Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
störrische Selbstsicherheit … auch wenn diese Eigenschaften unbestreitbar Teil ihrer Anziehungskraft waren.
»Wunderbar. Ich schnappe mir die Kellnerin und kümmere mich um die Rechnung. Dann kann’s losgehen.«
Jaden schaute ihr nach und sog seufzend den noch in der Luft hängenden Rest ihres Parfüms ein. Er hatte keine Ahnung, wohin die Reise sie beide führen würde. Jedenfalls nicht so schnell an ein Ziel, an welches auch immer.
Aber er wollte die Reise genießen. Unbedingt.
Es war zwar kalt, aber Lyra zog es an die frische Luft. Sie atmete tief ein, legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den nächtlichen Himmel. Ein Teil der Wolken hatte sich verflüchtigt, und der helle Schein der Sterne drang ungehindert zu ihnen herunter.
Schweigend ging Jaden neben ihr her. Offenbar wartete er, dass sie etwas sagte. Das war typisch für ihn: Wenn ihm irgendetwas nicht passte, reagierte er sofort, aber sinnfreies Geplauder war nicht so sein Ding. Sie war es gewohnt, angesprochen zu werden – sei es wegen ihrer Stellung innerhalb des Rudels, sei es, weil sie den Eindruck vermittelte, sie hätte Antworten auf alle möglichen Fragen. Jedenfalls kamen häufig Leute mit ihren Problemen, ihren Sorgen, ihren Geschichten zu ihr. Niemand, ausgenommen vielleicht Simon, hatte sich je für sie als Person sonderlich interessiert.
Ganz anders Jaden, der geduldig darauf wartete, dass sie etwas sagte oder eben nicht, der sich wohl in seiner Haut fühlte. Das war … interessant.
Und unglaublich verlockend. Aber hatte sie nicht beschlossen, diesen Punkt auf sich beruhen zu lassen?
Aber klar doch
. Heute Abend würde Lyra die Schuld für ihre Schwäche auf den Duft seines Rasierwassers schieben. Diese Note roch an ihm einfach unwiderstehlich. Und im Moment war sie mit dieser Erklärung rundum zufrieden.
Sie ließen das Viertel hinter sich und bummelten die vertrauten Straßen ihrer Stadt entlang. Verstohlen schaute Lyra hin und wieder zu Jaden und freute sich, dass er die Schönheit ihrer Heimat offenbar zu würdigen wusste, wenn schon nicht unbedingt deren Bewohner. Aber auch in der Hinsicht hatte sich einiges getan. Die Leute gewöhnten sich langsam an seinen Anblick. Und je länger Jaden durchhielt, ohne auszuflippen und ihre Artgenossen zu massakrieren, desto unbefangener würde ihr Rudel ihm begegnen.
Langsam überquerten sie eine kleine Brücke, die über den Illoren Creek führte. Auf beiden Seiten befanden sich Bürgersteige. Sie blieb stehen, beugte sich über das Geländer, schaute auf den Fluss hinunter und genoss das Rauschen des Wassers.
Sie hatte gedacht, Jaden würde ebenfalls die Fluten bewundern, aber seine Worte belehrten sie eines Besseren. Er betrachtete sie. Und es störte sie nicht im Geringsten.
»Du trägst die Halskette«, sagte er unvermittelt. »Die Kette, die ich dir zurückgebracht habe. Das ist das erste Mal, dass ich sie seither an dir sehe.«
Lyra nahm den Mondstein, der zwischen ihren Brüsten baumelte, hoch, betrachtete ihn und rieb automatisch mit dem Daumen über die glatte Oberfläche. Früher hatte sie geglaubt, er bringe ihr Glück. Vielleicht tat er das auch. Auf seine Art.
»Ich trage sie nicht immer.« Sie schaute zu ihm hoch. Sein Anblick, wie er sie so eingehend betrachtete, erhellt nur vom schwachen Schein einer weiter weg stehenden Straßenlaterne, raubte ihr vorübergehend den Atem. Er war perfekt an ein Leben in der Nacht angepasst. Dunkel und schön. Dass er sich ausschließlich auf sie konzentrierte, dass er äußerlich vollkommen dem entsprach, was er war, weckte in ihr eine Lust, die sich wie eine finstere, sinnliche Blüte in ihrem Körper entfaltete.
Aus der Fassung gebracht suchte sie nach Worten, um die Stille zu füllen.
»Wenn ich außerhalb der Stadt bin, trage ich sie als Talisman, und weil sie mich an Zuhause erinnert. Hier trage ich sie gewöhnlich nur, wenn ich in dringenden Rudelangelegenheiten unterwegs bin. Dann wissen die Leute, sie dürfen mich nur mit wirklich Wichtigem behelligen.«
Jaden kicherte und beugte sich nun ebenfalls über das Geländer. »Dein Freund Blake würde sich bestimmt geschmeichelt fühlen, wenn er wüsste, dass er von einem Rudel Werwölfe als wichtig eingestuft wird.«
»Er ist nicht mein Freund. Ich will nichts von ihm. Es ist allerdings wichtig, Leute wie ihn abzuschrecken. Manche sind schlauer, als uns lieb sein kann, und gefährden unsere Sicherheit. Auf diese Art der Aufmerksamkeit können wir gern verzichten.«
»Ja,
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