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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Freddie & Frannie »arbeitete«, einer anderen Marke, die wir vertraten. Die beiden waren Beste Freundinnen, und beide Mädchen waren sehr nett, und wenn sie manchmal verletzend oder grausam waren, dann war das unbeabsichtigt. Anders als bei Lauryn.
    »Okay, alle miteinander«, rief Lauryn. »Wenn Anna mit ihren Gesprächen fertig ist, könnt ihr mir dann ein paar Minuten eurer Zeit für eine Candy-Grrrl-Besprechung widmen?« (In sarkastischem Ton.)

    Den ganzen Tag wurde ich gemustert – allerdings nie direkt. Wenn ich Mitarbeitern von anderen Produkten im Flur oder in der Toilette begegnete, sahen sie mich heimlich von der Seite an, und sobald ich gegangen war, redeten sie über mich, das war mir klar. Als wäre ich schuld. Oder ansteckend. Ich versuchte, die Situation zu entschärfen und viel zu lächeln, aber dann wandten sie entsetzt die Blicke ab.
    Zum Glück war es – wir waren schließlich in New York – den Leuten egal. Eine Weile lang hatte ich ihre Neugier erregt, aber dann verloren sie das Interesse.
    Später am Vormittag brachte Franklin mich in Ariellas Allerheiligstes, wo ich ihr dafür danken sollte, dass sie die Stelle für mich freigehalten hatte. Eine ganze Wand war voll gehängt mit Fotos von ihr zusammen mit berühmten Menschen.
    Sie trug ein kobaltblaues Kostüm – die Farbe war ihr Markenzeichen – und nahm meine Dankbarkeit mit einem langsamen Nicken, die Augen halb geschlossen, zur Kenntnis. Es gibt nichts, was verstörender wäre als Ariella in ihrer »Ich bin der Boss der Bosse«-Verfassung.
    »Vielleicht können Sie einmal was für mich tun.« Entweder hatte sie eine dauerhaft heisere Stimme, oder sie produzierte absichtlich ein Raunen im Don-Corleone-Stil. »Wenn ich Sie um einen Gefallen bitte, kann ich auf Sie zählen?«
    Ich arbeite sehr viel, wollte ich erwidern. Bevor dies alles geschah, hatte ich mehr Öffentlichkeit für meine Produkte als jede andere in der Firma, und ich werde alles daransetzen, dass das wieder so sein wird. Sie haben mir keinen Pfennig gezahlt, während ich weg war, und es ist ja nicht so, dass ich einfach abgehauen bin.
    »Selbstverständlich, Ariella.«
    »Und lassen Sie sich die Haare schneiden.«
    Sie nickte Franklin in seinem tadellosen Anzug zu – das Zeichen, mich hinauszubefördern.
    Auf dem Flur rieb Franklin sich mit dem manikürten Daumen über die Stirn zwischen den Augenbrauen, da wo seine Falten wären, wenn sie nicht alle sechs Wochen mit Botox verdrängt würden. »Meine Güte«, seufzte er. »Bin ich es, oder kam sie dir heute auch ein wenig … psychotisch vor?«
    »Nicht mehr als sonst. Aber ich kann das im Moment vielleicht nicht so gut beurteilen.«
    Er setzte seine mitleidsvolle Miene auf. »Ich weiß, Schnuckelherz. Wie geht es dir denn, Mädel?«
    »Okay.« Es hatte keinen Sinn, mehr zu sagen. Er interessierte sich nicht im Mindesten für die Probleme anderer. Aber da er daraus keinen Hehl machte, störte es mich nicht. »Und wie geht es dir? Was macht Henk?«
    »Er saugt mich aus und bricht mir das Herz. Dazu fällt mir ein Witz ein: Was ist der Unterschied zwischen mir und meinem Schwanz?«
    »Henk lutscht dich aus.«
    »Genau.«
    »Und, macht’s Spaß?«
    »Eh …« Er klopfte mir auf die Schulter und seine Miene verfinsterte sich. »Du kommst schon klar, Kleine.«
    Mir blieb gar nichts anderes übrig.
    Bloß weil Franklin umwerfend komisch war und ohne Hemmungen über sein Privatleben sprach, war er nicht gleich mein Freund. Er war mein Vorgesetzter. Er war sogar der Vorgesetzte meiner Vorgesetzten, denn Lauryn musste ihm Bericht erstatten.
    »Und du hast gehört, was Ariella gesagt hat: Lass dir die Haare schneiden. Geh zu Perry K.«
    Das hatte mir noch gefehlt: eine lachhaft pflegeintensive Frisur, wo doch keine meiner Hände voll einsatzfähig war. In der Mittagspause ging ich ins Nagelstudio, aber als ich meinen Verband abnahm und der Kosmetikerin meine Finger zeigte, wurde sie grün im Gesicht und sagte, die Nägel seien viel zu kurz, als dass man Acrylnägel daran befestigen könnte. Als ich Lauryn die schlechten Nachrichten überbrachte, tat sie so, als würde ich lügen.
    »Sie hat gesagt, ich soll in einem Monat wiederkommen«, protestierte ich schwach. »Dann lasse ich sie mir machen.«
    »Wenn das so ist. Eye, Eye, Captain. Bis zum Wochenende will ich deine Ideen für die Kampagne haben.«
    Wenn Lauryn von »meinen Ideen« sprach, meinte sie in Wirklichkeit, dass sie eine voll ausgearbeitete Werbekampagne vorgelegt

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