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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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dem Spiel steht, jede Möglichkeit geprüft und ausgeschlossen werden sollte. Die Basis eures Handelns ist nur eine Annahme, eine Vermutung.“ Er deutete auf den Tisch, auf dem die Orakelknochen in ihrem Beutel ruhten. „Dein eigenes Orakel hat dir bestätigt, dass die beiden auf eurer Seite stehen. Statt sicherzustellen, dass das so bleibt, indem ihr euch mit ihnen verbündet, schließen sich die Hüter mit den Mönchen zusammen, um sie umzubringen.“ Er lehnte sich zurück. „Du magst das anders sehen, Sheeba, aber auf mich wirkt das, als wolltet ihr sie unter allen Umständen töten, selbst wenn es andere Möglichkeiten gibt.“
    Sheeba stellte die Tasse so heftig auf die Untertasse, dass es klirrte und ein Teil des Kaffees überschwappte. „Das ist nicht wahr, Gus!“
    „Wirklich nicht?“ Er hob die Hand, als sie fortfahren wollte. „Wenn sie reinblütige Menschen wären, die diese entsetzliche Bürde zu tragen hätten, würdet ihr sie dann auch unbesehen töten wollen? Gerade du als Wiccapriesterin solltest dir bewusst sein, was für Folgen das für euch hat. Nach deinen Glaubensgrundsätzen fällt alles, was ein Mensch tut, im Guten wie im Schlechten, dreifach auf ihn zurück. Wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten. Falls ihr damit Schaden anrichtet, wirst auch du dich durch deine Mitwirkung an der Sache vor den Göttern zu verantworten haben.“ Zufrieden bemerkte er, dass Sheebas Wut verraucht war.
    Sie blickte ihn ernst an. „Grundsätzlich hast du recht, Gus. Aber da die Dämonen die Hüter der Waage kaum freiwillig mit an den Ort nehmen, wo das Ritual stattfinden soll, damit sie die Auserwählten beim Versiegeln des Tores unterstützen und eventuell einschreiten können, falls man sie zwingen sollte, es zu öffnen – welche Möglichkeit bleibt da noch? Welche?“
    „So gesehen hast du recht“, gestand er widerstrebend. „Aber erinnere deinen Kontakt bei den Hütern bitte sehr nachdrücklich daran, dass sie nicht übereilt handeln sollen.“
    Sheeba lächelte. „Keine Sorge. Gerade er neigt nicht zu übereilten Handlungen.“
    Gus ließ es dabei bewenden, aber er hatte ein ungutes Gefühl. Zwar vertraute er Sheeba und ihrem Urteil, aber wie sie selbst gesagt hatte, stand zu viel auf dem Spiel, als dass er das einfach hätte ignorieren können. Er brauchte Gewissheit.
    Nachdem sie eine Stunde später gegangen war, kontaktierte er die Loas und bat dringend um Antwort. Doch mit der Antwort, die er erhielt, vielmehr ihrem Überbringer hatte er nicht gerechnet.
    Ein hünenhafter Schwarzer saß von einer Sekunde auf die andere in Gus’ bevorzugtem Sessel, eine glimmende Zigarre in der einen Hand, ein Glas Rum in der anderen, gekleidet in einen Smoking und mit einem Zylinder auf dem Kopf. Obwohl Gus täglich die Loas kontaktierte, war er noch keinem von ihnen in einer menschlichen Gestalt begegnet. Erst recht nicht dem Mächtigsten aller Loas, Baron Samedi, dem Herrn über die Lebenden, die Toten und die Macht der Magie. War er gekommen, Gus ins Totenreich zu holen? Das wäre der Ehre zu viel.
    „Nein, deine Zeit ist noch nicht gekommen, Gus Bellamy.“ Baron Samedis Stimme klang tief und hallte wie in einem Amphitheater.
    „Wie kann ich dir dienen, Herr?“
    „Indem du tust, was die Hüter der Waage von dir wollen. Weihe ihren Houmfo und den Poteau-mitan. Erst danach ist deine Zeit gekommen.“
    Was manchen Menschen erschreckt hätte, kam für Gus nicht überraschend. Er hatte von Anfang an gewusst, dass das, was die Hüter planten, einen Preis in Form eines Lebens forderte, und war sich bereits sicher gewesen, dass es sein Leben sein würde. Die Bestätigung zu erhalten, zeigte ihm lediglich, dass er richtig geschätzt hatte.
    „Mein Herr, darf ich fragen, warum ich den Hütern helfen soll?“
    „Du darfst.“ Baron Samedi sog genüsslich an seiner Zigarre und trank einen tüchtigen Schluck Rum. Da er seine Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille verborgen hatte, konnte Gus ihren Ausdruck nicht erkennen.
    „Es ist ganz einfach“, geruhte der Baron ihm zu antworten, als Gus schon keine Antwort mehr erwartete. „Am Tag der Wintersonnenwende wird sich nicht nur das Schicksal der beiden Halbdämonen entscheiden, sondern auch das von etlichen anderen Menschen, deren Bestimmung seit dem Tag, an dem das Eine Tor geöffnet wurde, mit dem dieser beiden und mit anderen verwoben ist.“ Er beugte sich vor. „Deshalb ist es erforderlich, dass du tust, worum sie dich gebeten haben. Wir, die

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