Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
Mädchen bist du auch nicht. Woher kennst du Totally Galactic ?« Beim Namen dieser Show zuckte Lily noch immer zusammen. Ihre Schwester hatte darin eine Erdenbewohnerin gespielt, die herausfand, dass sie eine Halbaußerirdische war, und dann in einem riesigen Raumschiff auf die Highschool ging. Eine lächerliche Geschichte, aber eine Zeit lang war ihre Schwester ein Star gewesen.
»Ich bin die ganze Nacht auf, falls du das vergessen hast«, sagte Ty und zog eine Augenbraue hoch. »Manchmal laufen im Fernsehen nur noch Wiederholungen von alten Serien. Jedenfalls habe ich sie dort gesehen. Sie ist niedlich. Aber kein Vergleich mit dir.«
Lily lief vor Freude rot an. Es war armselig, dass diese Wunden sie nach all der Zeit noch schmerzten, aber Tys Worte bedeuteten ihr eine Menge.
»Nun ja«, erwiderte sie. »Danke. Aber Ellis und Elizabeth sahen das nicht so. Vielleicht war das zu dem Zeitpunkt schon unvermeidlich.« Sie seufzte. »Sie waren nie da, dabei habe ich mir das immer so sehr gewünscht. Und wenn sie da waren, haben sie mich meistens an das Kindermädchen weitergereicht. Und dann haben sie mir erzählt, dass Elizabeth – ich durfte sie nie Mom nennen, sie meinte, dann käme sie sich nicht nur alt, sondern auch altmodisch vor – ein Kind erwartete. Ich wusste sofort, was das hieß. Ich wusste, dass es ein Mädchen werden und dass es meinen Platz einnehmen würde. Dieser Eindringling würde all die Liebe bekommen, die sie mir verweigert hatten. Ich erinnere mich noch, ich war fünf Jahre alt und spielte im Kinderzimmer, als die beiden hereinkamen, um mir die großartige Neuigkeit mitzuteilen. Ich war derart wütend! Und diese Wut wurde immer größer, und die beiden saßen da und meinten, ich müsste total begeistert sein.«
»Und du hast ihnen vermutlich gezeigt, dass du das nicht warst.«
»Es ging einfach mit mir durch.« Lily wurde blass bei der Erinnerung. »Ich bin so was von völlig und komplett ausgerastet! Vermutlich kannst du dir die Szene in etwa vorstellen.«
»Kaputtes Spielzeug, Löcher in den Wänden. Dinge, die durchs Zimmer fliegen und mittendrin ein außerordentlich zorniges kleines Mädchen?«
Das Verständnis, das in seinen Worten mitschwang, war Balsam für ihre Seele.
»Ja. Es war schrecklich. Kein Vergleich mit heute Nacht, weil ich niemandem wehgetan habe, obwohl ich das damals schon gekonnt hätte, und das habe ich auch gespürt. Aber das wussten sie nicht. Und zur Krönung des Ganzen habe ich auch noch in einer fremden Sprache geschrien, derselben Sprache, die heute aus meinem Mund kam. Ich wusste, dass ich sie verfluche, aber sie wussten das nicht. Sie waren … nun ja, wenn ich sage, völlig schockiert, ist das eigentlich noch untertrieben. Nach dieser Szene haben sie nicht mal mehr so getan, als sei ich ihre Tochter. Die Psychofritzen gaben sich die Klinke in die Hand. Immer wieder haben meine Eltern versucht, mich einweisen zu lassen. Leider war ich ansonsten todlangweilig, also hat das nie geklappt. Dann bekamen sie Rainey, meine Schwester. Sie wurde zum Zentrum des Universums. Daddy zog die nötigen Fäden, damit sie ins Showgeschäft einsteigen konnte, und Mommy hat sie nach allen Regeln der Kunst beeinflusst, weil sie in ihrer Tochter noch mal ihre eigenen Jugend leben wollte.«
»Klingt wie ein richtiges Monster.«
Wieder lächelte Lily, und diesmal war das Lächeln auch nicht mehr schmerzhaft. »Das kann man wohl sagen.«
»Und als sie größer wurde, sah sie aus wie ein riesiger Chihuahua.«
Lily musste laut und schallend lachen. Sie sah, wie sehr ihn das verblüffte, und ihr wurde klar, dass er sie noch nie befreit lachen gehört hatte. Sie konnte nur hoffen, dass ihm das keine Angst machte, denn sie hätte nicht aufhören können, selbst wenn sie das gewollt hätte. Rainey, der riesige Chihuahua. Wie treffend! Und das Lachen tat so gut, sie fühlte sich plötzlich herrlich lebendig. Richtiggehend normal, wenn auch nur einen Moment lang. Sie lachte, bis ihr der Bauch wehtat und ihr die Tränen hinunterliefen.
Endlich konnte sie aufhören zu lachen und musste nur noch gelegentlich kichern. Sie wischte die Tränen weg und sah, dass Ty sie verwirrt anstarrte. Sein Blick war dabei so liebevoll und warm, dass ihr die Luft wegblieb. Sie bezweifelte, dass er wusste, wie er gerade aussah. Aber sie würde das nie mehr vergessen.
Er schaute sie an wie ein Mann, der sie lieben könnte. Der sie vielleicht bereits ein bisschen liebte. Und obwohl Lily wusste, dass es
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