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Erben des Mondes - Grimoire lunaris

Erben des Mondes - Grimoire lunaris

Titel: Erben des Mondes - Grimoire lunaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Hasse
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gebettet, liegt ein unnatürlich großer blutroter Vollmond, dessen Umrisse flackern, als würde er brennen. Es wirkt so unecht. Und doch ist es so faszinierend und zieht mich wie magisch an. Ich weiß nicht, ob Minuten oder Stunden, vielleicht sogar Tage, vergangen sind, seit ich meinen Blick nach oben gerichtet habe. Ich fühle mich wie in der Unendlichkeit.
    Dann plötzlich flackert das Licht des Mondes stärker und beginnt wild zu zucken. Das Zucken greift aufmeinen Körper über, als hätte ich eine dieser Weidezäune angefasst, die unter Strom stehen. Und etwas durchströmt nun auch mich. Ich fühle etwas Starkes, Mächtiges in mir, das mir bisher nicht bewusst war. Dann verändert sich etwas in meinem Kopf. Ich sehe Bilder vorbeihuschen, wie Zappen und Schnelldurchlauf zur selben Zeit. Sie werden immer langsamer, und langsamer. Wie ein Kreisel, dem die Energie ausgeht. Jetzt kann ich alles sehen.

Der erste Kontakt
    I ch war 18 Jahre alt und ganz allein unterwegs. Die Nacht war stockfinster. Ich lief eine schmale, düstere Gasse entlang, die von kleinen Geschäften gesäumt war. Alle waren bereits geschlossen und verriegelt, als wären schwere Stürme angesagt worden. Ohne Licht wirkte hier alles fahl und alt, fast schon antik. Unwillkürlich hatte ich einen schwarz-weiß Film im Kopf. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, jemals zuvor hier gewesen zu sein. Doch scheinbar wusste ich genau, wo ich hinzugehen hatte. Zielstrebig marschierte ich die Gasse entlang und kurz bevor sie sich am Ende gabelte, bog ich rechts in eine Hofeinfahrt und gelangte so direkt in einen Innenhof. Es schien mir, als wäre ich in eine andere Welt eingetreten. Der Hof war nicht annähernd so klein, wie man es in dieser schmalen Gasse von außen vermutet hätte. Er war nahezu quadratisch und herrlich angelegt. Aus dem Quadrat des umringenden Gebäudes hob sich ein vollkommener Kreis hervor. Die Symmetrie des gesamten Gartens stach mir sofort ins Auge. Die Wege waren in konzentrischen Kreisen um den Mittelpunkt des Ganzen angelegt, die Buchsbaumhecke, die die mit weißem Kies bestückten Wege umsäumte, wurde nur durch kurze Verbindungen zwischen den einzelnen Kreisen unterbrochen. Alles lief darauf hinaus, den Mittelpunkt harmonisch hervorzuheben und ihn zur selben Zeit einzurahmen.
    Beim Blick auf das Zentrum des Innenhofes stockte mir der Atem. Dort lag, eingebettet in dieses Labyrinth aus Hecken und Wegen, der vollkommenste Mond, den ich je gesehen hatte. Natürlich nicht der echte Mond, aber ein exaktes Abbild aus weißem Marmor (würde ich mal denken), dessen eingeschlossene Metalladern im matten Licht schimmerten, als würde der ganze Mond leuchten. Wie von selbst schaute ich zum Himmel, als würde ich wirklich glauben, dass es sich hier um den echten Mond handeln könnte. Jedes kleinste Detail, jeder Krater, der den Mond von der Erde aus irgendwie fleckig aussehen lässt, war perfekt herausgearbeitet. Mir musste der Mund von so viel Perfektion offen gestanden haben, denn im nächsten Moment hörte ich eine bekannte Stimme rufen:
    „Du darfst den Mund ruhig wieder schließen.“ Mit diesen Worten schritt Malte auf mich zu. Er lief nicht, er schritt. Ich kannte Malte schon ewig, auch wenn ich schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm hatte. Doch heute kam er mir irgendwie majestätisch und nicht ganz so normal vor, wie er bisher immer auf mich gewirkt hatte. Wo zur Hölle war ich? Was tat Malte hier? Und was sollte ich hier?
    „Hallo Victoria. Du fragst dich sicherlich, wieso du hier bist“, schien Malte meine Gedanken zu lesen. „Wenn du mir folgst, wirst du alles erfahren.“
    Dieser Aufforderung kam ich gerne nach. Ich spürte keine Furcht, weil ich vollstes Vertrauen in meinen Freund hatte. Wir kannten uns schließlich schon seit Jahren, fast schon von Kindesbeinen an.
    Oder etwa nicht? Irgendetwas ließ mich in genau diesem Moment daran zweifeln. Ich durchforstete meine gesamten Erinnerungen und versuchte, mein scheinbares Wissen, ihn schon immer gekannt zu haben, mit einer Erinnerung, einen Moment aus der Kindheit oder in meinem späteren Leben, abzugleichen. Ohne Erfolg. Eine innere Stimme sagte mir, dass ich ihm vertrauen konnte, ich war jedoch nicht imstande zu sagen, worauf sich dieses Vertrauen stützte, welche Erfahrung ich bereits mit ihm gemacht hatte. Mein Gedächtnis fand hierfür einfach keinen Beweis.
    Doch ich folgte ihm. Bislang konnte ich meinem Bauchgefühl immer vertrauen, und genau jetzt

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