Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin

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Wochen, Tagen, Minuten manifestieren… Die Rakete steigt immer noch weiter und erreicht die Entweichgeschwindigkeit.
    Seufzend wischte Stan die groben Skizzen weg. Wir sind in unserer engen Ansicht der Zeit gefangen. Ein Menschenleben erscheint so lang. Man sollte es mit dem geduldigen Aussehen eines Gletschers versuchen.
    Seine Augen erhoben sich zu dem weißen Eiskontinent, der nur wenige Kilometer entfernt war und sich von Horizont zu Horizont erstreckte. Eiszeiten sind aus geologischer Sicht schnelle Ereignisse. Und dennoch haben wir uns blitzartig in gerade dreihundert Generationen vom Höhlenmenschen zu Weltzerstörern entwickelt. In dem einen Augenblick sind es barfüßige neolithische Jäger, die über einem gefrorenen Karibukadaver streiten. Im Handumdrehen sprechen deren Kinder über Energiegewinnung aus Pulsaren.
    Stan setzte sich auf den bequemen Felsblock, der über Hunderte von Meilen hierhergeschleppt worden war, um dann von dem sich zurückziehenden Gletscher fallengelassen zu werden. Das war ein guter Platz, um zu beobachten, wie die frühe Abenddämmerung des Spätherbstes die filigranen Draperien des Nordlichts ankündigte. Er liebte es, wie die Farben über dem Gletscher spielten und seine groben Furchen im Rhythmus des Zischens überladener Ionen in der Höhe schwankten. Es fing an kühl zu werden, selbst in seinem Thermalmantel. Aber es war doch wert, einige Zeit genossen zu werden.
    Stan hörte ein leises Poltern und sah einen Stein über den Sand rollen, der nahe seinem Fuß zur Ruhe kam. Nicht weit entfernt zitterten zwei weitere Felsblöcke.
    Nun, ich schätze, wir sind wieder dran.
    Aber es war mehr als ein typisches Beben. Er nahm ein tiefes Dröhnen wahr, das die Luft zu erfüllen schien… am stärksten offenbar in Richtung auf das Eis. Er wollte aufstehen, entschloß sich aber anders, als ein jähes Vibrieren es schwierig machte, auf die Füße zu kommen. Ob es im Boden lag oder in seinen Beinen – Stan entschied sich, ruhig zu bleiben.
    Was kann mir schließlich hier draußen im Freien passieren?
    Das nächste Phänomen waren funkelnde Glühwürmchen, die im Innern seiner Augen tanzten.
    Das muß so etwas sein, wie wenn man in der Nähe eines Strahls ist, wenn er austritt, dachte er leicht verwirrt. Eine Harmonische des sechsten Grades sollte es bei ungefähr zwanzig Kilowatt schaffen – in Kupplung mit der salzigen Flüssigkeit in meinem Körper. Falls die Frequenzdispersion nicht allzu…
    Aber dann erinnerte sich Stan und zwinkerte. Kein Strahl hatte laut Plan heraustreten sollen so nahe…
    Er beendete den Gedanken nicht. Denn in diesem Augenblick fing der Gletscher direkt vor ihm an zu glühen – und diesmal nicht durch eine Beleuchtung von außen. Tief im Innern des riesigen Eisflusses flackerte ein grelles Licht. Gestalten und unscharfe Umrisse verkrümmten etwas, das eine Reihe von Säulen zu sein schien, die sich tief in der gefrorenen Masse befand.
    Es pulsierten Lanzen aus Helligkeit…
    Dann explodierte der Osten in Licht.

    ¤ Vor vierzig Jahren waren alle im Taumel wegen des Jahrtausends. Besonders viele Christen, die dachten, das Ende der Tage würde mit dem zweitausendsten Jahrestag von Christi Geburt zusammenfallen. Ich war jemand, der damals 1999 schlimme Vorzeichen sah. Auch ich dachte, die Zeit sei gekommen.
    Im Rückblick erkenne ich, wie töricht ich war. Ich hatte gedacht, die Krisen jener Tage seien furchtbar, aber sie waren nicht schrecklich genug, um das Ende anzukündigen. Außerdem hatten wir das falsche Geburtsdatum erwischt!
    Und warum soll eigentlich die ZEIT ein Jahrtausend nach Seiner Geburt kommen? Damals waren die Ereignisse von Gethsemane bis zur Kreuzigung wichtig. Also müßte es der Jahrestag dieser Ereignisse sein! Siehe meine Berechnungen [¤ ref. aeRIe 5225790.23455 aBIE], die ohne jeden Zweifel zeigen, daß es genau dieses Jahr sein muß!
    Kein Wunder, wenn wir überall Zeichen sehen! Die Zeit ist gekommen. Sie ist jetzt!

• EXOSPHÄRE •

    Teresa starrte auf das Display und sah eine lebendige Wiedergabe von Ereignissen, die sich halbwegs rund um die Welt abspielten. Leuchtende Ziffern gaben an, wieviel Masse den Planeten plötzlich verlassen hatte. Sie mußte schlucken, ehe sie sprechen konnte.
    »W-wie hast du das gemacht?«
    Alex blickte von seinen Kontrollen auf. »Wie spielt ein Musiker?« Er ließ seine Fingergelenke knacken. »Übung, Übung.«
    Teresa wußte es besser. Alex grinste, aber er hatte ein Zittern unter dem