planten. Menschlichkeit .
    An der Menschlichkeit seiner Mitbrüder, vielmehr des ganzen Ordens, hatte Thomas bereits zu zweifeln begonnen, bevor er mit den anderen nach Indien geschickt worden war. Schließlich waren die Mönche der Heiligen Flamme Gottes nicht nur hinter den beiden Halbdämonen her, sondern schickten Säuberungskommandos überall dorthin, wo die Seher einen Menschen oder ein anderes Geschöpf mit magischen Fähigkeiten ausgemacht hatten. Diese Personen wurden gnadenlos eliminiert, ganz gleich, wer sie waren oder ob sie tatsächlich eine Gefahr für die Menschen darstellten.
    Thomas hatte sich einerseits dem Orden angeschlossen, weil sein Vater, der ihm ebenfalls beigetreten war, das erwartet hatte. Zum anderen sah er sich als geistiger Nachfolger des Heiligen Georg, der den Drachen getötet hatte. Thomas hatte keine Probleme damit, Dämonen und Menschen zu töten, die Unschuldigen tatsächlich Schaden zufügten. Aber er hatte erhebliche Probleme damit, zum Beispiel ein zwölfjähriges Kind zu ermorden, dessen einziges Verbrechen darin bestand, Blumen auf magische Weise erblühen zu lassen, nur weil es mit dieser Fähigkeit rein theoretisch und unbewiesen irgendwann vielleicht mal jemandem absichtlich oder versehentlich Schaden zufügen könnte.
    Seit seiner Begegnung mit Bronwyn Kelley waren seine Zweifel zur Gewissheit geworden, dass das nicht Gottes Wille sein konnte. Aber zum Aussteigen war es zu spät. Vielmehr nicht der geeignete Zeitpunkt. Nachdem die Behörden jeden Mönch des Ordens und etliche ihrer heimlichen Sympathisanten und offenen Förderer verhaftet hatten, mussten sie sich allein durchschlagen. Zusammen mit den sieben Brüdern, die aus dem Kloster hatten fliehen können, als das FBI es mit einer SWAT-Einheit besetzt hatte. Da sie ihr Leben vollständig in den Dienst des Ordens gestellt hatten, waren sie von ihm abhängig. Keiner von ihnen besaß zunächst mehr als die Kleidung, die sie auf dem Leib getragen hatten. Erst recht kein Geld und auch keine der Kreditkarten, mit denen sie auf das Vermögen des Ordens hätten zugreifen können.
    Ein solcher Versuch hätte sie sowieso auf der Stelle verraten, weil das FBI die Konten garantiert eingefroren hatte und jeder Versuch einer Abhebung unverzüglich Alarm ausgelöst hätte. Ganz zu schweigen davon, dass keiner von ihnen Papiere besaß, weshalb Thomas sich nicht einfach absetzen konnte. Er hätte nicht gewusst, wohin er hätte gehen sollen. Und eine Masche, um legal an Papiere zu kommen, ohne dass jemand Fragen stellte, war ihm noch nicht eingefallen. Die einzige verbleibende Alternative, als Obdachloser auf der Straße zu leben, schied aus, denn es war bereits Winter. Draußen lag Schnee, und Mitte November hatte das Jahr seine größte Kälte noch nicht mal erreicht. Zumindest nicht in diesen Breiten.
    Da Thomas und seine verbliebenen elf Brüder damit rechnen mussten, dass das FBI sämtliche möglichen Kontaktpersonen wie Verwandte überwachte, konnten sie die nicht um Hilfe bitten. Zum Glück hatte Bruder Cole aus seiner Zeit als Söldner noch einen Freund in Indianapolis, dem er mal das Leben gerettet hatte. Dieser Freund wohnte gegenüber der Free Methodist Church und hatte einen Teil seines Hauses als kleines Gästehaus eingerichtet, deren Räume er und seine Frau an Touristen vermieteten. Als Cole ihn angerufen hatte, war er nur zu gern bereit gewesen, ihnen Unterkunft zu gewähren, obwohl sie ihn nicht bezahlen konnten.
    Im Haus von Bruder Coles Freund waren sie einigermaßen sicher, denn es war relativ unwahrscheinlich, dass das FBI sie hier aufstöberte, weil es nichts von der Verbindung dieses Mannes zu Cole wusste. Deshalb stellte es ein kalkuliertes Risiko dar, dass sie in der Zwischenzeit ein bisschen Geld mit Aushilfsjobs verdienten. Thomas trug Zeitungen aus – für den eigentlichen Zeitungsausträger, dem die gesamte Tour, die er abzuarbeiten hatte, zu anstrengend war, weshalb er sie mit Thomas teilte, ihm aber nicht fairerweise die Hälfte, sondern nur ein Viertel des Lohns zahlte, den er selbst dafür bekam. Egal. Es brachte ein bisschen was ein, und niemand verlangte Thomas’ Sozialversicherungsnummer.
    Während die Brüder darauf

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