Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
zögerte, beschloss dann jedoch, dass sie es verdient hatte, ein bisschen was zu erfahren. »Irgendjemand hat einen Fluch über sie ausgesprochen. Ganze Initiationstreffen sind ausgelöscht worden. Den Teilnehmern wurden die Glieder ausgerissen und anschließend die Häuser in Brand gesetzt. Und inzwischen werden nicht mehr nur die Jungen getötet. Von Mal zu Mal werden die Opferzahlen größer.«
Anura schloss die Augen, und Ty wusste, dass sie an die Säuberungsaktion dachte, bei der ihr Liebster ums Leben gekommen war. Die Täter waren nie zur Verantwortung gezogen worden, und das würde auch nie passieren.
»Mutter im Himmel. Dann wundert es mich nicht.« Anura schüttelte den Kopf. »Danke für die Warnung, Ty, aber du solltest mir trotzdem glauben, wenn ich sage, dass du nicht alles weißt, was passiert ist. Falls die Dracul wirklich die Verantwortlichen sind, dann hast du vielleicht recht damit, dass sie das alles verdient haben. Aber ohne Beweise entsteht einfach der Eindruck, dass eine alte, arrogante Dynastie endlich den perfekten Vorwand gefunden hat, sich der Emporkömmlinge zu entledigen und bei der Gelegenheit gleich noch ein bisschen mehr Macht an sich zu reißen. Außerdem wirkt es einfach zu offensichtlich, zu durchschaubar, dass die Dracul sich schon wieder rumänischer Magie bedienen und einen Fluch wie einen Mulo heraufbeschwören würden. Über Vlad Dracul kann man so manches sagen, aber nicht, dass er dumm ist.« Wieder schüttelte sie den Kopf, dann ließ sie den Blick durch den überfüllten Raum schweifen. »Natürlich haben sie nie jemanden eingeweiht, wie so etwas funktioniert. Wer sonst sollte es also sein?« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich weiß nicht. Ich will doch nur in Ruhe meinen Club betreiben.«
Sie machte einen so unglücklichen Eindruck, dass Ty sich auf einmal in der unvertrauten Rolle wiederfand, sie trösten zu wollen. Nur dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wie man das machte. Verlegen gab er ihr ein paar sanfte Klapse auf die nackte Schulter.
»Du schaffst das schon, Anura. Das hast du noch immer.«
Damit erzielte er zwar nicht ganz die Wirkung, die ihm vorgeschwebt hatte, aber wenigstens sah Anura jetzt nicht mehr unglücklich aus, sondern reichlich verwirrt.
»Mensch, Ty, werd bloß nicht sentimental. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte, wenn sich der hartgesottenste Cait Sith, den ich je gekannt habe, auf einmal in ein Weichei verwandelt.« Sie schob seine Hand weg und richtete den Blick auf die Tanzfläche.
Sofort waren seine Gedanken wieder bei Lily. Sie hatte jetzt schon zu drei Liedern mit diesem selbstgefälligen Idioten getanzt.
Auch Ty wandte sich nun zur Tanzfläche um. Lily starrte ihn über die Schulter des bulligen Vampirs hinweg mit mordlüsternem Blick an. Die beiden tanzten eng aneinandergeschmiegt. Als er sah, wie gut sie sich bewegen konnte, wallte flammende Eifersucht in ihm auf. Wieso konnten immer gerade diese prüden kleinen Dinger auf der Tanzfläche so viel Erotik ausstrahlen? Lilys Partner sah aus, als wäre er im siebten Himmel, aber ein Tänzer war er nicht. Und Ty entging nicht, wie er die Lippen immer wieder ihrem Hals näherte. Ihr neuer Verehrer war hungrig, geil und schwer darauf erpicht, mit der hübschen Lily die nächste Phase des Abends einzuläuten.
»Muss ich das arme Mädchen retten?«, fragte Anura. »Ich war davon ausgegangen, dass er sie dir ausgespannt hat, aber sie sieht aus, als würde sie ihre Entscheidung bereuen.«
»Er hat sie mir nicht ausgespannt«, knurrte Ty. »Sie ist mit ihm mitgegangen, weil sie seltsame Vorstellungen darüber hat, wann und warum ich in der Öffentlichkeit Blut vergießen sollte. Außerdem hat sie mir angedroht, meins zu vergießen, wenn es mir nicht gelingt, sie hier möglichst schnell heil rauszubringen. Sie wusste, dass ich mit dir reden muss.«
Anura lachte tief und kehlig auf. »Schwer zu bezirzen und ein bisschen gewalttätig? Die Kleine gefällt mir ja jetzt schon. Andererseits – wenn ich mir überlege, wie wählerisch du bist, dann ist es eigentlich nicht überraschend, dass es, wenn du dir endlich eine sura suchst, eine gute sein muss.« Sie sah Ty neugierig an, der das allerdings kaum mitbekam. Er war zu sehr damit beschäftigt, zu beobachten, wo Lilys Partner seine Hände hatte.
Falls sie noch tiefer gleiten sollten, würde er alle sehr unglücklich machen – auch wenn Lily sich noch so viel Mühe gab.
»Ach so, sie gehört dir noch nicht.« Das war eine
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