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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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perfekter aussehen können: bleich, mit tief liegenden Augen, angsterfüllt und erschöpft. Sie fühlte sich genau so, wie ihre Rolle es verlangte, nämlich gefährlich nahe an einem Nervenzusammenbruch – wie damals in London, als Anton sie gezwungen hatte, sich fast zu Tode zu schuften, weil er unglaubliche Mengen Kokain nahm.
    Sie hatte Sascha am Morgen bei Madeleine abgeliefert, mit einigen Kleidern, Malbüchern, Stiften und CDs. Es war entsetzlich für sie gewesen, sich von ihm zu verabschieden, vor allem, da sie ein fröhliches Gesicht machen musste, als sie ihm sagte, dass er ein paar Tage bei seiner neuen Großmutter verbringen würde. Madeleine hatte die Situation sehr gut gemeistert – gelassen, ruhig und freundlich, nicht überschwänglich oder gar besorgt. Sie hatte Sascha bei der Hand genommen und ihm einen riesigen Kasten aus durchsichtigem Plastik gezeigt, der durch Röhren und Brücken mit kleineren Kästen verbunden war. Alles war mit Erde gefüllt, durch die Ameisen ihre Gänge bauten. Das unheimliche Gemälde mit der gefesselten Frau hatte sie zur Wand gedreht. Sascha war von den Ameisen so fasziniert gewesen, dass er es kaum mitbekam, als seine Mutter aufbrach. Tränen rollten über Rachels Wangen, und sie suchte nach einem Taschentuch. In diesem Augenblick hupte ein Wagen. Vermutlich das Taxi, dachte sie. Der Fahrer war Ende dreißig, fröhlich und gesprächig. Er konnte nicht begreifen, warum sie nicht mit dem Zug nach Reading gefahren war. Sie hätte ein Vermögen gespart, meinte er und ratterte sogar die Abfahrtszeiten der Züge herunter.
    Sie wollte ihn gerade mit einer Bemerkung zum Schweigen bringen, als ihr Handy klingelte. Nervös zuckte sie zusammen. Uri? Madeleine? Sascha war noch nie längere Zeit von ihr getrennt gewesen, und es konnte ja sein, dass er einen Wutanfall bekommen hatte. Madeleine war schließlich nicht an Kinder gewöhnt.
    Sie holte ihr Handy hervor und fragte: »Ja?«
    »Madeleine hier, bleib ganz ruhig. Ich wollte dir nur sagen, dass es Sascha gut geht. Er ist voll und ganz beschäftigt …« Sie senkte die Stimme. »Rachel, du bist sicher, dass du weißt, was du tust?«
    »Ja.«
    »Pass auf, pass gut auf dich auf! Ich denke an dich.«
    Rachel schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Ein langer Seufzer entrang sich ihren Lippen. »Ich melde mich, wenn alles vorbei ist«, sagte sie leise hinter vorgehaltener Hand.
    Madeleine schwieg, und Rachel wollte sich gerade verabschieden, als ihre Mutter weitersprach.
    »Rachel, wenn du auf seinem Hemd oder auf seiner Jacke zufällig ein paar Haare entdeckst, könntest du dann versuchen, sie für mich zu sammeln? Entferne sie … du weißt schon, so ganz nebenbei. Ich bin sicher, dass du das gut kannst. Oder wenn ei dich anfasst, kannst du ihm vielleicht ins Haar greifen. Solange du nur einige wenige erwischst. Steck sie in die Tasche.«
    »Was? … Wofür denn das?«
    »Ich bin nicht verrückt geworden, Rachel, aber frag lieber nicht, wofür ich sie haben will.«
    Haare! Dabei war ihr Vorhaben schon seltsam genug und obendrein gefährlich! Das Erlebnis im Moor hatte Madeleine vielleicht zu sehr zugesetzt. Immerhin hatte sie eine übergeschnappte Mutter. Und nun passte sie auf einen hilflosen kleinen Jungen auf.
    »Madeleine, ich muss schon …«
    Madeleine fiel ihr ins Wort. »Tu es nur, wenn es sich mühelos machen lässt. Pass auf, und geh kein Risiko ein.«
    Hier wohnte er jetzt also. Am Rande eines trostlosen Industriegebiets östlich von Reading, nur knapp 20 Kilometer von der M4 entfernt hielt er seine Sklavinnen, handelte mit ihnen und ließ sie für sich arbeiten. Es hatte einer ganzen Reihe Telefonate bedurft, um seine Adresse ausfindig zu machen, und gleich musste sie ein Vermögen für das Taxi hinblättern.
    Bevor sie ausstieg, bezahlte sie den Fahrer, dann befahl sie ihm zu warten.
    »Wie lange?«, wollte er mit einem unruhigen Blick auf die Straße und das Gebäude wissen.
    »Ich weiß es nicht genau. Es könnte eine halbe Stunde dauern.«
    »Ich weiß nicht so recht.« Er schüttelte den Kopf. »Das kostet … Wollen Sie zurück nach Bath?«
    »Habe ich Ihnen nicht gerade einen ganzen Packen Geld gegeben, Mann? Hier!« Sie nahm ihr silbernes Feuerzeug und schob es über den Sitz zu ihm. »Ich habe keine Ahnung gehabt, dass Sie so verdammt teuer sind. Wir müssen auf dem Rückweg an einem Geldautomaten halten, aber nehmen Sie jetzt erst einmal das Feuerzeug. Es ist das einzig Wertvolle, was ich

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