Erdbeermond: Roman (German Edition)
Zweitausend Dollar für dreißig Minuten.«
Ich war schockiert. Zweitausend Dollar waren eine Menge Geld. Meine Finanzen waren in einem beklagenswerten Zustand. Aidan hatte keine Lebensversicherung – ich ja auch nicht –, weil wir beide nicht die Absicht hatten zu sterben, und die Miete für unsere Wohnung war so extrem hoch, dass mein Gehalt, weil ich meinen und Aidans Teil bezahlen musste, fast ganz dafür draufging. Wir hatten Geld gespart, weil wir uns eine Wohnung kaufen wollten, aber das Geld war für mindestens noch ein Jahr auf irgendeinem Konto festgelegt, und ich hatte auf Pump gelebt und tapfer meine steigenden Schulden ignoriert. Dennoch war ich mehr als bereit, mich für diese Neris Hemmings weiter zu verschulden – es war mir gleichgültig, was es kostete.
Mitch starrte mit verwirrtem Blick in seinen Kalender. »Sie ist hier nicht. Ich hätte schwören können, dass ich sie hier hatte. Das passiert mir laufend, andauernd verliere ich Sachen …«
So ging es mir auch. Ich war so oft ganz sicher, dass ich etwas in meiner Handtasche hatte, und dann stellte ich fest, dass ich mich geirrt hatte. Wieder spürte ich eine besondere Verbindung mit Mitch.
»Ich finde die Nummer wieder«, sagte er. »Ich muss sie irgendwo zu Hause haben. Ich kann sie dir nächste Woche mitbringen.«
»Oder ich gebe dir meine Nummer. Und wenn du sie gefunden hast, rufst du mich an.«
»In Ordnung.« Er nahm meine Karte.
»Kann ich dich was fragen?«, sagte ich. »Warum kommst du noch hierher, nachdem du bei jemandem warst, der so gut ist?«
Er sah in die Ferne und dachte nach. »Nachdem ich durch Neris mit Trish gesprochen hatte, konnte ich mich von vielem lösen. Ich weiß auch nicht, ich komme gern her. Liesl ist auch gut, auf ihre Art. Sie landet nicht jede Woche einen Volltreffer, aber ihr Durchschnitt ist ziemlich gut. Und die Leute hier, die verstehen, wie es mir geht. Alle anderen in meinem Leben sind der Meinung, ich sollte darüber hinweg sein. Und wenn ich hierher komme, muss ich mich nicht verstellen.« Er steckte meine Karte in die Brieftasche. »Ich rufe dich an.«
»Das wäre nett«, sagte ich.
Denn ich würde nicht wieder herkommen.
ZWÖLF
Doch als ich wieder zu Hause war, überlegte ich, ob Liesl nicht doch einer Sache auf der Spur war. Die »Person« oder die »Stimme«, die sie gehört hatte, hatte tatsächlich ein bisschen wie Granny Maguire geklungen. Und dann die Sache mit dem Hund: Es war zwar etwas verworren rübergekommen, das mit meinem (leider nicht existierenden) Hund, der zunahm, aber es stimmte ja, dass Granny Maguire Windhunde gehalten hatte.
Es wurde gemunkelt, dass sie mit ihnen schlief. Mit ihnen schlief , wenn ich mich deutlich genug ausdrücke, aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir ein, dass es Helen war, die mir das erzählt hat, und es war nie von einem anderen bestätigt worden.
Immer wenn wir Granny Maguire besuchten, hetzte sie die Hunde auf mich, bevor wir richtig aus dem Auto gestiegen waren. Sie sagte: »Los, Gerry, los, Martin« (sie waren nach Gerry Adams und Martin McGuinness benannt), und dann kamen zwei magere Schatten aus dem Haus geschossen und drängten mich an die Wand, die Pfoten auf meinen Schultern, und bellten, dass mir das Trommelfell zu platzen drohte.
Granny Maguire krümmte sich dann vor Lachen. »Du darfst nicht zeigen, dass du Angst hast«, kreischte sie und lachte so laut, dass sie mit dem Stock auf den Boden klopfen musste. »Sie können die Angst riechen. Sie können die Angst riechen.«
Jeder sagte, dass Granny Maguire eine echte Persönlichkeit sei, aber wenn sie es mal erlebt hätten, wie Granny ihre Hunde auf sie hetzte, würden sie das nicht mehr so schnell sagen.
Und warum hatte Liesl einen kleinen blonden Neffen mit Kappe erwähnt? So einen hatte nicht jeder. Plötzlich stieg eine kleine Sorge um JJ in mir auf. Vielleicht wollte Liesl mich warnen? War irgendwas nicht in Ordnung mit JJ? Meine Besorgnis wuchs, und schließlich blieb mir nichts anderes übrig, als anzurufen und mich zu erkundigen, obwohl es in Irland ein Uhr nachts war.
Garv war am Telefon.
Ich flüsterte: »Habe ich dich geweckt?«
»Ja«, flüsterte er zurück.
»Es tut mir Leid, Garv, aber könntest du mir einen Gefallen tun? Könntest du bitte nachsehen, ob mit JJ alles in Ordnung ist?«
»Wie in Ordnung?«
»Ob er lebt. Und atmet.«
»Ist gut. Warte.«
Auch wenn Aidan nicht gestorben wäre, hätte Garv mir den Gefallen getan. Das war seine nette
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