Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
hin, dessen verzerrter Mund keinen Zweifel daran ließ, wie gern er sich mit Ty anlegen würde. Dass Lily so plötzlich ihre Meinung geändert hatte, ließ beide Männer überrascht schweigen, und als sie sprach, war ihre Stimme so süß und lieblich wie warmer Honig.
»Tynan, sieh mal! Deine Freundin ist gerade auf dem Weg zu dir.« Fröhlich winkte sie jemandem hinter Ty zu. Ty warf rasch einen Blick über die Schulter. Anura hatte die drohende Szene bemerkt und bewegte sich rasch auf die drei zu. Ty öffnete den Mund, um Lily zu fragen, ob sie den Verstand verloren habe, aber dieses bescheuerte Weib redete einfach weiter, jetzt allerdings mit dem Mann, bei dem sie nun ganz nahe stand.
»Vielleicht hast du recht«, gurrte sie. »Vielleicht sollte ich meinen Horizont ein wenig erweitern. Tanzt du? Ich tanze wahnsinnig gern.« Eine Hand hatte sie leicht auf die breite Brust des Vampirs gelegt, und dabei sah sie ihm tief in die Augen.
Ty starrte die beiden völlig baff an. Alle möglichen Gefühle wallten in ihm auf, und keins davon war angenehm. Sie konnte doch wohl nicht ernsthaft auf diesen Typen abfahren, oder? Unsichtbare Stahlbänder schienen Ty die Brust zuzuschnüren. Mit den Dracul hatte er normalerweise wenig zu tun, denn die Ptolemy hassten sie schon aus Prinzip. Vielleicht hatten sie eine spezielle Technik … oder vielleicht hatte er selbst es einfach nicht mehr drauf.
Vielleicht hatte diese Frau auch einfach nur völlig den Verstand verloren.
Wie auch immer – Lilys Kehrtwendung hatte die gesträubten Federn des selbstgefälligen Dracul in Nullkommanichts geglättet, was Ty durchaus nachvollziehen konnte. Hätte Lily ihn so angeschaut, hätte er vermutlich überhaupt nicht mehr denken können. Etwas Hässliches ballte sich in seinem Bauch zu einem heißen Knoten zusammen.
»Ich tanze, solange du meine Partnerin bist«, sagte der Dracul gerade, als Anura sich in das Gespräch einmischte.
»Ty MacGillivray. Ich würde ja sagen, schön, dich mal wiederzusehen, aber ich habe die Nase gestrichen voll von allem, was ein Ankh trägt.«
Der Dracul richtete den Blick auf Anura, die einfach umwerfend aussah, wie eine aufgebrachte Göttin, dann ließ er ihn zurück zu Ty wandern und lächelte ihn abschätzig an. Lily, die wirklich den Verstand verloren haben musste, sah schmachtend zu ihm hoch.
»Ach, du bist eins von Arsinöes kleinen Haustieren. MacGillivray … von dir habe ich schon gehört. Hochnäsige Gossenkatze, aber ein guter Mörder, nicht wahr?« Er zuckte mit den Schultern. »Das erklärt die hübsche Frau, aber du hättest wissen müssen, dass du sie nicht ausführen darfst.« Er beugte sich nah zu Ty, und dieser roch nicht nur den Alkohol in seinem Atem, sondern spürte auch die schwelende Wut, die er verströmte.
»Sag deiner verdammten Königin, sie soll gefälligst aufhören, ihre dreckigen Spione in Dracul-Gebiet zu schicken«, zischte er, allerdings so leise, dass nur Ty ihn hören konnte. »Wir haben das Recht, hier zu sein. Wenn sie so weitermacht, ist sie bald genauso Sand und Staub wie das Land, aus dem sie kam.« Dann wandte er sich wieder zu Lily: »Komm, du hübsches Kind. Ich mag dieses Lied.«
»Okay. Ich will mich nur verabschieden«, säuselte Lily. Rasch gab sie Ty einen Kuss auf die Wange, der wie vom Blitz getroffen dastand und sich fragte, wann zum Teufel er in eine andere Dimension geraten war, wo niedrigere Dynastien die Königin der Ptolemy öffentlich beleidigen und sogar bedrohen durften. Gleichzeitig fragte er sich verzweifelt, wie er Lily aus dem Mabon herausbekommen könnte, bevor sie die sura irgendeines Dracul wurde.
Ihre wütend geflüsterten Worte rückten die Welt halbwegs wieder ins rechte Licht, trotzdem überkam ihn plötzlich das Bedürfnis, sie zu erwürgen.
»Ich kann ihn eine Zeit lang ablenken, aber wenn deine Unterhaltung mit ihr zu lange dauert, überlege ich mir, wie ich dir den Kopf abschneiden kann und noch ein paar andere Teile dazu. Und das sage ich nicht im Spaß.« Sie trat zurück und lächelte ihn besänftigend an, aber das böse Funkeln in ihren Augen entging ihm nicht.
»Bis später, Ty. War wirklich nett.«
Sie winkte ihm zum Abschied und entschwand mit ihrem neuen Bewunderer. Ty starrte ihr hinterher, den Kopf voller Mordfantasien. Anuras ungeduldige Frage holte ihn jedoch rasch in die Realität zurück.
»Wieso bist du gekommen, Ty? Ich wusste gar nicht, dass du so ein Masochist bist – bringst deine Frauen hierher, damit man
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