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Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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glänzenden rauchfarbenen Fell in die Nacht verschwand. In ihrer tierischen Form war Lyra genauso langbeinig und anmutig wie in ihrer menschlichen – das Sinnbild tödlicher Schönheit. Und schön war sie wirklich, auch wenn sein Naturell in allem das Gegenteil von ihrem war.
    Eine Zeit lang blieb er stocksteif stehen, weil er fürchtete, sich nicht beherrschen zu können und ihr hinterherjagen zu müssen. Zweifellos steckte Lyra noch immer in irgendwelchen Schwierigkeiten, war noch immer auf der Flucht, und der unglückselige Verehrer zu seinen Füßen war nur ein Teil des Problems.
    »Das geht mich nichts an«, sagte er laut, in der Hoffnung, beim Klang seiner Stimme wieder zur Vernunft zu kommen und den Zauber abschütteln zu können, dem er offenbar erlegen war. Aber nichts würde die Erinnerung daran verdrängen können, wie Lyra sich angefühlt hatte, als er sie an sich gezogen hatte. Es war, als hätte sie sich in seine Haut gebrannt. Leise verfluchte er sich dafür, sie berührt zu haben. Normalerweise hatte er sich gut unter Kontrolle. Aber irgendetwas hatte Lyra Black – ja, das war ihr Nachname, wie ihm jetzt wieder einfiel – an sich, dem er nicht hatte widerstehen können. Ihr Haar hatte so seidig über seine Wange gestrichen, und der Duft ihrer Haut …
    »Es reicht«, knurrte er und wandte den Kopf ab. Sie hatte sich nicht auf ihn eingelassen, sondern war abgehauen, und genau das musste er ebenfalls tun. Jaden hatte keine Ahnung, woher sein Interesse für diese reizbare Werwölfin rührte, aber er wusste, so etwas konnte kein gutes Ende nehmen.
Nichts wie weg hier.
Schon bald würde die Sonne aufgehen, dann konnte er in seinen Träumen darüber brüten und hoffentlich erholt und frei von diesem Irrsinn wieder aufwachen.
    Er wollte sich gerade zum Gehen wenden, als er aus dem Augenwinkel etwas aufblitzen sah. Sein Selbsterhaltungstrieb schrie, er solle es nicht weiter beachten, sondern einfach weitergehen. Die meisten seiner Impulse hatte Jaden ziemlich gut unter Kontrolle, aber seine Neugier hatte ihm – wie so vielen Katzen – schon manches Mal das Genick gebrochen. Jaden bückte sich und hob das Medaillon mitsamt seiner zerrissenen Kette auf.
    Einen Moment lang ließ er es von seiner Faust herabbaumeln und schaute sich an, was Mark Lyra da vom Hals gerissen hatte. Am auffälligsten war der Stein: Er war in etwa so groß wie eine Dollarmünze und schon so lange getragen worden, dass seine Oberfläche ganz glatt gerieben war. Das glänzende Silberblau kannte Jaden: Mondstein. Das Juwel war in eine etwas größere Scheibe aus verschnörkeltem Weißgold eingelassen. Das Design erinnerte ihn an die Jahre, die er in Schottland verbracht hatte. Es war kein ausgesprochen weibliches Schmuckstück, eher etwas Kraftvolles, aber dennoch fand Jaden – ohne dass er das hätte begründen können –, dass es gut zu seiner Besitzerin passte.
    Lyra würde bestimmt wütend sein, wenn sie merkte, dass sie ihren Talisman hatte liegen lassen. Ohne zu überlegen, steckte Jaden das Medaillon in die Tasche. Sofort spürte er das leichte Summen der Energie, die von dem Stein ausging. Er war schon lange genug in dieser Welt unterwegs, um zu wissen, dass man solch ein Kunstwerk mit Respekt behandelte. Lyra würde das Medaillon zurückhaben wollen. Vielleicht konnte er es ihr schicken, wenn sich herausfinden ließ, woher sie stammte. Vielleicht würde sie aber auch ihn finden, allerdings hielt er das nicht für sehr wahrscheinlich. Lyra hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihn nicht wiedersehen wollte, und so, wie er auf sie reagierte, war das vermutlich auch besser.
    Nein, mit Sicherheit ist das besser
, korrigierte er sich und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über den Stein, bevor er die Hand aus der Tasche zog und in die entgegengesetzte Richtung wie Lyra losmarschierte, zurück zum Herrenhaus. Kein Zuhause im eigentlichen Sinn des Worts, aber ein angenehmer Aufenthaltsort – vorläufig. Er würde sich schlafen legen und morgen nach dem Aufwachen entscheiden, was er mit dem Medaillon tun sollte. Bis dahin würde er einfach nicht mehr an die Werwölfin denken. Er hatte so schon genug Sorgen, auch ohne sich auf eine völlig bedeutungslose Frau zu fixieren, die ihm am liebsten den Kopf abgerissen hätte.
    Dennoch träumte er von ihren Augen.
    Und vom leidenschaftlichen, unkontrollierbaren Hunger wilder Tiere in der Nacht.

3
    Lyra erwachte gegen Mittag. Sie lag quer über dem Bett, in Bauchlage, den Kopf zur

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