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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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sich nicht sicher, ob er wirklich noch lebte. Der Beweis dafür ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Schwarze Geister tauchten auf, die Gesichter hasserfüllt verzerrt. Ihre Absicht stand außer Zweifel. Doch als sie ihn auf die Beine zerrten und ihn mit ihren in Klauen verwandelten Hände n zerfleischen wollten, prallen die Krallen von seinem Körper ab, ohne ihn zu verletzen. Was sie auch versuchten, es gelang ihnen nicht, ihm auch nur die kleinste Wunde zuzufügen. Kleiner Berg war zu erschöpft und zu erschüttert von allem, was geschehen war, um sich darüber zu freuen. Im Gegenteil. Er war verflucht bis an Ende seiner Tage.
    Während er auf dem Boden lag und darauf wartete, dass sich sein Körper erholte oder in der Kälte des Schnees erfror – wahrscheinlich wurde auch das durch den Zauber, den Fluch verhindert –, begann er zu begreifen, dass der Umstand, dass er noch lebte, etwas Gutes hatte. Er konnte und würde als Lehrer wirken und dafür sorgen, dass sein Volk – zumindest der Teil, der noch leben würde, wenn die Schwarzen Geister endlich aufhörten, sich für den Tod ihres Häuptlings zu rächen – niemals vergessen würde, was heute geschehen war.
    Aber er war ausgestoßen und konnte nicht mehr zu seinem Clan zurückkehren. Der Zauber der Halbmenschenfrau bewirkte vielleicht nur, dass die Schwarzen Geister ihn nicht töten würden, aber er schützte ihn möglicherweise nicht davor, von seinen eigenen Leuten umgebracht zu werden für das Leid, das er über sie gebracht hatte. Schließlich war es seine Idee gewesen, das Unaussprechliche zu tun und die Seele eines Menschen in den Körper eines Schwarzen Geistes zu bannen. Statt auf unblutige Weise zu verhindern, dass das Tor geöffnet wurde, hatte er alles nur noch schlimmer gemacht. Es war besser, wenn sein Volk glaubte, dass er ebenfalls getötet worden wäre. Er musste fortgehen und weit, weit weg von hier versuchen, sich einem anderen Stamm anzuschließen, wo niemand wusste, was er getan hatte.
    Als er auch das sorgfältig durchdachte, kam ihm ein anderer Gedanke. Es war besser, wenn nur wenige Auserwählte davon wussten, dass Schwarze Geister auch in dieser Welt existierten und dass es ein Tor gab, das verschlossen bleiben musste, wenn die Menschen überleben wollten. Es gab und würde immer wieder Menschen geben, die sich mit den Schwarzen Geistern zu verbünden und ihnen zu dienen trachteten, um Macht zu erlangen. Und die waren, wie sich gezeigt hatte, viel gefährlicher, denn erst durch sie waren die Schwarzen Geister überhaupt in diese Welt gelangt. Es genügte nicht, die Menschen vor der Geistern zu schützen. Auch deren menschliche Gefolgsleute mussten bekämpft werden.
    Das konnte Kleiner Berg nicht allein tun. Dafür brauchte er Krieger und Schamanen, die in diesem Ziel ihre einzige Aufgabe sahen. Um das zu erreichen, durfte er sich keinem Stamm anschließen, sondern er musste einen eigenen Stamm gründen, der nur aus solchen Auserwählten bestand. Die darum kämpften, das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse zu erhalten, zwischen den Kräften der guten Manitus und denen der Schwarzen Geister, die in dieser Welt ihr Unwesen treiben würden, bis es eines fernen Tages einem anderen Halbgeisterpaar gelang, das Eine Tor für immer zu verschließen. Indem er einen solchen Stamm von Hütern des Gleichgewichts gründete, konnte er wenigstens ein winziges bisschen von der Schuld abtragen, die er durch den begangenen Frevel auf sich geladen hatte.
    Als er sich Stunden später weit genug erholt hatte und keine Anzeichen von Erfrierungen zeigte, machte er sich auf den Weg nach Süden.
     
    *
     
    Marlandra kehrte zu Gressyl zurück, der am anderen Seeufer auf sie wartete. Inzwischen war der Schmerz durch den ihr entrissenen Teil von Marus Seele wieder derart heftig geworden, dass sie kaum noch klar denken konnte.
    „Gressyl, ich werde dich gleich fortschicken. Du wirst dich irgendwo auf der anderen Seite der Welt vor Reya und Mokaryon und den anderen Ke’tarr’ha und Py’ashk’hu verstecken, und zwar für achtzig Menschenjahre. Verstehst du das?“
    „Ja. Verstecken für achtzig Menschenjahre auf der anderen Seite der Welt.“
    „Gut. Danach kehrst du zu Reya zurück und sagst, dass ich tot bin und dich in den dann vergangenen achtzig Menschenjahren entsetzlich gefoltert habe. Verstanden?“
    „Ja. Ich werde Reya sagen, dass du tot bist und mich gefoltert hast.“
    Sie war froh, dass er wenigstens das begriff. In achtzig Jahren

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