Erdbeermond: Roman (German Edition)
mich drauf und sagte: »Das war mit das Beste, was mir je widerfahren ist.«
Aber es war nicht nur guter Sex. Ich hatte das Gefühl, ihn zu kennen. Ich hatte das Gefühl, dass er mich liebte. Wir lagen eng aneinander geschmiegt und schliefen ein, sein Arm war um meine Taille geschlungen, meine Hand ruhte auf seiner Hüfte.
Ich wachte auf, weil neben mir eine Tasse klirrte. »Kaffee«, sagte er. »Zeit aufzustehen.«
Ich schüttelte den beseligenden Schlaf ab und richtete mich auf.
»Du bist schon angezogen«, sagte ich ganz überrascht.
»Ja.« Er blickte mir nicht in die Augen. Er saß am Bettende und zog sich die Socken an, er sah zu Boden, sein Rücken war mir zugewandt, und plötzlich war ich hellwach.
Das hier kannte ich schon, und ich kannte die Regeln: Stell keine Forderungen, bedränge ihn nicht, lass ihm das Gummiband. Nein, ich dachte gar nicht daran. Ich hatte Besseres verdient.
Ich nahm einen Schluck von dem Kaffee und sagte: »Du hast morgen Abend nicht vergessen, oder? Shake und der LuftgitarrenWettbewerb? Du kommst doch?«
Ohne mich anzusehen, murmelte er in seine Knie: »Ich bin am Wochenende nicht da.«
Ich vergaß zu atmen. Es fühlte sich an, als wäre ich geschlagen worden. Anscheinend hätte ich doch das mit dem Zehenberühren und Powackeln machen sollen.
»Ich muss nach Boston. Muss da was regeln.«
»Auch gut.«
»Auch gut?« Er drehte sich um. Er sah überrascht aus.
»Ja, Aidan, auch gut. Du schläfst mit mir, dann bist du plötzlich komisch, und dann bist du am Wochenende nicht da. Auch gut .«
Sein Gesicht verlor alle Farbe. »Anna, ja, also. Wahrscheinlich gibt es keine gute Zeit für so was.« Etwas Schlechtes kam auf mich zu. Das Ende von Aidan und Anna, wo ich gerade anfing, ihn richtig gern zu mögen. Mist.
»Was?«, sagte ich mit einiger Schärfe.
»Wie wäre es für dich, wenn wir, also, du und ich, wenn wir exklusiv zusammen wären?«
»Exklusiv ?«
Exklusiv war fast so wie verlobt.
»Ja, nur du und ich. Ich weiß nicht, ob du dich noch mit anderen Männern triffst …«
Ich zuckte die Achseln. Ich wusste es auch nicht. Und da war noch eine andere, eine viel wichtigere Frage: »Triffst du dich noch mit anderen Frauen?«
Pause. »Deswegen muss ich nach Boston.«
SECHZEHN
Auf dem Flug von Dublin nach New York zogen meine Verletzungen ein paar neugierige Blicke auf sich, verursachten aber längst nicht das Aufsehen wie auf der Reise nach Irland. Rachel, meine treue Beschützerin, verscheuchte und analysierte jeden, der mich zu lange anstarrte.
»Wieso faszinieren dich Verletzungen so sehr?«, fragte sie ärgerlich, als einer sich immer wieder in seinem Sitz umdrehte, um mich anzusehen. »Wovor hast du Angst?«
»Hör auf«, sagte ich zu ihr. »Er ist doch erst sieben.«
Nachdem wir gelandet waren und unser Gepäck in Empfang genommen hatten und draußen standen, geriet ich plötzlich in Panik, als wir in ein Taxi steigen sollten. Ich zitterte buchstäblich vor Angst, aber Rachel sagte: »Das hier ist New York, du wirst dauernd Taxis benutzen. Irgendwann musst du wieder aufs Pferd. Warum nicht jetzt, solange ich dabei bin, um dich zu beschützen.«
Ich hatte keine Wahl: Entweder ich stieg in ein Taxi, oder ich stieg in das nächste Flugzeug zurück nach Irland. Mit vor Angst wackligen Knien stieg ich ein.
Auf der Fahrt erzählte Rachel alles Mögliche, lauter unwichtiges Zeug, aber es lenkte ab. Berühmtheiten, die abgenommen hatten. Welche, die zugenommen hatten. Die ihren Friseur geschlagen hatten. Es beruhigte mich.
Dann kamen wir zu der Brücke nach Manhattan. Fast war ich überrascht, dass alles noch da war, dass alles seinen normalen Gang ging, dass es immer noch Manhattan war, ungeachtet dessen, was mir zugestoßen war.
Dann waren wir in unserem Viertel, dem so genannten Mid-Village. (Zwischen dem charmanten West Village und dem coolen East Village gelegen, wurde diese Gegend von Immobilienmaklern so genannt, weil sie hofften, ihr dadurch einen Reiz zu verleihen, den sie in Wirklichkeit nicht hatte. Doch angesichts der Mieten in Manhattan waren Aidan und ich unbeschreiblich dankbar, dass wir da wohnen konnten statt in einem der Hochhausviertel in der Bronx.)
Und dann standen wir vor unserem Haus, und es dort zu sehen, drehte mir den Magen um, sodass ich befürchtete, ich müsste mich übergeben.
Obwohl Rachel mein Gepäck trug, waren die drei Stockwerke mit meinem kranken Knie eine Herausforderung, doch in dem Moment, als ich den Schlüssel ins
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