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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gegen Morna, und ich wütete gegen mich, weil ich so dumm war, und ich wütete gegen Aidan, weil er gestorben war und mich in diese Lage gebracht hatte. Als ich wieder auf der Straße war, hatte ich nicht die Ruhe, stehen zu bleiben und ein Taxi anzuhalten, sondern lief, von heißem, bösem Zorn angetrieben, mit großen Schritten, die anderen Passanten (die kleinen wenigstens) mit den Schultern aus dem Weg schiebend, ohne mich zu entschuldigen, was dem Ruf von New York ungemein schadete, bis zum Central Park.
    Ich muss wohl geweint haben, denn an der Kreuzung am Times Square zeigte ein kleines Mädchen auf mich und sagte: »Guck, Mom, die Frau ist verrückt.« Aber das kann auch an meinem Aufzug gelegen haben.
    Als ich in der Agentur ankam, hatte ich mich wieder gefangen. Ich sah klar, was passiert war: Ich hatte Pech gehabt. Ich war auf eine Betrügerin gestoßen, eine Frau, die die Verletzlichkeit anderer ausnutzte – und es auch noch sehr schlecht machte, denn ich war extrem verletzlich, und selbst ich hatte ihren Scheiß durchschaut.
    Irgendwo musste es jemanden geben, der wirklich seherische Fähigkeiten hatte und der mich mit dir in Kontakt bringen würde. Ich musste denjenigen nur finden.

FÜNF
    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Flammendes Eis

    Liebe Anna, ich hoffe, dein Wochenende war »gut«. Wenn du Rachel siehst, sag ihr doch, dass Flammendes Eis eine wunderbare Nachspeise ist. Die Kellner stecken Wunderkerzen rein und zünden sie an, dann drehen sie das Licht aus und tragen die Schale durch den Raum. Du weißt, dass ich nicht »nah am Wasser gebaut« bin, aber als wir das an unserem letzten Abend in Portugal serviert bekamen, sah es so schön aus, dass mir die Tränen kamen.
    Deine Dich liebende Mutter
    Mum

    Ich vermutete, dass Flammendes Eis mit der Hochzeit zu tun hatte. Rachels Hochzeitstermin war erst im März, und schon jetzt hackten sie und Mum aufeinander rum. Ich würde mich da auf keinen Fall einmischen – ein Disput über das Hochzeitsessen konnte sehr unschön werden.
    Trotzdem hätte ich es an dem Abend fast erwähnt, denn Rachel erschien unangemeldet bei mir zu Hause, was äußerst unpassend war, weil ich gerade anfangen wollte zu weinen.
    »Hallo«, sagte ich etwas misstrauisch. Ich hätte damit rechnen müssen: Ich hatte mich die ganze Woche nicht gemeldet.
    »Anna, ich mache mir Sorgen um dich, du musst aufhören, so viel zu arbeiten.«
    Diese Klage kannte ich von Rachel schon: Sie behauptete, ich würde die Arbeit als Entschuldigung benutzen, sie – oder auch die anderen – nicht zu sehen. Und sie hatte Recht: Es wurde schwieriger, nicht leichter, mit Menschen zusammen zu sein. Am schwierigsten war es, »normal« zu erscheinen. Das war sehr ermüdend.
    Und Jacqui, die Arme, gab sich die größte Mühe, mich aufzuheitern, und wartete jedes Mal, wenn wir uns trafen, mit einem Haufen lustiger Geschichten von ihrer Arbeit auf, und am Schluss war ich völlig erschöpft, weil ich immer gelächelt und gesagt hatte: »Gott, ist das lustig.«
    »Du arbeitest das ganze Wochenende?«, fragte Rachel. »Anna, das ist nicht gut für dich.«
    Was sollte ich sagen? Ich konnte ihr ja nicht die Wahrheit erzählen, dass ich nämlich fast den ganzen Samstag und Sonntag im Internet gesurft war und jemanden mit seherischen Fähigkeiten gesucht und Aidan um ein Zeichen gebeten hatte, wen ich nehmen sollte.
    »Es war ein Notfall.«
    »Du arbeitest in der Kosmetikbranche. Wie kann es da einen Notfall geben?«
    »Offenbar ist dir noch nie der Lippenstift ausgegangen.«
    »Ach so, ich verstehe, dein … also, pass auf! Ich wollte mit dir persönlich sprechen«, sagte sie, »weil ich am Telefon nicht durchkomme. Ich meine, in einem emotionalen Sinne nicht durchkomme, nicht was die Leitung angeht.«
    Als würde ich etwas anderes denken. »Ich weiß, ich weiß. Erzähl mir doch, Rachel, was planst du für deine Hochzeit?« Wenn sie mich nicht in Ruhe ließ, würde ich sagen: »Nur zwei Worte, Rachel – Flammendes Eis.«
    »Mann«, sagte sie. »Was ich plane. Frag mich nicht.« Verärgert rief sie: »Luke und ich wollten eine kleine Feier. Mit Menschen, die wir mögen. Die wir kennen . Mum will halb Irland einladen: Mehrere tausend Cousins und Cousinen zweiten Grades und alle, die sie mal auf dem Golfplatz gegrüßt hat.«
    »Vielleicht kommen sie ja nicht. Vielleicht ist es ihnen ja zu weit.«
    »Warum, denkst du wohl, heiraten wir in New York?« Sie lachte freudlos. »Aber

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