Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
und jetzt sah sie ihm auch in die Augen. »Das war genau das Richtige. Und außerdem war es … lieb.«
Bei dem letzten Wort musste Jaden lachen, allerdings nicht über sie. »Das Wort höre ich selten im Zusammenhang mit mir, aber es freut mich natürlich.«
Sie lächelte ihn ein wenig erstaunt an. »Das solltet du aber. Das Wort mit dir in Zusammenhang bringen, meine ich. Ich weiß, das geht mich nichts an, aber die, die dich so verletzt haben – vermutlich diese anderen Vampire –, sind der wertloseste Blutsaugerhaufen auf Erden. Vermutlich sind das die, mit denen wir immer Krieg geführt haben.«
»Ich glaube, euer Rudel hat mit so ziemlich allen Krieg geführt«, erwiderte Jaden, den ihre Worte unerwartet stark berührt hatten. »Aber trotzdem danke. Und was diesen Blutsaugerhaufen angeht«, er zuckte gleichgültig mit den Schultern, »die werden ihre gerechte Strafe schon noch kriegen, denke ich.«
»Wenn das wirklich jemals passiert, wäre ich gern dabei«, sagte Lyra. Dann ging sie zur Tür, blieb jedoch noch einmal stehen und wandte sich um. »Dann … ist zwischen uns alles okay, ja?«, fragte sie, und er wusste sofort, was sie meinte. Sie wollte wissen, ob er bereit war zu vergessen, was zwischen ihnen vorgefallen war, und trotzdem mit ihr weiterarbeiten wollte.
Da die Antwort: »Nein, aber ich werde mir Mühe geben«, nicht ausgereicht hätte, sagte Jaden ihr, was sie hören wollte.
»Alles okay«, stimmte er ihr zu. Doch als sie ihm ein letztes Lächeln schenkte, bevor sie die Küche verließ, konnte er einfach nicht anders – er musste sich ausmalen, wie es wohl sein würde, den Rest des Lebens mit ihr zu verbringen, auch wenn ihres im Vergleich zu seinem nur kurz sein würde. Sie war eine Wahnsinnskämpferin, frech und draufgängerisch, und dann wieder war sie unerwartet naiv und charmant. Er hätte ihr nur zu gern die Welt gezeigt, von der sie so wenig gesehen hatte, ihr gezeigt, dass es mehr gab als nur die Pflichterfüllung gegenüber ihrem Rudel.
Seifenblasenträume, dachte Jaden und warf den Schöpflöffel ins Spülbecken, wo er laut aufschlug.
Genau in dem Moment klingelte das Telefon. Jaden beachtete es nicht weiter, weil er davon ausging, dass der Anrufer eine Nachricht für Dorien hinterlassen würde. Stattdessen hörte er, als sich der Anrufbeantworter einschaltete, eine Stimme, die außer ihm niemand in dieser Stadt erkannt hätte.
»Jaden, ich weiß, dass du da bist. Heb ab. Wir müssen reden.«
Mit einem letzten bedauernden Blick auf den Kochtopf, mit dessen Hilfe er alles erreicht hatte, was er sich erhofft hatte – und gleichzeitig nichts, was er eigentlich wollte –, hob Jaden den Hörer ans Ohr.
Er war sich sicher, dass sich ein neuer Abgrund vor ihm auftun würde. Die Frage war nur, was für ein Abgrund es diesmal sein würde.
19
Beschwingte Harfenmusik flutete durch den nur schwach erhellten kleinen Laden am Moon-Magic-Platz. An langen Seidenbändern hingen von der Decke Kristallkugeln, deren geschliffene Flächen glitzerten, während die Kugeln sich langsam um sich selbst drehten. Hinter einer langen Glastheke saß eine junge Frau, deren Kopf tief über ein zerfleddertes Taschenbuch gebeugt war. Jaden sah nur einen blonden Pferdeschwanz und eine 50er-Jahre-Hornbrille. Mit einem angedeuteten Winken gab sie ihm zu verstehen, dass sie ihn gern in Ruhe ließ, wenn er sie in Ruhe ließ.
Das war ihm durchaus recht, zumal wenn er daran dachte, mit wem er hier verabredet war.
Jaden ging zu dem Korb mit den Steinen, nahm ein größeres Tigerauge heraus und rieb es zwischen seinen Händen. Dabei sah er sich im Laden um und fragte sich, in welche Schwierigkeiten Damien Tremaine ihn wohl diesmal hineinziehen wollte.
Ein kleiner Ständer mit Halsketten erregte seine Aufmerksamkeit, weil die Steine der Anhänger in dem gedämpften Licht so schön funkelten. Er trat an den Ständer und überlegte, ob Lyra wohl eine dieser Halsketten gefallen würde. Aber – würde sie sie annehmen oder ihn eher damit erwürgen? Zweifellos wäre sie der Ansicht, dass solch ein Geschenk gegen die Vereinbarungen ihres Waffenstillstands verstieß. Dennoch grübelte er vor sich hin, ob er ihr nicht doch eine kaufen sollte.
Jaden war so in Gedanken versunken, dass er die kleine Glocke oben an der Tür, die einen weiteren Kunden ankündigte, kaum wahrnahm. Erst die Stimme, die plötzlich neben seinem Ohr ertönte, holte ihn zurück in die Wirklichkeit.
»Ich glaube, die sind allesamt nicht ganz
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