Erde
Seine Finger spürten einen warmen Luftzug.
»He, hilf mir einmal!« bat er und stemmte eine Schulter gegen das Holz. Aber der andere Rekrut schnippte nur mit zwei Fingern, als er wegging und brummte: »Amerikanski bieder Chunt…«
Roland gewann festen Halt für seine Füße und spannte sich an. Der schwere Kasten ruckte ein bißchen, ehe er wieder zur Ruhe kam.
Das kann nicht stimmen. Der Bursche, dem dieser Ort gehörte, würde nicht schwitzen wollen.
Er würde nie schwitzen. Roland tastete an der geschnitzten Basis entlang bis hin zur Rückseite, wo er fand, was er suchte – eine Klinke mit Sprungfeder. »Aha!« sagte er. Mit einem Klicken glitt der ganze Kasten nach vorn und stieß gegen einen der großen aufgestapelten Zähne. Roland erspähte unten eine steile Treppe mit einer Spur von Licht am Boden.
Er mußte sich durch die enge Öffnung zwängen. Der Tabakgeruch wurde stärker, als er ruhig und vorsichtig hinabstieg. Gebückt unter einer niedrigen steinernen Oberschwelle betrat er eine Kammer, die aus gewachsenem Fels gehauen war. Er richtete sich auf und zog die Lippen mit einem lautlosen Pfiff zusammen.
Während dies Versteck den Flair eleganter Dekadenz des ersten vermissen ließ, verbarg es nicht den persönlichen Schatz des Teufels… Regale, hoch gefüllt mit Krügen und kleinen prallen Plastiksäcken. »Ei, verflucht!« sagte er und befingerte einen der Säcke. Sandiges weißes Pulver staubte unter einem Etikett mit goldenen Ziffern, das mit Einhörnern und Drachen verziert war, obwohl Roland wußte, daß der eigentliche Spender ein armes, trauriges und wahrscheinlich durch UV-Licht erblindetes Rhinozeros im südlichen Afrika gewesen sein mußte oder ein anderes ebenso reizloses Tier.
»Der tolle Jackpot!« sagte er zu sich. Es war entschieden dringend, das zu melden. Aber als er sich wieder nach oben zur Treppe umwandte, hielt ihn plötzlich eine Stimme an.
»Keine Bewegung, Soldatenkumpel! Hände hoch oder ich erschieße dich!«
Roland drehte sich langsam und sah, was ihm beim ersten flüchtigen Prüfen des Raumes entgangen war. Ungefähr in Taillenhöhe, nahe einem glimmenden Aschenbecher in der Ecke der linken Wand, war ein Teil der Regale zur Seite geschwenkt und zeigte einen engen Tunnel. Aus dessen Öffnung richtete ein Mann mittleren Alters mit chinesischen Gesichtszügen eine Maschinenpistole auf ihn.
»Du bezweifelst, daß ich dich von hier aus treffen kann?« fragte der Mann gleichmütig. »Ist es das, warum du nicht die Hände auf meinen Befehl hochnimmst? Ich versichere dir, ich bin ein erfahrener Schütze. Ich habe Löwen und Tiger auf kurze Distanz getötet. Bezweifelst du das?«
»Nein, ich glaube dir.«
»Dann gehorche! Sonst werde ich schießen.«
Roland war sich sicher, daß es dem Burschen ernst war. Aber es schien an der Zeit zu sein für eine jener unkonventionellen Wellen von Sturheit, wegen der seine Freunde ihn zu hänseln pflegten und die ihm daheim oft so viel Unannehmlichkeiten bereitet hatte.
»Wenn du schießt, wird man dich oben hören.«
Der Mann im Tunnel dachte darüber nach. »Vielleicht. Andererseits, wenn du mich angreifen oder fliehen oder um Hilfe rufen würdest, wäre die Bedrohung unmittelbar, und ich müßte dich sofort töten.«
Roland zuckte die Achseln. »Ich werde nicht abhauen.«
»Gut! Also ein Unentschieden. All right, Soldat. Du kannst deine Hände unten lassen, da ich sehe, daß du unbewaffnet bist. Tritt aber an jene Wand zurück, sonst werde ich dich für gefährlich halten und entsprechend handeln!«
Roland tat, wie gesagt, und wartete auf eine Gelegenheit. Aber der Mann kroch aus dem Tunnel und stand auf, ohne mit dem Arm zu schwanken. »Mein Name ist Chang«, sagte er und wischte sich die Stirn mit einem seidenen Taschentuch.
»So habe ich es gehört. Sie sind ein sehr beschäftigter Bursche gewesen, Mr. Chang.«
Braune Augen zwinkerten fröhlich. »Allerdings, Soldatenjunge. Was ich alles getan und gesehen habe, könntest du dir nicht vorstellen. Selbst in diesen Tagen von Schnüfflern und Wichtigtuern habe ich Geheimnisse bewahrt. Geheimnisse tiefer, als selbst die helvetischen Gnomen hatten.«
Ohne Zweifel sollte dies Roland imponieren. Das tat es auch. Aber er wäre verdammt, wenn er dem Bastard irgendeine Genugtuung zukommen ließe. »Also was machen wir jetzt?«
Chang schien ihn zu inspizieren. »Jetzt werde ich dich üblicherweise bestechen. Du mußt wissen, daß ich dir Reichtum und Macht bieten kann. Dieser Tunnel
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