Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
Betten an die Decke geklebt hatten. Ich durfte das nicht. Meiner Mutter war es zu kitschig.
Berggrollen und Frettchengesicht geben keinen Ton von sich.
»Ich will Ihre Namen notieren, damit mein Bericht korrekt ausfällt.«
Nichts. Kein Ton. Die Namen des Vorsitzenden der Geschäftsleitung und des Betriebsleiters des Freilichtmuseums haben Wirkung gezeigt. Sie sind mich aus meinen Synapsen angesprungen, samt einer guten Portion absoluter Gewissheit. Ich überlege trotzdem, woher ich sie weiß. Ein Faltblatt des Museums? Oder hat Iris sie erwähnt, als sie vom Ballenberg schwärmte? Immerhin kennen diese Idioten augenscheinlich die Namen ihrer Chefs, wenn schon nicht den ihres Kollegen aus dem Stall.
»Äh, also Sie haben da … Sie haben etwas miss … missverstanden. So war das alles nicht gemeint«, jammert das Berggrollen, das schon keines mehr ist.
»Scherz«, nuschelt das Frettchengesicht und schlägt nahezu sittsam die Augen nieder.
»Wir wollten Ihnen eigentlich nur eine Decke anbieten.«
»Oder einen Kaffee.«
»Namen!«
»Kurt Wyss«, sagt das Kieselrieseln.
»Urs Roth«, flüstert das ameisengroße Frettchen. »Was ist mit dem Malzeug, wenn Sie Veterinärin sind?« Frettchen zischelt wieder etwas mutiger.
»Auch Fachleute haben Hobbys!« Damit drehe ich mich um und gehe die letzten zwanzig Meter zum Ausgang. Ich blicke nicht zurück und benutze den Ast als Spazierstock. Meine Handknöchel leuchten schon so weiß wie die Gesichter der Wachleute. Ich hasse Lügen. Wieso reicht denn nicht einfach die Wahrheit?
»Uf Widerluaga!«, höre ich das ehemalige Berggrollen noch leise rieselnd sagen. Ich glaube nicht, dass er es ernst meint.
Ich stehe im Bad meines Hotelzimmers und wasche in der Wanne meine Kleidung. In Ballenberg habe ich mir vor meinem Mietwagen die Sachen vom Leib gerissen und mich in meine lange Strickjacke eingewickelt. Sie hätte als Minikleid durchgehen können, aber es hat mich niemand mehr gesehen. Ich bin durchgefahren, bis ich in der Tiefgarage des Hotels ankam.
Der Geruch geht schneller aus den Sachen, als ich dachte. Nur das Auswringen ist ein Kraftakt. Ich sende meiner Oma einen stillen Gruß. Sie hat oft und gern davon erzählt, wie sie einst ihre Miele-Wäscheschleuder bekam. Als Erste von all ihren Freundinnen. Jetzt verstehe ich ihre Freude darüber besser. Die runde Maschine, die von oben befüllt wurde, steht so klar vor mir, dass ich sie jetzt am liebsten benutzen würde. Aber ich schaffe es auch so. Wer Zicklein aus der Fruchthülle holen kann, ist auch in der Lage, per Hand seine Wäsche zu waschen.
Die Hose kommt auf die Heizung. Sie braucht mehr Wärme, um zu trocknen. Pulli und Unterwäsche hängen auf Bügeln im Bad.
Mein Bett lockt. Weiße Wäsche auf fülligen Federn. Aber egal, wie müde ich bin, ich muss unbedingt noch Susanne schreiben. Draußen hupt jemand.
Liebe Susanne,
was für ein schönes neues Heim für Irmtraut! Mensch, da war dieser Udo aber richtig spendabel.
Dir ist schon klar, dass Dich niemand zwingt, bei dieser Bürgerinitiative mitzumachen, oder?! Lies doch lieber ein gutes Buch oder mach etwas, was Du schon immer machen wolltest. Einen Ausflug. Irgendwas, das Dir Freude bereitet. Du hast alle Erlaubnis der Welt, Dich aus jeglichem Irrsinn rauszuhalten!
Steck Deine Energie lieber in die Erfüllung eines Traums.
Ich habe heute was total Irres gemacht. Ich war ja in dem Freilichtmuseum in Ballenberg (wunderschön!!!). Da gab es eine schwangere Ziege. Und ich war dabei, als sie ihre Babys bekam. Ich habe sogar die Fruchtblase aufgerissen, die Nabelschnur durchtrennt und den Kitzen Namen gegeben! Ganz alleine! Das war ein unglaubliches Erlebnis, und ich bin noch immer ganz benommen! Davon muss ich Dir unbedingt mal live erzählen.
Ich bin total erschöpft und muss jetzt unbedingt ins Bett.
Fühl Dich ganz herzlich von mir umarmt,
Deine
Caterina
Meine Augen brennen, als ich die Mail absende. Von dem unangenehmen letzten Teil meines Tages erzähle ich ihr lieber nichts. Sie soll sich keine unnötigen Sorgen um mich machen.
Ich schalte mein Handy wieder an. Alejandro hat angerufen. Es war sein Anruf, den der Parkwächter weggedrückt hat. Aber es ist zu spät, um zurückzurufen. Ich werde es morgen versuchen. Und am Nachmittag fliege ich nach Tunesien!
> Caterina
< Hartmut
Der Pfropf
19. 03. 2011
55° 57′ 12.32″ N, 21° 04′ 21.91″ E
Khaled und ich fahren nach Litauen. Er will den Weg nach Dikson entlang der Küste
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