Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
– die Schlange, den Stern. Sie wartete und hoffte, dass Ty genauso entsetzt darauf reagieren würde wie der andere Vampir. Stattdessen betrachtete er die Tätowierung mit großem Interesse.
»Was weißt du über dieses Mal?«, fragte er. »Woher hast du es?«
Sie starrte zu ihm hinauf. Wie sie das hasste, so hilflos auf dem Rücken zu liegen! »Das ist nur irgendein blödes Tattoo, das meine Eltern mir verpasst haben, bevor sie gestorben sind, damals, als ich noch ein Baby war. Offensichtlich waren sie ziemlich schräge Typen. Im Gegensatz zu mir. Und falls du ebenfalls vorhast, mich zu töten, dann bring das doch bitte gleich hinter dich.«
Er musterte weiter konzentriert ihre Tätowierung. »Grün«, murmelte er. »Und sieh mal, wie das Mal das Licht einfängt, wie es glänzt. Es ist schön.«
»Das ist doch nur eine blöde Tätowierung«, murmelte Lily und drehte peinlich berührt den Kopf zur Seite. Ja, sie hatte ein glitzerndes grünes Tattoo. Der Künstler war vermutlich ein psychedelisches Genie gewesen. Sie wünschte nur, er hätte seine Genialität an jemand anderem ausgetobt – egal, an wem.
Als sie Tys kalten Daumen an ihrer warmen Haut spürte, schnappte sie entsetzt nach Luft. Vorsichtig rieb er über die Tätowierung.
»Das ist kein Tattoo«, sagte er leise. »Und Damien wusste, was es bedeutet.«
Er schien mehr mit sich selbst als mit ihr zu reden, aber dennoch erweckten seine Worte eine ihrer ältesten Ängste wieder zum Leben: dass das glitzernde grüne Symbol auf ihrer Haut ihr immer wieder nur Ärger bescheren würde, selbst wenn sie alles tat, um sich davor zu schützen.
»Das ist nicht …«, hub sie an, verstummte aber, bevor sie das Wort möglich aussprechen konnte. Wenn das, was hier heute Nacht geschah, wirklich war, wenn Tynan war, wer er vorgab zu sein, dann war nichts unmöglich.
Lily biss die Zähne zusammen und wich dem Blick der grauen Augen aus, der fragend auf ihr Gesicht gerichtet war. »Wer immer du bist – was immer du bist –, du musst diesen anderen Widerling zurückpfeifen und aufhören, mich zu belästigen. Ich bin nichts. Ich bin niemand. Und ich wiederhole: Ich kann dir nicht helfen. Und ich gehe auch nirgendwohin.«
»Der eine Widerling, wie du ihn ganz treffend nennst, wird uns nicht noch mal in die Quere kommen. Der andere wird schon bald wieder auftauchen.« Er schüttelte den Kopf. »Ein Shade lässt sich nicht so leicht abschütteln.«
Das Wort jagte Lily einen eisigen Schauder über den Rücken. »Shade?«
»›Shade‹ ist ein altes Wort für ›Geist‹ oder ›Wesen‹. Wenn ein Shade auf der Jagd ist, kann er sich total unsichtbar machen. Shades sind die kriminelle Elitetruppe der Vampirwelt. Die gerissensten unter ihnen sind stinkreich, und alle halten sie große Stücke auf sich. Damien jedenfalls tut das mit Sicherheit. Die Blaublute, unser Adel, setzen sie für alle möglichen Drecksarbeiten ein.« Er schwieg einen Moment, bevor er fortfuhr: »Wie das hier.«
Bei seinen Worten wurde ihr ganz flau im Magen. Da betrieb jemand solch einen Aufwand … wegen ihr? »Nun, nachdem du immer da auftauchst, wo ich gerade bin, bist du wohl auch nicht viel besser«, sagte sie trocken.
Tynan stieß einen gereizten Seufzer aus. »Willst du wirklich hier sein, wenn Damien zurückkommt?«
»Dann darf ich also entscheiden, ob ich gleich gefressen werde oder später?« Lily fühlte sich so elend und hilflos wie noch nie zuvor in ihrem Leben. »Vielleicht ist gleich ja sogar besser.«
Wieder seufzte Ty, und dieser Seufzer klang so unglücklich, dass sie beinahe den Blick auf ihn gerichtet hätte. Aber nur beinahe. Denn Lily wusste, wenn sie ihn ansah, würde er sie wieder in seinen Bann ziehen, und sie würde nicht mehr denken und ihm auch nicht widerstehen können. Sie spürte, wie er sie musterte, wie er verzweifelt herauszufinden versuchte, was in ihrem Kopf vor sich ging. Es fühlte sich regelrecht so an, als würde er ihr Gehirn nach einer Eintrittspforte abtasten.
Der ganze Vampirkult-Schrott, den sie verschlungen hatte – Filme und Bücher, manche ziemlich blutig, aber alle sehr viel romantischer als ihre eigene düstere Wirklichkeit – kam Lily wieder in der Sinn. Sie fragte sich, ob in alldem vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit steckte und ob ihr irgendetwas davon aus dieser Klemme heraushelfen könnte. Plötzlich wünschte sie sich, jede Menge Knoblauch im Haus zu haben. Oder ein bisschen Weihwasser. Oder einen netten, spitzen Pfahl.
»Mich
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