Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
Vom Netzwerk:
ignorierte seine Verstimmung und preschte weiter vor. »Als Nächstes wollte ich dir sagen, dass Rachel Locklear, die Patientin, von der ich dir erzählt habe, doch meine Tochter ist.«
    Er hielt eine Sekunde inne und zog dann eine Augenbraue hoch. »Ach. Na ja, ich schätze, nun bist du zufrieden. Prost!«
    Zögernd hob sie ihr Glas und stieß mit ihm an. Ein Teller Austern erschien vor ihnen. Nevilles Finger wanderten suchend darüber wie eine hungrige Krabbe.
    »Ist das alles? Keine weitere Bemerkung deinerseits?«
    Er schüttelte den Kopf und griff nach einer Schale mit ihrem schleimigen Inhalt, die Lippen gespitzt. »Das ist vielleicht ein Zufall!« Er schluckte die Auster.
    »Nein, Neville. Zufällig war es kein Zufall. Sie hat mich gesucht und als Therapeutin genommen, obwohl sie wusste, dass ich ihre Mutter bin.«
    Neville schüttelte nur den Kopf, und sie schwieg einen Augenblick. Es war am besten, ihn erst seine Austern verzehren zu lassen. Mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, war nicht seine Stärke, besonders wenn er am Essen war. Zwei geschniegelte junge Männer im Anzug setzten sich neben sie. Sie ließen ihre Aktentaschen auf den Boden gleiten, legten ihre Handys auf die Theke und unterhielten sich laut. Nevilles Augenbrauen schoben sich gefährlich nahe zusammen. Gleich geht es los, dachte Madeleine und wartete auf eine vernichtende Bemerkung Nevilles.
    »Nimm die letzte«, forderte er sie auf, ihre Nachbarn ignorierend.
    »Ich mag sie nicht«, lehnte sie die Auster ab und trank einen großen Schluck Champagner. »Nun hör mir endlich mal zu, Neville.«
    »Gut, gut. Sprich.«
    »Hast du mitbekommen, dass ich nach Key West ziehe?«
    »Scheiße. Hast du das wirklich vor?« Nachdem sein Blutzuckerspiegel wieder stimmte, schien er sie endlich verstanden zu haben. »Das ist verdammt großartig, Madeleine! Erst lässt Elizabeth mich sitzen, und jetzt gehst du. Und ich hatte vor, nach Bath umzuziehen. Ich verkaufe Pont Street. Mein Makler meint, dass ich mir in Bath eine Wahnsinnsbude dafür leisten kann.« Er zog einen Schmollmund. »Ich habe gedacht, dass du dich um mich kümmerst, jetzt wo ich alt bin.«
    »Wir würden einander umbringen«, lachte Madeleine. »Aber es ist eine großartige Idee, dass du vorhast, nach Bath zu ziehen. Du kannst mein Haus übernehmen.«
    »Gütiger Gott! Was für ein entsetzlicher Gedanke.«
    »Ja, nun. Das Angebot steht. Haus gegen Haus.«
    »Und deine Mutter, Madeleine? Lässt du Rosaria auch im Stich?«
    Madeleine warf ihm einen scharfen Blick zu. Ihr lag die Bemerkung auf der Zunge, dass er sie selbst im Stich gelassen hatte. Da schrillte ein Handy auf der Theke los und einer der Geschäftsleute nahm es auf. Immer lauter brüllte er Anweisungen und Zahlen. Nevilles frische Gesichtsfarbe wurde noch röter.
    »Nein, natürlich lasse ich sie nicht im Stich, Neville. Ich war gestern Abend bei ihr und habe ihr gesagt, dass wir nach Key West zurückkehren. Ich suche ein Heim für sie. Mit ein bisschen Glück finde ich sogar etwas auf den Inseln, aber das kann einige Wochen dauern.« Sie machte eine Pause. »Unterdessen könntest du dich ein wenig um Mama kümmern. Sie besuchen. Ihr habt viele gemeinsame Erinnerungen. Es würde euch beiden guttun, wenn du sie aufsuchen würdest.«
    Vorsichtig hob Neville die Champagnerflasche aus dem Eiskübel. Ohne einen Tropfen zu verschütten, schenkte er sich ein Glas ein. Er leerte die Flasche so gut wie allein.
    »Mama hat anscheinend wieder das zweite Gesicht. Sie hat mir beispielsweise erzählt, dass du blind wirst, lange bevor Elizabeth es mir sagte.«
    Das war ein Thema, das den alten Egozentriker interessierte. »Ach ja? Ich werd verrückt! Was genau hat sie gesagt?«
    »Sie könne durch deine Augen nichts sehen.«
    »Verdammt! Tatsächlich?«
    »Ja. Sie hat es gewusst.«
    Eine Weile schwiegen sie. Neville schnippte noch einmal mit den Fingern, um eine zweite Flasche zu bestellen.
    »Und sie hat mir auch vor langem schon gesagt – im April –, dass es mit deiner Ehe vorbei sei.«
    Neville kicherte. »Ich wette, sie hat einer lebenden Fledermaus den Kopf abgebissen, um Elizabeth mit einem Fluch zu belegen. Es überrascht mich, dass sie es nicht schon früher getan hat.« Er wartete ungeduldig, dass sein Glas gefüllt wurde, und schüttete es dann hinunter. »Gut«, lenkte er schließlich ein, »ich schätze, es würde nicht schaden, die verrückte alte Hexe zu besuchen.«
    »So verrückt ist sie nicht, Neville. Sie kann dir noch immer

Weitere Kostenlose Bücher