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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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dahin.
    Diese Art Boden war natürlich ideal. Nicht besonders gefährlich – er und Claire trugen sowieso Piepser, und Helicopter des Forstdienstes waren keine dreißig Minuten entfernt. Aber es reichte, um aufregend zu sein. Logan sprang von einem wackligen Felsblock zum andern. Das fügte eine zusätzliche Würze an Adrenalin zu der Fröhlichkeit, daß man sich einfach hier draußen im Freien befand, fern der überfüllten Städte oder deren grunzender Bulldozer, ohne sich im geringsten darum kümmern zu müssen, wohin man seinen nächsten Schritt tun würde.
    Schließlich landete er sicheren Fußes und in gehobener Stimmung auf einer neuen leichten Stelle – weniger vertikal als horizontal. Wieder pausierte er, um zu Atem zu kommen.
    Er und Claire hatten auf dem Weg hierher natürlich viele andere Wanderer gesehen. Man brauchte Reservierungen Jahre im voraus für eine Genehmigung zum Zelten. Ironischerweise waren sie beide gerade jetzt in diesem besonderen Gebiet völlig allein. Während Touristen sich auf den leichten Naturpfaden drängten und Liebhaber schwere Aufstiege suchten, war ein dazwischenliegendes Gelände wie dieses oft tagelang hintereinander ohne Besucher.
    Wenn Logan blinzelte, um die Sicht etwas zu verwischen, konnte er Anzeichen dafür, daß unlängst Menschen vorbeigekommen waren, fast ganz unkenntlich machen… solche erodierten Stellen, wo Fußspuren den Stein auf eine Weise abgetragen hatten, zu der Wind oder Wasser nie imstande waren, oder Papierfetzen, die zu klein waren, um Geldstrafen für Müllverschmutzung auszulösen. Es war so ruhig – kein Dröhnen von Flugzeugmotoren im Moment, keine Stimmen –, daß man sich sogar einbilden könnte, einen Boden zu betreten, den noch niemand je erforscht hatte.
    Es war eine angenehme Phantasievorstellung.
    Logan hielt Ausschau nach seiner Tochter. Seine Brille paßte sich der wechselnden Helligkeit an. Wohin ist sie jetzt geraten?
    Ein Kichern setzte ihn in Bewegung. »Ich bin direkt über dir, du Dummkopf!«
    Ganz sicher, da war sie. Keine fünf Meter bergauf, an einen Hang von fünfzig Grad gespreizt. Sie mußte mindestens zehn Minuten still und reglos auf der Lauer gelegen haben, während er sich genähert hatte.
    Er murmelte: »Ich hätte nie erlauben sollen, daß Kala M’Lenko dich Anschleichen gelehrt hat.«
    Sie warf das Haar zurück, das von der Sonne rot getönt war. Auch ihre Haut war kupferfarben in bewußtem Protest gegen die blaßgesichtige Mode des Tages. Wo ein normaler Teenager den letzten Schrei an Sonnenhüten getragen hätte, prahlte sie mit einem ledernen Stirnband und Streifen weißer Fettcreme.
    »Du hast aber gesagt, daß ein Mädchen heutzutage sich auf Überlebenstechnik verstehen sollte.«
    »Na, die hast du massenhaft. Vielleicht zu viel«, antwortete Logan in Pidgin-Simglish. Aber er grinste. »Mal sehen, was du gefunden hast.«
    In Wirklichkeit freute ihn ihr Verhalten. Als sie ihn einen Pfad hinaufführte, der für Fußspuren zu schmal war, erinnerte er sich an eine Zeit vor einigen Jahren, da er sie herausgefordert hatte, in Kansas ›einen Stein zu finden‹.
    Sie hatten damals, vor der Scheidung, seine Eltern besucht, aber lange nachdem die Große Dürre die Farmer in der Prärie gezwungen hatte, von ihrem geliebten Mais zu Hirse und Amarant überzugehen. Claire liebte die Gegend, obwohl die Landwirtschaftskooperative, von der sie ein Teil war, kaum an die Mama- und Papa-Farmen erinnerte, die in Geschichtsbüchern noch lebendig waren. Mindestens war es realer als das pompöse Gut, wo Daisy aufgewachsen war, und das Claire nicht besuchen mochte, weil ihre aristokratischen Vettern sie oft in die Rolle einer amüsanten tölpelhaften Verwandtschaft versetzten, die zu dumm war, auch nur zu wissen, daß sie arm war.
    »Wenn du einen Stein finden kannst, werde ich dir zehn Dollar geben«, hatte er seiner Tochter an jenem Tage gesagt. Er hielt das für eine einfache Weise, sie während der trägen Zeit bis zum Abendessen in Stimmung zu halten. Und während diese Verlockung nur ein Taschengeld betrug, flitzte sie doch in die abgeernteten Felder und suchte zwischen den Stoppeln, während er sich in einer Hängematte aalte und seine Zeitschriftenlektüre nachholte.
    Claire brauchte nicht lange, um zu begreifen, daß gepflügte Felder kein guter Ort waren, um Steine zu finden. Also begab sie sich zu den Rainen, wo vom Wind gebrochene Bäume in einem knochentrockenen Schirokko schwankten. Diesen ganzen faulen Nachmittag lief

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