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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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ich schon, dass sich das Spülwasser ohne Luftabschluss zu stark verändert. Jetzt fülle ich es direkt in die Flaschen ab. So bleibt es authentisch.«
    Der Kellner bringt unser Essen. Meine Muscheln in Curry-Koriandersauce duften herrlich. Ich stelle mir das Spülwasser nach dem Essen vor und verdränge den Gedanken schnell wieder.
    »Udo, ich verstehe ja deine Beweggründe. Es ist auch lobenswert, dass du dein Hobby, nun ja, weitgehend verschlossen hältst. Aber mal davon abgesehen, dass das alles andere als sexy ist, gefährdest du damit klammheimlich die berufliche Existenz meiner Mutter. An dieser Erkenntnis führt einfach kein Weg vorbei.«
    Udo stiert seine Blätterteigpasteten mit Fischragout an, als ob darin die Lösung für dieses Dilemma geschrieben stünde.
    »Das Sammeln des Profanen ist ja gar nicht mal so ungewöhnlich«, sagt Udo leise. »Viele Leute sammeln leere Getränkedosen auf Regalen, leere Streichholzschachteln in Vitrinen oder Butterfolien in Alben. Die können so was auch mal zeigen und sich über ihre Gedanken unterhalten.« Er sieht hoch.
    Ich merke, dass das ein wunder Punkt für ihn ist.
    »Es ist schwer, sich wieder zu lösen«, sagt er.
    Ich verberge, wie schwer ich schlucken muss, und sage, in meinen Muscheln stochernd: »Ja, es ist immer schwer, sich von etwas zu lösen.«

    Etwas schlapp sitze ich am Rechner. Gestern ist es später geworden. Zwei Flaschen Weißwein haben Udo und mich zu weiteren Gesprächen überredet. Sie versprachen, keine Kopfschmerzen zu verursachen, und hielten ihr Versprechen. Ein wenig müde bin ich aber doch.
    Ich will nur kurz nachsehen, ob Caterina geantwortet hat. Sie hat Ziegen zur Welt gebracht. In der Schweiz. Wie kommt Caterina dazu, in der Schweiz Ziegen gebären zu lassen? Ihre Mail zwickt mich in die Magengegend und führt meine Hand zu meinem Lisa-Diamanten.
    Es ist eine rührende Geschichte, und das schreibe ich ihr auch. Sie kann ja nichts dafür.
    Liebe Caterina,
    ich freue mich sehr für Dich, dass Du den Zicklein helfen konntest, das Licht der Welt zu erblicken. Ich war erst wegen Lisa etwas traurig. Du verstehst schon.
    Udo hat mich zum Essen eingeladen. Als Gegenleistung für Irmtrauts Aquarium. Er ist netter, als ich dachte. Trotzdem braucht er, glaube ich, Hilfe. Er sammelt Spülwasser nach Jahrgängen in Flaschen. Ich sollte ihn mal Hartmut vorstellen.
    Ich sende Dir einen YouTube-Link zu dem Beitrag bei RTL Aktuell von gestern, falls Du es nicht gesehen haben solltest. Die haben das Interview mit Rick und den Leuten vom Stammtisch mit der vollen Kaskade der Beschwerden gesendet. Das musst Du gesehen haben.
    Ich zucke hoch. Augenblicklich strömt Adrenalin statt Blut durch meine Adern. Etwas war an meinem Fenster. Da, schon wieder. Es knallt dumpf gegen die Scheibe, und ich verfalle wieder in meine Schockstarre. Meine Angstdressur. Dann sehe ich, wie etwas Durchsichtiges das Glas hinunterläuft. Ich traue mich wieder zu atmen. Es sind nur Wasserbomben.
    Aber … Wieso schmeißt jemand Wasserbomben gegen mein Fenster? Was ist das überhaupt für ein Krach? Ich mache meine Gute-Laune-CD von AC/DC aus und merke, wie enorm der Lärm ist. Es klingt wie ein Schwarm aus Hunderten von Gänsen. Ich gehe seitlich auf das Fenster zu. Wenn die Geschosse fester als kleine Ballons mit Wasser werden, will ich nicht in der Schussrichtung stehen. Die Angst kehrt langsam zurück. Nicht als Flut, wie eben. Nun steigt sie wie ein fieser leichter Nebel aus den Teppichporen. Als ich zwischen dem Vorhang und der Wand durchschaue, sehe ich einen Demonstrationszug bis hinter die Mollwitzstraße. Überall Menschen. Sie gehen in Richtung Scheibenstraße.
    Ich ducke mich und gehe unterhalb des Fensters auf die andere Seite. Von hier aus kann ich bis kurz vor die Kurve mit der kleinen Annakapelle blicken. Auch in dieser Richtung ist alles voller Menschen. Eine gigantische Demonstration! Die Leute gehen in Richtung Mollwitzstraße.
    Moment … Die streben aufeinander zu! Ich lasse alle Vorsicht fahren und schaue mit klopfendem Herzen direkt aus dem Fenster. Die Leute treffen sich genau vor unserm Haus! Auch in der Schmiedegasse stehen die Massen. Jemand macht eine Anlage an und spielt laut »Get up, stand up« von Bob Marley.
    Die Menschenmasse wippt.
    »Stand up for your right!«
    Da stehen echt viele Menschen für ihr Recht.
    Der Reggae beruhigt mich etwas, aber ich bekomme trotzdem wieder Atemnot. Hartmut und die Jungs haben sich Demos früher von oben

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