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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Dämmerblau wie vier Uhr morgens. Heimfahrt nach einer Party direkt hinein in den Kater. Das Dämmerblau-Feld kündigt eine Beziehung von Wochen an, vielleicht von Monaten, aber mehr nicht. Es endet an den Grenzen all der anderen Möglichkeiten, die keiner der beiden Partner im Leben verpassen will. Das Mehrjahres-Feld ist gelbgrün wie ein sonniges Rapsfeld. Die Liebenden, die sich in ihm finden, glauben manchmal sogar daran, dass es ewig währen wird, aber selbst Raps geht irgendwann ein. Nur ganz selten strahlt ein Mensch ein Zukunftsfeld aus, das bis ins Endlose reicht. Man trifft sich, und in dem Augenblick verschmelzen zwei Felder zu einer unauflösbaren gemeinsamen Zeit, auch wenn die Beteiligten es selbst noch gar nicht glauben. So ging es mir bei Susanne. Bei keiner anderen. Das Endlosfeld ist auch blau, aber nicht dämmerkatergroßstadtblau, sondern türkisgrünblau, wie das Meer, das immer in Bewegung bleibt und gleichzeitig still ruht. Es gibt nur einmal im Leben einen Menschen, der mit dem eigenen Feld zur grenzenlosen Zukunft verschmilzt. Man bemerkt es daran, dass man erst, wenn man diesen Menschen getroffen hat, solche Metaphern überhaupt erfindet und nicht mal mehr für kitschig hält. Sie sind auf einmal treffend, und selbst der Professor bleibt still. Aber wenn diese Zukunft zerrissen wird, diese eine , die sein soll , dann gibt es nur noch … Einsamkeit.
    »Deutscher Mann!«
    Die Stimme von Jennifer Rush reißt mich aus meinen Gedanken. Sie hat mich aufgespürt. Neben ihr sitzt die Schwarzhaarige in einem Kleinwagen mit offenen Fenstern. Auf der Rückbank zwei weitere Frauen, die sie als Treiberinnen in der Jagd mitgebracht hat.
    Stalker sind nicht lustig. Sie werfen Zwangszukunftsfelder aus wie Fangnetze. Ich renne los, trotz der Blasen an meinen Füßen und des Rucksacks, der eine gefühlte Tonne wiegt. Die Straße hinab, links in einen schmalen Weg hinein. Ich bin flinker als der knatternde Kleinwagen. Ein Haus in der Straße hat eine weißgestrichene Wand, bunte Stiefmütterchen in Blumenkästen aus Holz und ein großes Schild neben der Tür, auf dem ein Name steht. Es mag nur der Name der Familie sein, die hier lebt, aber vielleicht ist es auch eine Pension. Eine Ferienwohnung. Auf dem Hof schnattern Gänse. Die Katze sieht so gepflegt aus, als würde sie jeden Tag gebürstet. Und die Tür steht offen! Ich stürze hinein. Im Flur steht ein kleiner Sekretär aus Kirschholz. Auf einem weißen Deckchen mit Spitze liegt ein Block. Daneben ein Kugelschreiber. Der Block ist liniert und hat wie ein Briefkopf den Namen aufgedruckt, der draußen an der Tür steht.
    »Ze pożal się Boże!«, sagt eine Frau, die aus der Küche tritt und eine Schürze trägt. Sie klingt erschrocken. Zugleich sieht sie aus wie eine Pensionswirtin. Sie erinnert mich an Johanna aus Hohenlohe. Ich hebe die Arme, um sie zu beruhigen. Draußen knattert der Motor des Kleinwagens auf der Hauptstraße.
    Ich lege die Handflächen auf meine Brust und spreche ganz langsam: »Ich – brau – che – ein – Zim – mer.« Ich nehme die Hände wieder von der Brust, falte sie flehend und lasse meine Augenbrauen flattern wie zitternde, quergedrehte Semikolonzeichen.
    »Zimmer? Sie deutsch?«
    »Ja, ja!«, nicke ich, da Deutschsein hier ja absurderweise populär zu sein scheint. »Ähm. Arno Schmidt? Sie kennen? Arno Schmidt? Zettel?«
    »Schmidt«, sagt sie, als wäre das ganz einleuchtend. Trotzdem beäugt sie mich weiterhin, als stünde ein riesiger Elch in ihrem Flur. Der Kleinwagen hält auf der Hauptstraße an, und Frauenfüße landen auf dem Boden. Ich muss mich verstecken. Der Flur ist nicht sicher genug. Durch die offene Tür können sie ihr Fangnetz werfen. Ich zeige nach draußen, zum Lärm, dann wieder auf mich. Ich verberge mein Gesicht hinter meinen Unterarmen, um der Pensionswirtin zu signalisieren, dass ich mich verstecken muss. Falls sie eine Pensionswirtin ist. Sie gibt mir kein Zeichen. Steht nur da, in ihrer Schürze, wie ein Blatt, dass ich selbst beschreiben muss, in Wünschendorf. Ich greife in meine Tasche, öffne mein Portemonnaie und lege einen Zweihundert-Euro-Schein auf den Block, der den Sekretär schmückt. Jetzt strahlt die Frau. Sie macht einen Schritt vor, steckt das Geld in die Schürze und gibt mir den Kuli, als würde sie jeden Tag nichts anderes tun.
    »Schmidt! Zettel!«, sagt sie und zeigt auf das Papier.
    Ich setze den Stift an und schreibe »Arno Schmidt« auf das Blatt, darunter die

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