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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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sie immer wieder zu ihrem Vater zurück, um ihm allerhand Schätze zu zeigen… Flaschendeckel etwa und Maschinenteile. Oder alte Zugringe von Aluminiumlimonadeflaschen, die nach siebzig Jahren immer noch blank waren. Und alle Arten anderen Abfalls aus zweieinhalb Jahrhunderten unablässiger Zivilisation. Sie hatten ihren Spaß daran, über diese Trophäen herumzurätseln; und Logan wäre schon damit recht glücklich gewesen. Aber typischerweise vergaß Claire nie die ursprüngliche Herausforderung.
    Sie brachte ihm harte Klumpen, die sich unter einem Vergrößerungsglas nur als hart gewordener Schmutz erwiesen. Sie erbeutete Agglomerate von Ton und Stücke zerbrochenen Zements. Jede Probe wurde zu einer Offenbarung, einem Blick in die Vergangenheit. Jedesmal lief sie wieder fort, nur um wenige Minuten später atemlos zurückzukommen mit der nächsten Probe, die zerlegt werden mußte.
    Endlich, als Logans Mutter sie zum Essen hineinrief, eröffnete er Claire die Wahrheit. Er hatte gesagt: »In Kansas gibt es keine Steine. Oder zumindest nicht in diesem Teil des Staates. Selbst nach allen schrecklichen Erosionen gibt es schwerlich noch eine Stelle, wo man Urgestein finden kann. Das ist alles eine große Ebene, die im Laufe von Jahrtausenden aufgebaut wurde aus Staub und winzigen Bröckchen, die von den Rockies herabgeweht wurden.
    Es gibt einfach keine vernünftige Möglichkeit, meine Liebe, daß ein Stein hierherkommen könnte.«
    Einen Moment lang hatte er überlegt, ob er die Vollmacht eines Vaters übertrieben hätte, indem er das Kind so gefoppt hatte. Aber seine Tochter sah ihn bloß an und erklärte dann: »Nun, auf jeden Fall hat es Spaß gemacht. Ich nehme an, daß ich eine Menge gelernt habe.«
    Damals wunderte sich Logan, wie leicht sie die Niederlage aufgenommen hatte. Erst drei Tage später, als sie sich zur Heimreise rüsteten, sagte sie zu ihm: »Halt deine Hand her!« und legte ein schweres, längliches und verkrustetes Ding mit geschwärztem, versengtem Aussehen hinein. Logan erinnerte sich, daß er überrascht geschaut hatte, als er den Stein in der Hand wog. Er holte seine Lupe und borgte sich dann von seinem Vater einen Hammer, um eine Ecke abzuschlagen.
    Kein Zweifel. Claire hatte einen Meteoriten gefunden.
    »Es gibt also doch einen Weg für einen Stein, hierherzugelangen, nicht wahr?« hatte sie gesagt. Logan holte schweigend Münzen hervor und zahlte sie aus.
    Jetzt, an diesem Hang in Wyoming, klopfte eine viel größere Claire auf die schräge Klippe, wo man einen jähen Wechsel der Farbe sehen konnte, von Chalzedon bis zu einer Art Sahnekaramelle. Sie deutete auf schwache Konturen und nannte fossile Lebewesen, deren Skelette in Stein eingebettet wurden, als dies vor vielen Millionen von Jahrhunderten der Boden eines großen Meeres gewesen war. Logans Erinnerung reichte vergleichsweise wenig, nur acht Jahre zurück. Aber acht Jahre hatten dieses frühreife Mädchen verändert.
    Er dachte: Sie wird es nicht schwer haben, einen Mann zu erwählen. Aber sie wird alle verschmähen bis auf die wenigen, die es mit ihr aufnehmen können.
    »…Und keine solchen erscheinen oberhalb dieser Linie. Sie sind alle genau hier ausgestorben.« Sie zog die Linie noch einmal nach. »Dies muß die Grenze zwischen Perm und Trias sein.«
    Er nickte. »Ganz deutlich. Soll ich von dir ein Bild damit machen?«
    Claire protestierte. »Aber wir müssen davon etwas abkratzen. Ich will nach Hause mitnehmen…«
    »Abkratzen an zweiter Stelle. Foto zuerst. Mach Papa eine Freude!«
    Claire stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus. Aber sie dachte: Schließlich ist es Sache eines Vaters, die Dinge ins Licht zu setzen. Schwer zu beeindrucken.
    Er berührte die Schalter an den Rändern seiner Brille und sagte: »Jetzt lächeln!«
    »In Ordnung! Aber warte einen Moment!«
    Sie nahm aus ihrer rückseitigen Tasche eine flache Elektrobürste, legte den Schalter um und fing an, ihre zerzausten Locken zu striegeln. Dann nahm sie ihre Brille ab und ignorierte die starke Sonne, um in die Kamera zu lächeln.
    Logan grinste. In vielfacher Hinsicht war Claire immer noch gerade sechzehn.
     
    Es war ein guter Tag gewesen. Aber als er ins Lager zurückkehrte, staubig und mit dem Grus des Alters zwischen den Zähnen, erwartete Logan ein ruhiges Abendessen und Entspannung in seinem Schlafsack. Er ließ seinen Pack, der die vollen fünf Kilos an Gesteinsmustern enthielt, welche Claires Sammellizenz erlaubte, erleichtert neben dem

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